"Digitales Denkmal" Hanau erinnert mit Webseite an rassistischen Anschlag
Die Stadt Hanau will mit einer Internetseite und Gottesdiensten an die Mordopfer des rassistischen Anschlags vor einem Jahr erinnern. Noch nennt die Online-Präsenz aber nicht einmal die Namen der Ermordeten, sondern nur eine Reihe von Terminen.
Zum Gedenken an die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags mit neun Toten vor einem Jahr hat die Stadt Hanau eine Internetseite als "digitales Denkmal" ins Leben gerufen. Die Seite mit der Adresse www.hanau-steht-zusammen.de gehe in der Nacht zu diesem Freitag (19. Februar) online und umfasse Nachrufe, Videos, Interviews mit Angehörigen der Opfer sowie ein Kondolenzbuch, das auf bewegende Weise zeige, dass die Tat Menschen auf der ganzen Welt erschüttert habe, teilte die Stadt am Mittwoch mit.
Am Mittwochnachmittag umfasste die Webseite lediglich eine Reihe von Ankündigungen verschiedener Lokalinitiativen sowie Pressemitteilungen. Außerdem gibt es ein Kondolenzbuch und einen Videorückblick auf die Trauerfeier vom vergangenen März.
"Es ist unser unverrückbarer Anspruch, die Opfer des 19. Februar 2020 niemals zu vergessen", erklärte der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). "Das digitale Denkmal ist ein nachhaltiges, lebendiges Ausrufezeichen und gleichzeitig ein Aufruf, eine solche Tat nie wieder geschehen zu lassen."
Mit der Seite wolle man informieren und einen digitalen Ort schaffen, der immer offen sei und an den sich jeder jederzeit begeben könne, wenn er trauern möchte, Fragen habe oder Hilfe suche. Zugleich lade sie die Besucher ein, sich für Vielfalt und Toleranz zu engagieren.
"Rassismus vergiftet Gesellschaften"
Am 19. Februar vergangenen Jahres hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen erschossen, bevor er mutmaßlich seine Mutter und schließlich sich selbst tötete. Sein jüngstes Opfer war 21 Jahre alt. Hier die vollständige Liste der Ermordeten:
- Gökhan Gültekin, 37
- Sedat Gürbüz, 30
- Said Nesar Hashemi, 21
- Mercedes Kierpacz, 35
- Hamza Kurtović, 22
- Vili Viorel Păun, 23
- Fatih Saraçoğlu, 34
- Ferhat Unvar, 22
- Kaloyan Velkov, 33
- Gabriele Rathjen, 72
Am Jahrestag ist auch eine Gedenkveranstaltung geplant, an der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sowie Kaminsky teilnehmen werden.
Der Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, betonte die gemeinsame gesellschaftliche Herausforderung, Ausgrenzung und Menschenverachtung entgegenzutreten. Es sei noch immer "schockierend, mit welch abgrundtiefer Menschenverachtung die Tat verbunden war", erklärte Jug.
Hanau habe zudem gezeigt, dass rassistisch motivierter Terror in der Mitte der Gesellschaft wachse. "Rassismus vergiftet Gesellschaften. In Hanau und überall auf der Welt." Am Freitag werde die Hanauer Marienkirche von 12.00 bis 20.00 Uhr für Friedensgebete öffnen. Zu jeder vollen Stunde solle es mit dem Glockengeläut ein Gebetsangebot geben.
- Nachrichtenagentur dpa