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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erbaulicher Protest PixelBiester UG: Klimawandel – ein Minecraft Kurzfilm
Wie verhindert man, dass die Leute sich langweilen, wenn wieder mal eines der menschgemachten, fetten Probleme des Planeten zur Sprache kommt? Man verbindet das Ganze mit etwas, das einen gleichartig fetten "Wow!"-Effekt auslöst und den Zuschauer in einen Zustand des heftigen Hinundhergerissenseins versetzt: Eine Welt aus Minecraft-Steinchen, so detailtief erschaffen, wie es einer allein nie könnte.
Ilja Andrich ist Dirigent eines deutschen Minecraft-Bauteams namens PixelBiester UG und seiner Freunde. UG liest sich übrigens nicht, wie man meinen könnte, User Group, sondern nüchtern Unternehmergesellschaft, die deutsche Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Dessen ungeachtet sind zahllose Webvideos heute Triumphe einer Community.
Darf man das? Eine so ernste Sache wie den Klimawandel einbetten in stimmungsvolle, nachtleuchtende Meisterwerke virtuellen Modellbaus? Man muss das sogar. Nur so kann man ein derartiges Problemkaliber davor bewahren, hinter einem bloßen Herbeten von Schlagzeilen zu verschwinden – und zugleich die verführerische Schönheit verschwendeter fossiler Energie demonstrieren (Wie man die Zukunft verschläft, heute: Der Verpennungsmotor).
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2012 gab es über vier Millionen Videos über Minecraft auf YouTube, Ende 2014 waren unter dem Stichwort bereits mehr als 78 Millionen Videos zu finden. Was motivierte Menschen so gemeinsam zu bewerkstelligen in der Lage sind. Minecraft ist das Lego der digitalen Revolution. Es ist die Demokratisierung des Modellbaus – und seine Radikalisierung. Nichts kann nun nicht mehr gebaut werden, die Welt wartet auf ihre Neuerschaffung durch die kybernetischen Klötzchen. (Tatsächlich gibt es seit 2012 auch LEGO Minecraft, eine Adaption des Spiels mit – analogen – Lego-Bausteinen). Der Grundbaustein ist ganz einfach, das Ergebnis kann ungeheuer komplex sein. Der Mindcraft-Baustein ist genial, es ist das Einsteinchen unter den Voxeln (wie man die dreidimensionale Version von Pixeln nennt).
"Wir bauen eine neue Stadt, sie soll die allerschönste sein", heißt es in einem Kinderlied von Psul Hindemith aus den Dreißigerjahren. "Klimawandel" von Ilja Andrich und seiner virtuellen Baufirma fühlt sich an wie die jüngste Strophe dazu. Denn wo schon etwas Interessantes ist, kann man auch noch seinen eigenen Beitrag hinzufügen, lehrt uns das Netz, es geht ganz einfach und schnell. Es zeigt uns auch, wie YouTube und Co langsam erwachsen werden.
Was die eine vielleicht immer noch als unbeholfen ansieht, ist für den anderen die Rettung vor der Verwechselbarkeit. Vor den Gefahren der Professionalisierung. Um Punk zu sein reichte es, drei Akkorde greifen zu können. Was aber, wenn man irgendwann unvermeidlich einen vierten Akkord dazulernt? Ist Entwicklung Verrat an den ursprünglichen Idealen? Auch den jungen Bilderschaffenden im Netz bleiben die Wachstumsschmerzen, mit denen Subkulturen in die Regionen erhöhter Aufmerksamkeit aufwachsen, nicht erspart.
- Eigene Recherche