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Die Tochter von Steve Jobs erinnert sich an ihren Vater


Buchtipp: "Beifang"
Steve Jobs heimliche Tochter erinnert sich an ihren Vater

dpa, Wilfried Mommert

16.10.2018Lesedauer: 5 Min.
Das Cover des Buches "Beifang - Eine Kindheit wie ein Roman": Lisa Brennan-Jobs' Kindheits- und Jugenderinnerungen.Vergrößern des Bildes
Das Cover des Buches "Beifang - Eine Kindheit wie ein Roman": Lisa Brennan-Jobs' Kindheits- und Jugenderinnerungen. (Quelle: Berlin Verlag/dpa)
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Steve Jobs gilt als der Mann, der das Smartphone neu erfand. Kommunizieren war nicht seine Stärke – findet seine Tochter Lisa Brennan-Jobs. Sie hat aus ihren Erinnerungen ein wundervolles Buch geschrieben, das sich um Vertrauen, dysfunktionale Eltern und das Erwachsen werden dreht.

"Anstatt mich groß zuziehen, erfand er Maschinen, die die Welt veränderten." Das ist ein zentraler Satz über Steve Jobs in den jetzt erschienenen Erinnerungen seiner ersten (unehelichen) Tochter Lisa Brennan-Jobs. "Beifang – Eine Kindheit wie ein Roman" heißt das Buch, das im Berlin Verlag erschienen ist – eine Erzählung, die bitter und zärtlich zugleich ist. Steve Jobs, der Mit-Gründer von Apple, hatte seine Vaterschaft die ersten Jahre geleugnet und sich zunächst nur wenig um die Tochter gekümmert.

Es ist die Geschichte einer offenbar wenig geliebten Tochter, die der Vater, selbst ein Adoptivkind, auf dem Sterbebett um Vergebung bat ("Du hast etwas gut bei mir"). So steht es jedenfalls in dem Roman, der in die frühe Atmosphäre des Silicon Valleys der 80er Jahre führt – und somit mitten unter mittellose Künstler, Hippies und die ersten Technik-Freaks, die bald darauf die Welt verändern sollten.

Es sind verstörende, aber auch sehr lustige Kindheits- und Jugenderinnerungen einer heute 40-jährigen Frau, die mit neun Jahren zum Therapeuten ging. Sie sehnte sich nach einem "wahren Vater" voller Liebe und Zuneigung – und notierte: "Für ihn war ich ein Makel in seiner spektakulären Karriere." Aber hatte Jobs nicht seinen ersten Computer nach ihr "Lisa" genannt? Andererseits: Warum gab er in der Öffentlichkeit (auch in seiner Firma) immer an, er habe drei Kinder (aus seiner Ehe), statt vier, wie Lisa in ihrem Buch vermerkt. "Er war reich, berühmt und gut aussehend, aber nichts davon machte mich wirklich froh."

Die Familie hat eine andere Sicht auf die Dinge

Was nutzte der Tochter privat und emotional seine berufliche Genialität, fragte sie sich. War es nur bei ihr so, ging es anderen Familienmitgliedern ähnlich? Das wird in dem Buch nicht weiter thematisiert. In einer Stellungnahme für die "New York Times" betonte die Familie, sie habe das im Sommer erschienene Buch mit Traurigkeit gelesen, "weil es sich dramatisch von unseren Erinnerungen an diese Zeiten unterscheidet". Der von Lisa geschilderte Steve Jobs sei "nicht der Ehemann und Vater, den wir kennen". Jobs habe Lisa geliebt und bedauert, dass er "nicht der Vater war, der er in ihrer frühen Kindheit hätte sein sollen". Lisa Brennan-Jobs selbst wollte gegen den übergroßen Schatten eines berühmten Vaters anschreiben. Ihr ist ein wundervolles Buch über Kindheit, Vertrauen, Annäherung und Abgrenzung gelungen, das nicht nur für Steve Jobs-Fans neue Erkenntnisse birgt. Es ist ein Buch für allein erziehende Mütter, verlassene Kinder und abwesende Väter. Und für Steve-Jobs- und Silicon-Valley-Fans auch.

Als sich Jobs nach fast acht Jahren seiner Abwesenheit in ihren ersten Lebensjahren seiner Tochter öfter annähert, erlebt die Heranwachsende ein Wechselbad der Gefühle, mit Gehässigkeiten und ungelenken Liebesbeweise und finanzieller Zuwendungen für Mutter und Tochter. Gleichzeitig kämpfte sie mit den verletzenden Worten des Vaters: "Du hast keine vermarktbaren Fähigkeiten", soll er zu ihr gesagt haben – eine der "freundlichen" Kritiken, schildert Brennan-Jobs.

Eine andere Geschichte, die Brennan-Jobs in dem Buch erzählt: Als ihr Vater sie einmal in seinem schwarzen Porsche-Cabrio mitnimmt, fragt sie ihn naiv, ob sie den Wagen eines Tages haben könne. Sie hatte gehört, dass er sein Auto wechselt, sobald es einen Kratzer hat. Seine Antwort: "Du bekommst gar nichts. Verstehst du? Nichts. Du bekommst nichts."

Brennan-Jobs kämpfte darum, geliebt zu werden

"Es war furchtbar, in diesem großen Haus mit diesem Mann allein zu sein", erinnert sich die Tochter, die um die Vaterliebe eben dieses Mannes rang. Wenn sie in dem Haus zusammen waren, guckten sie gemeinsam Filme wie "Casablanca", "Der unsichtbare Dritte", "Harald and Maude" oder "Moderne Zeiten". Bei seinem ersten Besuch im College, auf dessen Zulassung Lisa so stolz war, sagte er nur "Du musst abnehmen!", wie die Autorin heute schreibt. "Er liebt mich nicht, deshalb benimmt er sich so. Die schlichte Wahrheit", meint die damalige Jugendliche.

"Eine Kindheit wie ein Roman" lautet der Untertitel der deutschen Ausgabe, und als solche erzählt Brennan-Jobs ihre ersten Lebensjahre in dem Buch nach. Der Roman wechselt dabei den Blickwinkel – mal ist es der des damaligen Kindes und der Heranwachsenden, dann handelt es sich wieder um die Rückschau der heute erwachsenen Frau. "Beifang", so der Titel des Buches, nennen Angler die zu kleinen Fische, die sie wieder ins Wasser werfen. "Small Fry" heißt das Buch im Original, was sich etwa mit "kleine, unbedeutende Fische" übersetzen ließe. So nannte Jobs seine Tochter.

Nicht immer ist klar, wer sich in der Erzählung erinnert

Diese wechselnden Blickwinkel machen es dem Leser nicht immer leicht, auseinanderzuhalten, wer sich wie erinnert. Auch verwundert, mit welcher großen Genauigkeit Brennan-Jobs die damaligen Zwiegespräche zwischen Vater und Tochter und Details wiedergeben kann – vielleicht deshalb auch der der deutsche "Roman"-Hinweis. Lisa erinnert sich auch an schöne und berührende Momente mit ihrem Vater – wenn er ihr zum Beispiel ein Bad mit schwimmenden Kerzen und Rosenblättern im Wasser bereitet. Und auf dem Sterbebett sagt Jobs zu seiner Tochter: "Es tut mir leid, dass ich nicht mehr Zeit mit dir verbracht habe. Es tut mir so leid...Du hast etwas gut bei mir." So schreibt sie es zumindest auf.

Großen Raum im Roman nimmt auch die Mutter ein, an der Lisa sehr hängt – obwohl diese eine launische, jähzornige Frau ist, mit der die Tochter oft harte Kämpfe auszufechten hat. Die Künstlerin und "Hippie-Mutter", die laut Lisa "nicht gut im Sparen und Geldverdienen" und oft Pleite ist, war sich nicht sicher, ob sie das Kind zur Welt bringen sollte, als sie mit Lisa schwanger war. "Ich hätte dich nicht bekommen sollen" ist ein Satz einer Mutter, den Lisa nie vergessen wird. Trotzdem hält sie fest: "Meine Mutter liebte mich schon" – das bezweifelte sie wiederum bei ihrem Vater bis zuletzt. Auch dann, wenn er sich ihr wieder annähern wollte in seiner unbeholfenen und missverständlichen Art.

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"Wirst du über mich schreiben?"

Doch: "Was wollte ich? Er brauchte mich nicht so, wie ich ihn brauchte." Und im Nachhinein ist die Tochter beinahe frustriert, wie sie der "New York Times" sagte, dass Steve Jobs doch so viel Raum und Aufmerksamkeit in ihren Erinnerungen bekommen hat. Als ihr Vater schon Krebs hatte, fragte er sie plötzlich: "Wirst du über mich schreiben?" "Nein", antwortet die Tochter und der Vater wandte sich mit der Bemerkung "Gut" wieder dem Fernseher zu. Steve Jobs starb 2011 mit nur 56 Jahren. Er hinterließ mit Apple den heute wertvollsten Konzern der Welt. Und eine wundervolle, heimliche Tochter.

Leseprobe: Die ersten 30 Seiten aus "Beifang".

Lisa Brennan-Jobs: "Beifang. Eine Kindheit wie ein Roman", Berlin Verlag, 22 Euro, 384 Seiten

Verwendete Quellen
  • dpa
  • Eigene Recherche
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