Wegen Corona Deutscher Supermarkt scannt Kunden mit Wärmebildkamera
Um das Risiko von Corona-Ansteckungen zu vermindern, scannt ein Supermarkt im Saarland seine Kunden per Wärmebildkamera. Datenschützer sind alarmiert, doch der Anbieter versichert: alles erlaubt.
Wer in Saarbrücken mit Fieber versucht, den Edeka-Markt "Lonsdorfer" zu betreten, wird sehr wahrscheinlich im Eingangsbereich angesprochen und darf das Geschäft möglicherweise nicht betreten. Denn über eine Wärmebildkamera kann ein Mitarbeiter erkennen, ob der Kunde eine erhöhte Körpertemperatur hat.
Eingerichtet wurde das System vom Saarbrücker Sicherheitsunternehmen Matec. Es soll Unternehmen während der Corona-Krise dabei helfen, Ansteckungen mit Covid-19 zu vermeiden. Geschäftsführer Mahmut Taşkiran ist von den Vorteilen dieser Maßnahme überzeugt, wie er zu t-online.de am Telefon sagt: "Wir haben hier ein System gefunden, das die Kunden weder stört noch sie unnötig gefährdet", so Taşkiran. "Die Kamera misst auf eine Entfernung von drei bis fünf Metern die Temperatur – weniger aufdringlich geht es eigentlich nicht."
Thermokamera scannt auf Entfernung von drei bis fünf Metern
Tatsächlich geht der Supermarkt sehr gründlich beim Einlass vor: Kunden dürfen nur einzeln eintreten und werden von einem Mitarbeiter gebeten, ihre Hände zu desinfizieren. Auch der Haltegriff des Einkaufswagens wird vom Mitarbeiter mit Desinfektionsmittel eingesprüht. Währenddessen wird der Kunde von einer Thermokamera erfasst. Ist die gemessene Temperatur erhöht, erhält der zuständige Mitarbeiter einen Hinweis auf seinem Tablet, erklärt Taşkiran.
Mittlerweile ist das System seit knapp drei Wochen im Betrieb und soll gut bei Kunden ankommen: "Wir haben in den ersten fünf Tagen am Laden gestanden und geschaut, wie die Menschen das System aufnehmen", sagt Taşkiran. "In 99 Prozent der Fälle war die Reaktion positiv!"
In einem Medienbericht der luxemburgischen Zeitung "L'essentiel" wird eine Kundin zitiert, die sich überrumpelt gefühlt habe und berichtet, dass sie und ihr Freund beim Betreten des Geschäfts nicht auf den Einsatz der Wärmekamera hingewiesen worden seien. Das sei nicht zutreffend, erwidert Taşkiran auf Nachfrage: "Sowohl am Eingang als auch an der Kamera selbst sind große Hinweisschilder angebracht, die über den Einsatz des Systems informieren."
Laut Unternehmen ist das System datenschutzkonform
Zudem sei der Einsatz der Wärmekamera komplett mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) konform. Das habe man von einem eigens dafür beauftragten Anwalt prüfen lassen. "Die Kamera speichert keine Daten, sie ist nicht mit dem Internet verbunden", sagt Taşkiran. "Da ist nur ein Kabel zu einem Bildschirm, auf dem ein Mitarbeiter sehen kann, wie hoch die Temperatur der Person ist, die gerade vor der Kamera steht."
Das sieht Marco Schömer, Mitarbeiter der saarländischen Landesbeauftragten für Datenschutz, anders: "Das ist Unsinn", zitiert ihn "L'essentiel". So gehe es gerade darum, eine erkrankte Person zu identifizieren. "Nach bisheriger Bewertung" könne er sich kein Szenario vorstellen, das einen datenschutzkonformen Betrieb der Anlage durch einen Einzelhändler erlauben würde, so Schömer gegenüber "L'essentiel" weiter. Er sehe die Gefahr einer Stigmatisierung.
Taşkiran sieht diese Einschätzung gelassen: "Diese Aussagen wurden ohne echte Kenntnis unseres Systems gemacht. Wir haben jedenfalls noch keinen Kontakt mit der Datenschutzbehörde gehabt", sagt der Unternehmer. Auch eine Stigmatisierung von Kunden mit Fieber sei nicht gegeben: "Wenn unser System anschlägt, dann gibt es ein leises, dezentes Signal auf dem Tablet des zuständigen Mitarbeiters. Der nimmt den betreffenden Kunden dann unauffällig beiseite und fragt 'Alles in Ordnung?'".
Den zusätzlichen Schutz durch das Wärmebildkamerasystem wüssten nicht nur die Kunden zu schätzen, sagt Taşkiran: "Wir haben unser System schon bei einigen Unternehmen und Krankenhäusern im Einsatz. Die Nachfrage ist sehr groß."
- L'essentiel: "Supermarkt screent alle Kunden auf Fieber – illegal?"
- Eigene Recherche