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Provokateur Henryk M. Broder gewinnt gegen YouTube: "Achse des Guten" zurück


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Provokateur Broder gewinnt nach Lösch-Posse gegen YouTube


Aktualisiert am 11.01.2022Lesedauer: 4 Min.
Henryk M. Broder: Der Publizist ist einer der Köpfe des Blogs "Achse des Guten". Das Portal ist erfolgreich gegen die YouTube.Sperrung vorgegangen.Vergrößern des Bildes
Henryk M. Broder: Der Publizist ist einer der Köpfe des Blogs "Achse des Guten". Das Portal ist erfolgreich gegen die YouTube-Sperrung vorgegangen. (Quelle: Metodi Popow/imago-images-bilder)
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YouTube muss den Videokanal des

Die Richter am Landgericht Karlsruhe mussten offenbar nicht lange prüfen am 5. Januar. Zwei Stunden nach dem Antrag hatte Anwalt Joachim Steinhöfel Nachricht, dass YouTube verliert und er die gewünschte Entscheidung bekommt: YouTube muss den gelöschten Kanal des Blogs "Achse des Guten" wiederherstellen. Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe liegt t-online vor. Löschungen von YouTube-Kanälen sind immer wieder umstritten.

Begründet werden sie dann mit schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen die Community-Richtlinien. Darunter fällt etwa Mobbing oder Hass. In der Corona-Krise geht es aber oft um "medizinische Fehlinformation". So war es auch beim Kanal des "Achse des Guten", "AchGut Pogo".

Drei Verwarnungen bedeuten Rauswurf

YouTubes Regeln sehen vor: Wer nach einer ersten Warnung dreimal innerhalb von 90 Tagen gegen die Richtlinien verstößt, verliert den Kanal. Und dem Internetportal werden pausenlos Videos wegen echter oder vermeintlicher Verstöße gemeldet.

Verwarnungen erfolgen mit unterschiedlich langen Sperren zum Hochladen neuer Clips. Beim dritten Mal ist dann Schluss. So geschah es im Fall des "AchGut"-Kanals, was vor allem in rechten und neurechten Kreisen für Aufregung sorgte. AfD-Politikerin Joana Cotar, digitalpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, sprach von einem "schwerwiegenden Zensurvorfall".

Bei der Löschung hat YouTube offenbar entweder einen groben Fehler begangen oder die Betreiber ins offene Messer laufen lassen. Anlass der Kanallöschung war letztlich ein Video, das YouTube ein paar Tage zuvor geprüft und für unbedenklich erklärt hatte. Wenig später wurde dasselbe Video als Grund für die Sperrung angegeben. Wie kam es dazu? Ein Sprecher des Unternehmens kann das nicht erklären: "Zu laufenden Verfahren äußern wir uns nicht", sagte er t-online.

Video nach sieben Monaten wieder da

Das Video, eine Folge mit dem Titel "Das Staatsvirus" aus einem Podcast, war im Frühjahr 14 Tage abrufbar und seit dem 27. Mai 2021 verschwunden. YouTube hatte es gesperrt.

Am 16. Dezember passierte dann aber etwas Überraschendes, wie Steinhöfel schildert. YouTube schaltete das Video wieder frei, "aus heiterem Himmel". In der Nachricht von YouTube heißt es, die Beschwerde sei geprüft worden. Das Video stelle keinen Verstoß dar. Die Mail leitete Steinhöfel an t-online weiter.

Für die Kanalbetreiber hätte das nach sieben Monaten eine unverhoffte Bestätigung sein können. Sie hatten laut Steinhöfel nichts mehr unternommen, nachdem Youtube im Mai die damalige Beschwerde postwendend abgelehnt hatte. Doch dann wurde das gleiche Video am 22. Dezember beanstandet und führte wegen der dritten Verwarnung zur Sperrung.

Als YouTube dicht machte, liefen gegen eine andere Entscheidung der Plattform rechtliche Schritte: Die "Achse des Guten" ging gegen die zweite Verwarnung vor, die sie am 2. Dezember vermeldet hat. Überschrift damals: "Bei nächster Verwarnung wird der Kanal entfernt." So kam es schließlich.

Keine Anhörung vor Löschung

Steinhöfel sieht in YouTubes Vorgehen grundsätzlich auch eine Missachtung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der BGH hatte im Fall von Facebook entschieden, dass Nutzer vor dem Löschen angehört werden müssen. YouTube löscht offenbar aber weiterhin und teilt dann mit, man könne Einspruch einlegen.

Steinhöfel spricht von "vorsätzlichen Rechtsbrüchen" und "einer Geringschätzung unseres Rechtsstaates, die empfindlicher Sanktionen bedarf". Er hat schon einmal 100.000 Euro Ordnungsgeld gegen YouTube erwirkt, weil das Netzwerk ein Video trotz Gerichtsbeschlusses nicht zeitnah wieder veröffentlichte.

So viel löscht YouTube
Laut YouTubes Transparenzbericht wurden in den ersten neun Monaten 2021 weltweit gut 11 Millionen Kanäle gekündigt. Der Großteil entfällt auf Kanäle mit Spam und pornografischem Material, die oft automatisiert entdeckt werden. 22,1 Millionen Videos wurden gelöscht, davon 1,1 Millionen aufgrund von 53 Millionen Nutzermeldungen wegen Verstößen gegen die Community-Richtlinien. Nach Beschwerden wurde weniger als ein Prozent der gelöschten Clips wiederhergestellt, das waren gut 200.000. In Deutschland wurden in den ersten neun Monaten 2021 fast 270.000 Videos entfernt. Deutschland ist dabei nicht unter den zehn Ländern mit den meisten Löschungen.

Den YouTube-Kanal "AchGut" gibt es seit April 2017, meistgeschautes Video ist eine Abrechnung von Broder mit dem damaligen Außenminister Heiko Maas: "Maas ist der Gau". Das zugehörige Blog "Achse des Guten" existiert bereits seit 2004. Es bezeichnet sich als "Zusammenschluss unabhängiger Autoren. Laut der Seite similiarweb.com hatte das Blog im vergangenen Dezember 5,72 Millionen Besucher. Im Jahr 2020 hatte es eine maßgebliche Rolle beim vermeintlichen Corona-Leak eines Beamten aus dem Innenministerium gespielt. Einer der Gründer und Herausgeber stieg bereits 2015 aus und begründete das mit der dort herrschenden unerträglichen Islamophobie. Autoren zögen "massenweise Leser aus dem AfD-Pegida-Umfeld" an.

Gericht: Geschäftsmodell von Blog ist Hetze

Das Oberlandesgericht Dresden erklärte im Mai 2020 die Aussage für zulässig, dass das Geschäftsmodell von neurechten Plattformen wie der von Broder auf Hetze und Falschbehauptungen beruhe.

Broder hatte gegen eine entsprechende Bemerkung der damaligen Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth geklagt. Das Gericht entschied, die Äußerung sei nicht nur durch Meinungsfreiheit gedeckt, sondern besitze auch einen "wahren Tatsachenkern".

Für das YouTube-Vorgehen findet der als Provokateur bekannte Broder erwartungsgemäß deutliche Worte und wählt mal wieder einen Vergleich mit der NS-Zeit: Was YouTube mache, sei das, was der Staat früher gemacht habe. Der Unterschied sei, dass diesmal beim "Zensieren (...) ein paar überforderte Korrektoren am Werke sind und nicht die Mitarbeiter einer Reichspresse- oder Kulturkammer".

Zu Zeiten der Reichspressekammer wurde Journalisten ein Berufsverbot erteilt, wenn sie die rassenideologischen Voraussetzungen nicht erfüllten und nicht als "politisch zuverlässig" galten. 1933 führte der Abdruck einer Hitler-Karikatur bereits zur Besetzung einer Zeitungsredaktion durch die SA und zur Umwandlung in eine Parteizeitung.

Kanal noch nicht zurück

Dagegen kommt im Jahr 2022 nach einer Sperrung wegen mehrerer – strittiger – Verstöße innerhalb von zwei Stunden das Signal eines deutschen Gerichts, dass es so nicht geht. Weltweit werden weniger Videos entfernt als vor der Pandemie.

Der Kanal von Broders Achse ist damit allerdings noch nicht wieder bei YouTube zu finden: Steinhöfel zufolge kann das noch vier bis sechs Wochen dauern: "Die einstweilige Verfügung muss jetzt in Irland zugestellt werden. Bis dahin setzt sich der gerichtlich untersagte Rechtsbruch fort."

Der Gesetzgeber müsse die Monopolisten per Gesetz zur Angabe einer Zustelladresse in Deutschland zwingen.

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