Uhrenvergleich Im Test: Apple Watch 9 bekommt Konkurrenz
Die Apple Watch dominiert den Markt der smarten Uhren. Doch Hersteller wie Google oder Huawei holen auf und bieten optische Alternativen. Ein Vergleich.
Apple lässt seinen Smartwatches regelmäßig Verbesserungen angedeihen. Allerdings fielen diese bei den neuen, im Herbst präsentierten Modellen geringer aus als erwartet. Zwar steckt in der neuen Apple Watch Series 9 mit dem S9 ein schnelleres Multi-Chip-Modul. Doch vom ersten Prozessor-Upgrade seit Erscheinen der Apple Watch Series 6 vor drei Jahren spürt man im Alltag kaum etwas.
Das liegt vor allem daran, dass die Apple-Uhren schon von Beginn an ordentlich mit Power versorgt waren. Apple sagt, die Grafikleistung sei um ein Drittel gesteigert worden. Wenn man genau hinschaut, starten nun Apps wie Karten oder Wetter tatsächlich ein bisschen schneller. Bei anderen Anwendungen spürt man keinen Unterschied.
Etwas enttäuschend ist, dass sich die neue Fertigungstechnik beim Strombedarf kaum bemerkbar macht. Der S9-Chip wird nicht mehr in sieben, sondern in fünf Nanometerstrukturen gefertigt. Das bedeutet, dass auf der gleichen Fläche deutlich mehr Transistoren zu finden sind. Das führt eigentlich zu einem geringeren Stromverbrauch.
Keine längere Akkulaufzeit bei der Apple Watch
In der Praxis muss man den Akku aber nach rund 18 Stunden wieder laden. Die höhere Effizienz des S9 führt also nicht zu der erhofften längeren Akkulaufzeit. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Apple Watch 9 nun ein sehr helles Display besitzt.
Der Bildschirm strahlt nun mit bis zu 2000 Candela und damit doppelt so hell wie die Series 8 und ebenso hell wie die Apple Watch Ultra aus dem vergangenen Jahr. Die Apple Watch 9 strahlt aber nur im Freien so hell, damit das Display auch bei Sonnenschein lesbar bleibt.
Ein wenig Extra-Strom werden auch zwei neue Features benötigen, die mit der Series 9 eingeführt worden sind: Zum einen braucht die neue Apple Watch zur Umsetzung der Siri-Befehle oft keine Online-Verbindung mehr, sondern verarbeitet die Eingaben lokal, um etwa einen Wecker zu stellen, eine App aufzurufen oder ein Training zu starten. Und auch die neue Double-Tap-Geste dürfte etwas Strom kosten.
Das neue Feature soll in Situationen helfen, in denen man nur eine Hand frei hat. Mit Hilfe der eingebauten Neural Engine erkennt die Apple Watch 9, wenn man Daumen und Zeigefinger zwei Mal hintereinander schnell zusammendrückt. Damit kann man dann etwa ein Anruf annehmen oder die Musikwiedergabe pausieren beziehungsweise fortsetzen.
Apples Innovationspause könnte der Konkurrenz nutzen
Also ein helleres Display, ein etwas effizienterer Prozessor und das neue Double-Tap-Feature; an der Optik der Apple Watch hat sich indes nichts geändert. Diese relative Innovations-Schnaufpause, die Apple also eingelegt hat, könnte etwa Huawei mit seinen Smartwatches nutzen. Sie benötigen die Huawei Health App, die auch im App Store für das iPhone bereitsteht.
Für Android-Anwender ist das etwas umständlicher, weil die App nicht im Play Store von Google angeboten wird. Man kann die App entweder über den QR-Code auf der Verpackung laden. Empfehlenswerter ist es jedoch, zunächst die Anwendung App Gallery bei Huawei herunterzuladen und darüber die Health App zu installieren. So vermeidet man, dass bei manchen Modellen wie den Pixel-Smartphones von Google die Benachrichtigungsfunktion systemseitig gesperrt wird.
Ausprobiert haben wir zwei Varianten der Huawei Watch GT 4, die gleichermaßen edel wirken: Eine mächtige Version in einem 46-Millimeter-Gehäuse aus Edelstahl mit Titanbeschichtung und eine zierlichere 41-Millimeter-Variante, die der Hersteller als "weibliche Version" bezeichnet.
Die Huawei GT 4 misst sehr akkurat
Das Display der GT 4 ist hell und kontraststark, auch im Always-on-Modus. Allerdings reicht die Huawei-Uhr in beiden Ausführungen nicht an die Helligkeitswerte der Apple Watch 9 heran. Beim Tracking von Fitnessaktivitäten muss sich die GT 4 dagegen nicht verstecken. Sie zählt nicht nur Kalorien und Schritte, sondern verfügt über spezielle Erfassungsmodi für über 100 Sportarten. Die Uhr misst dabei die Herzfrequenz sehr akkurat.
Richtig überzeugend sind auch die Akkulaufzeiten. Im Test musste die kleinere Variante erst nach fünf Tagen wieder geladen werden, das größere Modell hielt sogar sechs Tage lang durch. Das ist deutlich besser als bei der Apple Watch.
Im Alltag zeigten sich aber auch gravierende Schwächen. Ein Beispiel: Die GT 4 verfügt zwar über einen Funkchip für Near Field Communication (NFC) und ist damit im Prinzip zum Bezahlen an der Supermarktkasse geeignet. Doch weder Apple Pay noch Google Pay können auf der GT 4 eingesetzt werden. In Huaweis Heimat China funktioniert darauf der Bezahldienst Alipay, aber nicht hierzulande. Passen muss die GT 4 auch bei der Musikwiedergabe von Streamingdiensten.
Nutzerinnen und Nutzer eines Android-Smartphones, die auf die Bezahlfunktion oder das Streamen vom Handgelenk aus nicht verzichten wollen, haben in der Google Pixel Watch 2 eine sehr ansprechende Alternative. Sie unterscheidet sich mit ihrem kreisrunden Design und dem gewölbten Uhrenglas stark von der Konkurrenz. Im Gegensatz zu den Uhren von Apple und Huawei gibt es die Pixel Watch 2 aber nur in einer vergleichsweise kleinen 41-Millimeter-Version.
Pixel Watch 2 mit stärkerem Prozessor
Google hat der zweiten Auflage seiner Smartwatch einen stärkeren Prozessor spendiert. Der Qualcomm 5100 sorgt nun im Vergleich zur ersten Pixel Watch dafür, dass alle Apps geschmeidig und ohne Ruckeln laufen. Außerdem stecken in der Google-Uhr nun insgesamt 13 Sensoren.
Neben Standardsensoren wie Kompass, Gyroskop, Höhenmesser und Drei-Achsen-Beschleunigungsmesser sind das unter anderem ein neuartiger Mehrkanalsensor zur Messung der Herzfrequenz sowie ein Sensor zur Erfassung der Oberflächentemperatur der Haut. Wie bei Apple Watch 9 kann dieser Sensor die Erfassung des weiblichen Zyklus erleichtern.
Ein Sensor zur Messung der Hautleitfähigkeit soll der Pixel Watch 2 dabei helfen, Stress, Infekte oder Auswirkungen von Wirkstoffen wie Koffein zu erfassen. Im Test schlug der Stress-Alarm aber ausgerechnet dann an, nachdem wir es uns auf dem Sofa gemütlich gemacht hatten. Danach haben wir die Funktion abgeschaltet.
Google verlangt immer noch zwei Apps
Als um so genauer erwies sich aber die Erfassung aller anderen Fitnessdaten. Man muss allerdings zwei Apps installieren. Mit der Pixel-Watch-App wird die Uhr eingerichtet und mit dem Android-Smartphone gekoppelt.
Die Fitness- und Gesundheitsdaten landen dagegen in der Fitbit-App. Das klingt ein wenig umständlich – ist es allein wegen der zwei verschiedenen Log-ins auch. Fast drei Jahre nach der Übernahme von Fitbit sollte Google den Nutzern das Leben erleichtern und die beiden Apps fusionieren.
Bei der Batterie-Laufzeit kommt auch die Pixel Watch 2 nicht an die Werte der beiden Huawei-Uhren heran. Immerhin hält sie gut einen Tag lang durch.
Wofür soll man sich entscheiden?
Fazit: Für iPhone-Nutzer ist die Apple Watch weiterhin das Maß der Dinge. Sie ist aber vergleichsweise teuer, insbesondere wenn man sich für die große 45-mm-Variante mit einem Edelstahlgehäuse für knapp 850 Euro entscheidet.
Die kleinere Version kostet immerhin noch knapp 800 Euro. Wem ein Aluminiumgehäuse reicht, zahlt immerhin noch knapp 450 Euro beziehungsweise knapp 480 Euro. Und wer die Apple Watch auch mit einem Mobilfunknetz verbinden möchte, muss weitere 120 Euro draufzahlen.
Die große Variante der Huawei Watch GT 4 ist dagegen schon für knapp 350 Euro zu haben. Die kleinere 41-mm-Version kostet knapp 250 Euro. Wem die Designsprache gefällt, findet hier eine Alternative. Man muss allerdings bei bestimmten Funktionen Abstriche machen und kann beispielsweise mit der Uhr nicht bezahlen.
In der Android-Welt hat die zweite Auflage der Pixel Watch dagegen das Zeug, sich an die Spitze zu setzen. Sie liegt mit Preisen von knapp 400 Euro für die WLAN-Version und 450 Euro für die Mobilfunk-Variante leicht unter dem Preisniveau der neuen Apple Watch 9.
Google sollte künftig auch eine Uhr in einem größeren Gehäuse anbieten, die sich an einem kräftigeren Handgelenk besser macht. In das größere Gehäuse würde auch ein stärkerer Akku passen, der die Laufzeit verlängern kann.
- Nachrichtenagentur dpa