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Zum journalistischen Leitbild von t-online.YouTuber Mirella und Flo "In der heutigen Zeit kann man nicht mehr unpolitisch sein"
Was die Jugend bewegt, ist spätestens seit "Fridays for Future" und den Anti-CDU-Videos von Rezo ein Thema. t-online.de sprach mit den YouTubern Mirella und Flo über Politik, Privates und ihren neuen Podcast.
Mirella Precek (25) ist in dem zweiten Anti-CDU Rezo-Video "Ein Statement von 90+ YouTubern" dabei. Sie startete mit dem Kanal "Mirellativegal" ihre Karriere als YouTuberin. Sie erreicht mit 530.000 Followern die größte Reichweite unter den veganen Influencern in Deutschland, hat sich in der letzten Zeit aber mehr auf sozial relevante Themen, wie mentale Gesundheit, Body Positivity, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung konzentriert. Sie hat mehrerer Webvideo-Preise gewonnen. Ihr kürzlich erschienenes Selbsthilfebuch “Kann man mal machen” schaffte es in die Top 5 der "Spiegel"-Bestsellerliste.
Florian Gregorzyk (25) von "FloVloggt" produziert seit über sieben Jahren Webvideos für YouTube und spricht auf seinem Kanal über Themen wie Gesellschaft, Politik und Philosophie. Flo gilt inzwischen eher als Journalist denn als Influencer und arbeitet in dieser Funktion für den WDR und für "funk".
Die Beiden starten am Montag (27. Mai) ihren Podcast "Muss das sein?" bei Spotify. Das Thema der ersten Sendung ist “Quarter-Life-Crisis”. Jeden Montag kommt eine neue Folge dazu, jeweils zwischen 45 und 60 Minuten lang.
t-online.de: Was sind die Probleme, die Ihr in Eurem Podcast ansprecht? Geht es da nur um Persönliches oder auch um Politik?
Flo: Alles, womit sich unsere Generation auseinandersetzt. Weil wir uns damit auseinandersetzen. Muss ich politisch sein? Wir haben eine Folge zu der Frage in Planung. Wir haben das Gefühl: In der heutigen Zeit kann man nicht mehr unpolitisch sein! Alles ist politisch geworden! Auch Themen wie Nachhaltigkeit, was durch die Bewegung "Fridays for Future" ein großes Thema geworden ist. Aber auch Umweltbewusstsein ist ein politisches Thema.
Mirella: Im persönlichen Bereich sprechen wir zum Beispiel über "Socialising": Muss ich unbedingt 100 beste Freunde haben oder nur einen oder ist es okay, gar keine Freunde zu haben? Muss ich Dating-Apps haben? Muss ich ständig feiern gehen? Alles Themen, die Leute in unserem Alter beschäftigen.
Wie groß schätzt ihr Euren Einfluss auf junge Menschen bei politischen Themen ein?
Mirella: Wir wollen keine Meinung vorgeben. Keine Vorbilder sein, die sagen: "So macht ihr es perfekt" und “Rennt uns alle hinterher!" Wir wollen dazu auffordern, selbst über Themen nachzudenken. Einen Gedankenanstoß geben, um Freunde und Familie auf ein Thema anzusprechen. Wir machen keinen Meinungspodcast, Flo recherchiert sehr viele Fakten und objektive Infos zu unseren Themen. Wir wollen, dass Leute sich ihre eigene Meinung bilden.
Flo: Zu vielen Themen haben wir verschiedene Ansichten. Wir diskutieren in einem großen Teil des Podcasts. Wir wollen informieren, aber keinen Wissenspodcast machen. Es ist eher ein informiertes Einordnen. Kein rein journalistisches Format, aber ein Ansatz, der für unsere Generation passt: Wir machen deutlich, welchen persönlichen Bezug und welche Erfahrungen wir mit einem Thema haben. Unsere Meinung spielt dabei immer eine Rolle.
Was macht den Reiz an Podcasts aus? Ihr kommt ja beide aus der YouTube-Szene …
Mirella: Wir haben mehr Zeit, uns auf die Themen einzulassen. Instagram ist sehr schnelllebig, man klickt sich schnell durch. Bei Podcasts lässt sich der Leser auf ein Thema ein und hat Zeit, sich mit einem Thema zu beschäftigen. Wir wollen das Gefühl vermitteln, dass die Leute bei uns am Tisch sitzen und unserer Diskussion lauschen.
Flo: Wir wollen keinen neuen Laberpodcast machen! Wir haben verschiedene Rubriken, die wir immer wieder austauschen, je nachdem, was die Community sagt. Ein Radioersatz ist das eigentlich nicht.
Mirella: Es ist ähnlich aufgebaut, wir haben eine Playlist, bei der wir am Ende jeder Folge Musik dazupacken, die man dann hören kann.
Flo: Es ist ein Experiment. Etwas von dem ist dabei, was wir bei YouTube kennen, das Authentische, das Einfach-drauflos-reden. Und das Geplante, was man eher aus Radiosendungen kennt. Jungen Leuten wird oft vorgeworfen, dass sie sich nicht für klassische Nachrichten, sondern nur für ihr persönliches Umfeld interessieren. Wie seht ihr das?
Mirella: Schaut man sich die Generation Z an, die jünger ist als wir: Die haben "Fridays for Future" auf die Beine gestellt. Vor kurzem hätte ich noch gesagt: Die jungen Leute wachsen mit dem Smartphone auf, die bekommen gar nichts mit, was wichtig ist. Aber im Gegensatz dazu gehen die jetzt auf die Straße und demonstrieren. In meiner Jugend wurde für nichts demonstriert! Das finde ich, ist eine spannende Entwicklung. Ich habe das Gefühl, es geht aktuell immer mehr in diese Richtung. Auch zu den Europawahlen. Auf Instagram komme ich nicht mehr um dieses Thema drumrum und das finde ich gut.
Flo: Wir schließen grundsätzlich kein Thema aus. Wir bringen beide Leute mit, die sich für die Welt um sich herum interessieren – egal, ob politisch oder sozial. Eine Folge wird sich um das Thema “Alt werden” drehen. Das hat erstmal nicht so viel mit jungen Leuten zu tun. Aber wir wachsen in einer Generation auf, die sich sehr viele Gedanken macht. Egal, ob die 15 sind oder wie wir 25, die sich um sehr viele Dinge einen Kopf machen, weil sie für so viele Dinge Verantwortung übernehmen müssen, dass alles wichtig erscheinen kann.
Klimaschutz ist ein gutes Beispiel. Die jüngere Generation wird ausbaden müssen, was die ältere angerichtet hat. Auch deshalb gibt es die Proteste. Welche Themen treiben 25-Jährige noch um?
Flo: Zum Beispiel Zwischenmenschliches. Viele in dem Alter unterscheiden nicht mehr zwischen Arbeitskollegen und Freunden. Das Berufsleben nimmt immer mehr Raum im Privaten ein. Das Thema behandeln wir auch. Oder wie es sich anfühlt, erwachsen zu werden.
Mirella: Dazu gehört auch, Verantwortung übernehmen für sich selbst. Stichwort: Selfcare. Oder: Mindfulness. Davon hat Flo gar keine Ahnung. Da können wir viel voneinander lernen. Das Thema finde ich sehr spannend, damit setze ich mich sehr viel auseinander. Dazu gehören auch Meditation und Yoga. ich mache viel über Nachhaltigkeit und solche Themen. Das mache ich auf YouTube und Instagram auch noch weiter. Aber ich freue ich mich darauf, mehr Zeit zu haben, über wichtige Themen zu reden. Da haben Leute oft nicht mehr als 20 Minuten Zeit. Und ich finde es spannend, etwas mit jemandem zu machen, der nachfragt.
Flo: Der Podcast ist auch daraus entstanden, dass wir befreundet sind. Die Gespräche drehen sich um Politik oder Meditation oder Dating-Apps. Das sind Dinge, die man mit Freunden bespricht. Das mit Spotify im Hintergrund und Recherche und coolen Rubriken. Aber der Ursprung sind Gespräche unter Freunden.
Mirella: Wir kennen uns jetzt seit fünf Jahren, haben uns bei YouTube kennengelernt. Da hat man sich getroffen, um einfach ein Video zusammen zu drehen. Das war Hobby und Spaß. Und man kannte sich vorher überhaupt nicht. Und seitdem sind wir immer in Kontakt geblieben und gute Freunde geworden. Der größte Teil der YouTube-Szene kennt sich …
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Flo: Auch bei YouTube gibt es verschiedene Generationen. In unserer sind bekannte Namen wie Simon Unge, Felix von der Laden, die Lochis. Die jüngeren kenne ich selber nicht. Als wir damit angefangen haben, war noch nicht klar, dass man damit reich und berühmt werden kann. Klingt blöd, aber man hatte einfach Lust, etwas zu machen. Ich setze mich jetzt in mein Jugendzimmer und drehe einfach mal was. Etwas weniger kalkuliert, als es heute ist. Es war eine schöne Zeit, aber man wird ja auch erwachsener ... (lacht).
Hinweis: Das Interview wurde kurz vor der Europawahl am Telefon geführt.
- Eigene Recherche