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Kryptowährung: Winklevoss-Zwillinge sind die ersten Bitcoin-Milliardäre


Hype um Kryptowährung
Wie Bitcoin zum Liebling der Spekulanten wurde

reuters, afp, Laura Stresing

Aktualisiert am 05.12.2017Lesedauer: 8 Min.
Das Bitcoin-Logo ist auf einer Werbetafel in Tokyo zu sehen.Vergrößern des Bildes
Bitcoin-Werbetafel in Tokyo: Vor allem in Asien wird die digitale Währung immer beliebter. (Quelle: Kim Kyung-Hoon/Reuters-bilder)

Aktivisten sehen in Bitcoin das Zahlungsmittel der Zukunft - Banken und Anleger vor allem ein Spekulationsobjekt mit hoher Rendite. Ist jetzt noch die Zeit, zu investieren oder steht der große Crash unmittelbar bevor? Der Bitcoin-Boom hat seine ersten Milliardäre hervorgebracht.

Die Brüder Cameron und Tyler Winklevoss sind die ersten Bitcoin-Milliardäre. Das berichtet "The Telegraph". Demnach sollen die Zwillinge im März 2013 etwa elf Millionen US-Dollar investiert und davon knapp ein Prozent der damaligen Bitcoin-Bestände aufgekauft haben. Das Geld dafür hatten sie ausgerechnet von ihrem Erzrivalen Mark Zuckerberg: Der Facebook-Chef und ehemalige Harvard-Kommilitone soll ihre Idee zu dem Sozialen Netzwerk geklaut haben, behaupteten die Zwillinge und klagten. Facebook zahlte eine Abfindung.

Hinweis: Eine Zusammenfassung, was Bitcoin ist, wie die Währung funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie hat, lesen Sie hier.

Von diesem Geld kauften die Brüder Bitcoin - zu einem Wechselkurs von etwa 120 US-Dollar. Aus dem nicht ganz so kleinen ist nun ein ziemlich großes Vermögen geworden, zumindest theoretisch. Denn am Wochenende ist der Bitcoin-Kurs auf ein neues Allzeithoch von 11.900 US-Dollar geklettert. Doch wie lange kann sich die Kryptowährung auf diesem Niveau halten?

Das virtuelle Geld folgt seiner eigenen Logik.

Eigentlich handelt es sich bei Bitcoin "nur" um aufwändig verschlüsselte Datensätze, die von einem dezentralen Computernetzwerk nach einem vorgeschriebenen Protokoll erzeugt werden. Da sie nicht beliebig vermehrt oder kopiert werden können, taugen diese Datenblöcke als Zahlungsmittel. Alle Überweisungen von einem Internetkonto auf das andere werden in einer öffentlichen Datenbank, der "Blockchain" gespeichert. Diese schafft Transparenz über die virtuellen Geldströme bei gleichzeitiger Anonymität der Teilnehmer.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: 2009 wurde die Kryptowährung als Antwort auf die Finanzkrise erfunden. „Jetzt ist die Bitcoin selbst zum Spekulationsobjekt geworden“, sagt der Blockchain-Experte Christian Welzel des "Kompetenzzentrums Öffentliche IT" am Fraunhofer-Institut in Berlin. Verwunderlich sei das nicht: „Die Renditen sind viel höher als bei konventionellen Anlageprodukten.“

Das Interesse ist entsprechend groß: In der vergangenen Woche war "Bitcoin" der meist verwendete Suchbegriff in den USA - noch vor "Donald Trump". Die Kursrallye der letzten Monate – zeitweise stieg der Wert einer Bitcoin um 1.000 Prozent – weckte das Interesse neuer Anleger. Experten warnen aber vor einer Spekulationsblase, die bald platzen werde.

Warum stieg der Kurs in 2017 so stark?

Eigentlich ist es ganz einfach: Gerade wollen sehr viele Menschen Bitcoin haben. Gleichzeitig ist das Angebot an Bitcoin aber technisch begrenzt und wächst nur langsam. Deshalb steigt ihr Preis. Und solange die Nachfrage anhält, bleibt das auch so. "Im Moment kennt der Bitcoin-Kurs nur eine Richtung: nach oben", sagt Welzel.

Die Währung unterliegt keiner staatlichen Kontrolle. Es gibt also auch keine Zentralbanken, die den Markt mit frischem Geld fluten könnten, um die Deflation zu bremsen.

Die eigentliche Frage lautet: Warum ist die Nachfrage nach Bitcoin auf einmal so groß?

Das hat verschiedene Gründe. In mehreren Ländern wird das Kryptogeld bei der Bevölkerung als Zahlungsmittel und Wertanlage immer beliebter. Die technikbegeisterten Japaner etwa können ihr Kryptogeld in zahlreichen Shops ausgeben.

Experten sehen auch einen Zusammenhang mit zunehmender Internetkriminalität. So war 2017 das Jahr der Erpressungstrojaner: Kriminelle Hacker drangen in Firmen- und Privatnetzwerke ein, verschlüsselten die Daten und verlangten ein Lösegeld in Bitcoin. Die Ransomware-Masche war so erfolgreich, dass die weltweite Nachfrage nach Bitcoin stieg.

Drittens werden gerade viele neue Anwendungsfelder für die Bitcoin-Technologie entdeckt. Die so genannte Blockchain verhindert nämlich das Manipulieren oder Kopieren von Daten und schützt die Kryptowährung vor „Falschgeld“.

Als nächstes soll dieselbe Technologie jede Form von (Tausch-)Handel, der über das Internet abgewickelt werden kann, vereinfachen und gegen Betrug absichern. Startups entwickeln spezialisierte Lösungen, etwa für Versicherungen, die Musikindustrie und viele andere Branchen, aber auch zu wohltätigen Zwecken.

Investoren geben ihnen dafür Startkapital und erhalten im Gegenzug etwas von dem neu erschaffenen Kryptogeld. Solche Digitalen Börsengänge („Initial Coin Offerings“ oder ICOs) haben zu einem regelrechten Boom der Kryptowährungen geführt. Mehr als 1.300 gibt es schon.

Bitcoin bleibt dabei aber ein zentrales Tauschmittel. Das bedeutet: Noch mehr Menschen kaufen Bitcoin, um diese schließlich in neue, vielversprechende Kryptowährungen zu stecken. Der Wertzuwachs neuer Digitalwährungen wie zum Beispiel Iota übertrifft zum Teil den der Bitcoin.

Jetzt fängt der Derivate-Handel an

Auch in der Finanzwelt ist das Interesse an der Kryptowährung riesig. Im Oktober kündigte die Chicagoer Terminbörse CME daher an, noch in diesem Jahr Terminkontrakte für Bitcoin auf den Markt zu bringen. Ab dem 18. Dezember können Anleger auf fallende oder steigende Währungskurse wetten. Am Wochenende gab die US-Finanzaufsicht grünes Licht für die "Bitcoin Futures".

Auf die "Futures" könnte bald ein börsengehandelter Bitcoin-Indexfonds (ETF) folgen. Darauf warten US-Großinvestoren schon lange. Denn bisher ist den institutionellen Anlegern, also zum Beispiel Banken, Hedgefonds und Investmentgesellschaften, der Handel mit der virtuellen Währung untersagt.

Über Finanzprodukte (Derivate), die an regulierten Börsen gehandelt werden, könnten Anleger aber indirekt mit Bitcoin spekulieren, ohne selbst welche zu kaufen. Das würde den Handel wesentlich erleichtern und noch mehr Menschen zum Mitspekulieren bewegen.

Deshalb halten es Analysten auch für möglich, dass der Bitcoin-Kurs in den kommenden Monaten auf 50.000 oder sogar 100.000 US-Dollar klettert. Vorausgesetzt, die US-Börsenaufsicht stimmt den Plänen zu. Umgekehrt würde ein „nein“ der Behörde zu Futures und ETF den Höhenflug vorerst beenden.

Zu den prominentesten Unterstützern der ETF-Initiativen gehören übrigens auch die frisch gekürten Bitcoin-Miliardäre Cameron und Tyler Winklevoss.

Sind Bitcoin das neue Gold?

Für Bitcoin-Insider sind Kurssprünge nichts Neues. In der Vergangenheit verlor das Computergeld mehrmals dramatisch an Wert. Auslöser waren meist Börsen-Schließungen und massive Datenpannen.

Bisher scheint das der Währung aber nicht nachhaltig zu schaden. Sie erholt sich immer wieder und geht stärker daraus hervor. Der Grund dafür ist in der Logik der Digitalwährung verankert. Der Algorithmus schreibt nämlich vor, dass das Bitcoin-Vorkommen irgendwann erschöpft ist.

Dazu muss man wissen: Neue "Münzen" werden durch komplexe Rechenoperationen unter Beteiligung zahlreicher Computer erschaffen. Ihre Zahl ist jedoch von vornherein auf etwa 21 Millionen begrenzt. Mehr als drei Viertel davon wurden bereits „geschürft“.

Die Zahl der Bitcoin wird sich also in Zukunft kaum noch verändern. So ähnlich ist es bei Gold. Das Edelmetall gilt als krisensichere Anlage; Gold findet immer Abnehmer. Potenzielle Käufer müssen daher Höchstpreise bieten.

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Nun gilt Bitcoin zwar alles andere als sicher oder risikoarm. Doch das Vertrauen in die Zukunft der Kryptowährung scheint unvermindert hoch. In Australien verkaufen Leute sogar ihre Häuser für Bitcoin.

Welzel kann sich deshalb gut vorstellen, dass der Bitcoin-Kurs bei konstanter Nachfrage sich irgendwann auf einem sehr hohen Niveau einpendelt. Schon heute ist eine Bitcoin gut sieben Mal mehr wert als eine Unze Gold.

Was passiert bei einem Bitcoin-Crash?

Dann ist viel Geld futsch. Immerhin: Eine Finanzkrise 2.0 steht nicht zu befürchten, meint Welzel. Es gebe bisher kaum Abhängigkeiten zwischen dem digitalen Währungsmarkt und etablierten Finanzinstitutionen.

Der Chef der US-Firma Interactive Brokers, Thomas Peterffy, warnt aber bereits in einem offenen Brief an die Aufsichtsbehörde vor dem Handel mit Bitcoin-Derivaten. Kryptowährungen seien jung und völlig unreguliert, schreibt er. Sollten durch hohe Schwankungen bei den Terminkontrakten für das virtuelle Geld etablierte Handelshäuser ins Straucheln geraten, könnte das sogar die ganze Realwirtschaft destabilisieren.

Auch China und Südkorea scheinen negative Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft zu befürchten und schließen Bitcoin-Börsen in dem Versuch, den Handel stärker zu regulieren. Das Beispiel zeigt: Je breiter sich die Nutzung von Kryptowährung durchsetzt, desto wahrscheinlicher werden staatliche Verbote und Maßnahmen, die Steuer- und Kapitalflucht verhindern sollen.

Auch die deutschen Finanzämter sind bereits auf den regen Handel mit Kryptowährungen aufmerksam geworden und verweisen auf die Vorschriften für Einkünfte aus Kapitalanlagen. Das bedeutet: Wer Bitcoin längere Zeit hält und dann gewinnbringend verkauft, muss diesen Gewinn versteuern.

Wie gehen erfahrene Bitcoin-Händler mit der Situation um?

Eingefleischte Bitcoin-Fans horten ihr Digitalgeld schon lange wie einen Schatz. Tobias B.* investiert seit drei Jahren in verschiedene Kryptowährungen und kennt die Mentalität der Bitcoin-Anhänger. „Die Leute verkaufen einfach nicht, obwohl der Preis steigt“, sagt er. Kryptogeld-Nutzer wie er halten an ihrem virtuellen Guthaben fest, weil sie darin das Zahlungsmittel der Zukunft sehen.

Andererseits haben aber eine Reihe von richtungsweisenden Entscheidungen der Community gerade dazu geführt, dass sich die Bitcoin immer weniger als Zahlungsmittel eignet. So sind sowohl die Gebühren als auch die Dauer der Transaktionen auf ein schier unerträgliches Maß gestiegen. „Andere Kryptowährungen machen es dem Nutzer nicht so schwer, Geld um die Welt zu schicken“, klagt Tobias B..

Noch habe die Bitcoin einen Bekanntheits-Vorsprung vor anderen Kryptowährungen. Um weiterhin attraktiv zu sein, müsse sich die Bitcoin verändern, meint der Software-Entwickler. Er sei gespannt, ob die Bitcoin-Community das „Ruder noch herumreißen kann“.

Dabei könne Bitcoin von der "Konkurrenz" lernen: "Andere Kryptowährungen geben sich momentan mehr Mühe, nicht nur als Wertanlage, sondern auch auf andere Arten und Weisen möglichst nützlich zu sein", sagt B.. So werden über das Ethereum-Netzwerk zum Beispiel so genannte "smart contracts" abgewickelt, die neue Formen der spontanen Geschäftsbeziehungen zwischen Einzelpersonen ermöglichen.

Bitcoin dagegen verharrt in einer Rolle als Wertanlage. Der hohe Preis genügt dem Mainstream als Grund, um sich an dem Handel zu beteiligen. Menschen wie B. geht es aber immer noch um die Sache. Doch auch er muss zugeben: „Das ist eine Investition, die auf der großen Hoffnung basiert, dass das Geld irgendwann mal nützlich sein wird.“ Was, wenn sie sich nicht erfüllt?

Vor allem Umweltschützer zeigen für die Währungsspekulationen immer weniger Verständnis. Denn schon heute übersteigt der weltweite Stromverbrauch für das Kryptomining den gesamten Energiebedarf eines ganzen Landes wie Irland.

Die nächste Generation der Kryptowährungen könnte aus den Anfangsfehlern lernen

Selbst wenn die Bitcoin untergehen sollte – Kryptowährungen werden sich trotzdem durchsetzen, glaubt B.. Seiner Ansicht nach könnten sie aus einer Bitcoin-Krise sogar gestärkt hervorgehen, ähnlich wie das Internet nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Vor 17 Jahren brach fast die gesamte Internetökonomie zusammen, weil sich Unternehmen verspekulierten. Die Branche zog ihre Lehren daraus. Heute floriert das Online-Geschäft wieder. So ähnlich könnte es der nächsten Generation der Kryptowährungen ergehen.

Dass die meisten Verbraucher dem Computergeld immer noch skeptisch gegenüber stehen, könne er nachvollziehen. „Die Angst, Fehler zu machen ist groß“, glaubt B..

Zwar gibt es inzwischen unzählige Fachpublikationen und Blogs wie Bitcoin-Echo, Coinspondent oder bitcoin.com. Sie berichten über aktuelle Entwicklungen und geben Tipps für den Einstieg. Doch hinter diesen Seiten stecken oft Leute, die selbst mit dem Bitcoin-Handel Geld verdienen. Es empfiehlt sich, eine zweite Meinung einzuholen.

Wer direkt einsteigen möchte, findet auf der deutschen Handelsplattform bitcoin.de und auf heise.de eine Schritt für Schritt-Anleitung für den ersten Bitcoin-Kauf. In vielen Städten finden außerdem regelmäßig Bitcoin-Stammtische statt, wo man Szenekenner treffen und sich Rat holen kann. Dort trifft man auch auf Händler, die einem den ersten Betrag gegen Barzahlung überweisen. Alles, was man dazu braucht, ist ein Wallet, eine Smartphone-App.

Bitcoin-Handel ist ein Pokerspiel

Man sollte allerdings nicht mehr Geld in Kryptowährung stecken, als man auch bereit ist, zu verlieren, warnt B.. Hat man erst einmal Bitcoin erworben, gilt es, kühlen Kopf zu bewahren. Starke Kursschwankungen gehören dazu und so mancher Anleger hat seine Panikverkäufe schon bitter bereut.

B. empfiehlt zudem, in mehrere Kryptowährungen gleichzeitig zu investieren. Zu den bekanntesten Bitcoin-Alternativen zählen Ether, Dash und die Bitcoin-Schwesterwährung Bitcoin Cash. Eine vollständige Liste finden Sie hier.

Auch kleinere oder lokale Anbieter können interessant sein. Doch Vorsicht: Unter die so genannten ICOs mischen sich auch immer wieder schwarze Schafe, sagt Welzel vom Fraunhofer Institut. So hat die deutsche Finanzaufsichtsbehörde den Handel mit der Kryptowährung "OneCoin" verboten. Dahinter stecke eine Art Schneeballsystem, mit dem sich die Eigentümer in die eigene Tasche wirtschafteten.

* In einer früheren Version des Artikels wurde der volle Name des Experten genannt. Er bat uns jedoch, den Nachnamen zu kürzen, da er befürchtet zur Zielscheibe von Hackern zu werden.

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