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Urheberrechtsreform: "Das Internet muss nie mehr für CDU/CSU stimmen"


Stimmen zur Urheberrechtsreform
"Das Internet muss nie mehr für CDU/CSU stimmen"

Von dpa, afp
Aktualisiert am 26.03.2019Lesedauer: 4 Min.
Abstimmung im EU-Parlament zur Urheberrechtsreform: Aktivisten wie Edward Snowden kritisieren den Ausgang der Abstimmung.Vergrößern des Bildes
Abstimmung im EU-Parlament zur Urheberrechtsreform: Aktivisten wie Edward Snowden kritisieren den Ausgang der Abstimmung. (Quelle: Vincent Kessler/Reuters-bilder)

Nach der Entscheidung zur Urheberrechtsreform werden erste Stimmen von Politikern und Aktivisten gegen das Vorhaben laut. Darunter auch Edward Snowden – und der stellt sich gegen die konservativen Parteien.

Verschiedene Politiker und Aktivisten haben die Entscheidung des EU-Parlaments in Sachen Urheberrechtsreform scharf kritisiert. Darunter Whistleblower Edward Snowden: Der 35-Jährige twitterte auf Deutsch: "Vergiss nie, was sie hier gemacht haben." Dabei richtete er sich besonders gegen die Unionsfraktion im Straßburger Parlament: "Da die @CDU_CSU_EP gestimmt hat für nie mehr Internetfreiheit, muss das Internet für nie mehr @CDU_CSU_EP stimmen. #nieMehrCDU." Snowden, der 2013 die ausufernde Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA öffentlich gemacht hatte, lebt nach wie vor im russischen Exil.

Nutzer kommentierten das holprige und fehlerhafte Deutsch in Snowdens Tweet – worauf dieser auf Englisch schrieb: "Mein Deutsch würde besser sein, wenn ich dort leben könnte ;)" Die Bundesregierung verweigert dem früheren NSA-Mitarbeiter Asyl, auch um die Beziehungen zu den USA nicht zu belasten. Die US-Justiz will Snowden wegen Spionage und Diebstahl von Regierungseigentum den Prozess machen. Im Fall einer Verurteilung droht ihm unter Umständen die Todesstrafe.

Julia Reda spricht vom schwarzen Tag für das Netz

Auch Piraten-Politikerin Julia Reda zeigte sich enttäuscht vom Ergebnis der Abstimmung.

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Reda gilt als schärfste Kritikerin des Vorhabens. Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken, ebenfalls prominenter Gegner von Teilen der Reform, sagte: "Die Parlamentsmehrheit ignoriert die Stimmen Hunderttausender junger Menschen."

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) bedauert die Zustimmung des Europaparlaments zu einigen sehr umstrittenen Punkten bei der Reform des Urheberrechts. "Ich bedaure sehr, dass das Europäische Parlament sich heute nicht gegen Uploadfilter positioniert hat", sagte Barley am Dienstag in Berlin. "Sie sind der falsche Weg." Barley betonte: "Jetzt geht es darum, die Richtlinie so umzusetzen, dass Künstlerinnen und Künstler tatsächlich davon profitieren und Meinungsfreiheit und Vielfalt im Netz erhalten bleiben."

Enttäuschung bei FDP, Linken und SPD

Politiker von FDP, Linken und SPD haben enttäuscht auf die vom Europaparlament gebilligte Urheberrechtsreform reagiert.

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Der Linken-Chef Bernd Riexinger schrieb auf Twitter: "Leider ist das EU-Parlament vor den Interessen der Großunternehmen umgefallen." Die Meinung der breiten Mehrheit der europäischen Bevölkerung sei nicht gehört worden. "Das ist unverschämt, aber der Kampf um das Internet geht weiter."

Der Landeschef der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann twitterte: "Heute ist ein schwarzer Tag für die Freiheit im Netz." Es sei leider die Chance verpasst worden, eine moderne und zeitgemäße Urheberrechtsreform zu beschließen

Netzaktivisten zeigen sich geschockt

Netzaktivisiten zeigten sich über das Ergebnis der Abstimmung geschockt: "Es ist sehr enttäuschend, dass die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger nicht bei den Abgeordneten angekommen sind", erklärte Dominic Kis, ein Mitinitiator der Proteste gegen die Reform am vergangenen Samstag. Mit der Niederlage sei die Arbeit der Initiative "Save Your Internet" aber nicht beendet. Nun richte sich der Blick auf die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten, in denen die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden muss. "Vielleicht können wir dort die Richtlinie in die richtige Richtung verschieben."

Tabea Wilke, Chefin des Start-ups Botswatch Technologies twitterte, die Entscheidung zu Artikel 13 zeige, wie "grenzenlose Ahnungslosigkeit und Erkenntnisverweigerung der Politik grundlegende Werte unserer Gesellschaft" abschaffe. "So etwas hätte niemals passieren dürfen."

Verbraucherschützer: "Filter wissen nicht, was Parodien sind"

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert das Ja des Europaparlaments zur umstrittenen Urheberrechtsreform. Die Abgeordneten hätten damit mehrheitlich gegen die Interessen von Internetnutzern gestimmt, erklärte am Dienstag Vorstand Klaus Müller. "Damit bedrohen verpflichtende Uploadfilter auch viele vollkommen legale nutzergenerierte Inhalte." Die Filter könnten nicht wirkungsvoll zwischen erlaubter und nicht erlaubter Nutzung unterscheiden, warnte er. "Filter wissen nicht, was Parodien sind oder ob ein Inhalt zitiert wurde."

Er forderte, nun müsse die CDU in der nationalen Umsetzung "Wort halten" und für die versprochene Rechtssicherheit durch Pauschallizenzen und eine Stärkung der Nutzerrechte sorgen.

"Siege für die Demokratie"

Positiv dagegen zeigten sich Politiker wie Axel Voss. Der CDU-Europapolitiker hat die Zustimmung des Europaparlaments zum neuen Urheberrecht als "Siege für die Demokratie" gewertet. "Mit der Reform schaffen wir erstmals Rechtssicherheit für private User, die Musik oder Videos ins Internet stellen", sagt Voss. "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, die Prinzipien des Rechtsstaats gelten auch im Netz."

Seine Parteikollegin Monika Grütters sah das ähnlich. Sie bezeichnete das Ja des Europaparlaments als "echten Erfolg für kulturelle und journalistische Vielfalt". Die am Dienstag beschlossene Regelung sorge "für einen besseren digitalen Zugang zur Kultur und dafür, dass professionelles kreatives Schaffen auch bezahlt wird", sagte die CDU-Politikerin laut Mitteilung. "Dies ist eine Grundvoraussetzung für kulturelle und journalistische Vielfalt sowie für eine lebendige Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa."

Auf Twitter fanden sich auch andere positive Stimmen: "YEAH! Europaparlament stimmt für Urheberrechtsreform", jubelte Ulf Poschardt, Chefredakteur der "Welt"-Gruppe". Und die Grünen-Abgeordnete Helga Trüpel sprach von einem "guten Tag für UrheberInnen und JournalistInnen. Keine Zensur. Für ein faires und freies Netz".

Musikindustrie zeigt sich erfreut

Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßen die Verabschiedung der EU-Urheberrechtsrichtlinie im Europäischen Parlament. "Die Zustimmung zur Reform ist ein "Ja" zur digitalen Zukunft von Kultur und Medien und zu einer lebendigen und vielfältigen Kreativlandschaft in Europa", teilten beide Verbände am Dienstag in Berlin mit. "Nun muss der Rat der EU zustimmen, und die Bundesregierung muss die Richtlinie schnell und sachgerecht umsetzen."

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Ebenfalls positiv sehen der Bundesverband Musikindustrie und die Verwertungsgesellschaft Gema die Entscheidung des EU-Parlaments. "Die Verabschiedung der Urheberrechtsrichtlinie ist ein großer Schritt für die europäische Kultur- und Kreativwirtschaft", sagte BVMI-Chef Florian Drücke am Dienstag. Das gelte besonders für die Musikbranche, die seit Jahren Plattformen wie YouTube mehr in die Verantwortung nehmen will. Laut Zahlen des BVMI-Dachverbands IFPI von 2018 findet knapp die Hälfte des Musikstreamings hierzulande über solche Dienste statt. Sie tragen zusammen aber nur 1,9 Prozent zum Umsatz bei.


Das Europaparlament hatte am Dienstag der umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt. Auch der besonders kontrovers diskutierte Artikel, der Plattformen wie YouTube stärker in die Pflicht nimmt, fand eine Mehrheit unter den Abgeordneten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur AFP
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