TV-Tipp Unsere wunderbaren Jahre
Berlin/Hamburg (dpa) - Der Schlager ist ebenso wehmütig wie optimistisch. "Was soll nun werden? / Es muss doch weitergehen / Noch bleibt ja Hoffnung für uns bestehen / Wir fangen alle von vorne an / Weil dieses Dasein auch schön sein kann."
Die Verse aus "... und über uns der Himmel" sang der legendäre Kinostar Hans Albers 1947 im gleichnamigen Trümmerfilm. Er scheint damit das Grundgefühl im damals noch nicht geteilten Land auf den Punkt zu bringen: Der drohenden Lähmung angesichts des totalen Untergangs begegneten die Deutschen mit Aufbauwillen und Lebenslust. So erklingt das populäre Lied auch passend im Event-Dreiteiler "Unsere wunderbaren Jahre", den die die ARD ab Mittwoch (20.15 Uhr) zeigt.
Der Film erzählt nach den ersten Kapiteln von Peter Pranges gleichnamigen Bestsellerroman (2016) von Schuld und Leid, Liebe und Leidenschaft in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Das Wirtschaftswunder im Westen kommt ebenso vor wie der Arbeiteraufstand 1953 im Osten. Historisches Hauptereignis ist hier aber der 20. Juni 1948 in den drei Westzonen mit der Ausgabe von 40 D-Mark an jeden Bürger - in Scheinen. Hartgeld wurde, was heute wenige wissen, erst später geprägt - am alten Metallindustriestandort Altena im Sauerland. Die WDR-Degeto-Produktion schildert die Lebenswege der fiktiven dortigen Unternehmerfamilie Wolf.
Da sind die Eltern Eduard (Thomas Sarbacher, "A Gschicht über’d Lieb") und Christel (Katja Riemann, "Vier zauberhafte Schwestern") sowie vor allem ihre höchst unterschiedlichen Töchter Ulla (Elisa Schlott, "Schuld"), Gundel (Vanessa Loibl, "O Beautiful Night") und Margot (Anna Maria Mühe, "Die neue Zeit") plus deren Freunde.
Alle erhoffen sich die Zukunft auf ihre jeweils eigene Weise. Auch der verschlagene Geschäftsmann Walter Böcker (Hans-Jochen Wagner, "Kommissarin Heller"), ein alter Nazi, ist mit von der Partie. Jeder scheint nun seines Glücks Schmied. Oder ist es doch das Schicksal, das ihre Wege bestimmt? Hinter allen liegen ein Weltkrieg und der Ballast der Vergangenheit. Die neue Zeit führt die jungen Leute nach Düsseldorf, Tübingen und Ost-Berlin. Sie feiern Erfolge, kämpfen um Anerkennung, scheitern mit ihren Träumen, finden oder verlieren die große Liebe.
Ein melodramatisches Panorama vor allem Westdeutschlands entsteht. In beeindruckender historischer Ausstattung vermittelt die Inszenierung mit ihrer erstklassigen Darstellerriege das heute oft so ganz anders und fern erscheinende Leben unserer Eltern, Groß- und Urgroßeltern. Dabei gerät die TV-Geschichte zumeist sehr packend - wenngleich Klischees durchaus auch mitspielen.
Autor Prange erläutert: "Es ist die Grundidee meines Romans, der in voller Länge bis zur Einführung des Euro 2002 reicht, dass die Entwicklung des Geldes der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung immer einen Schritt vorausgeht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "So gab es zuerst die Währungsreform, von den britischen, französischen und amerikanischen Besatzern gemacht. Kurz danach reagierten die Russen mit ihrer Gegenwährungsreform - dem sogenannten Tapetengeld. Die Zweiteilung des Geldes ging also der Zweiteilung des Landes voraus. Und 1989 hieß es im Osten, kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr. Was dann das Ende der DDR besiegelte."
Anders als der 1955 in Altena geborene Prange kennt die in Ost-Berlin zur Welt gekommene Hauptdarstellerin Mühe (34) die 50er Jahre nur aus Recherchen zu ihren Filmen. "Leider sind meine Großeltern sehr früh gestorben - ich war damals noch zu jung, um ihnen entsprechende Fragen zu stellen", sagte die Schauspielerin. Dabei steht ihre Figur Margot in "Unsere wunderbaren Jahren" besonders im Mittelpunkt.
"Im Roman heißt sie Ruth und kommt dort ganz anders vor", so Mühe. "Aus filmischen Gründen mussten sich die Drehbuchautoren jedoch etwas Weiteres ausdenken. Was die Figur schließlich noch größer und runder gemacht hat", meinte der TV-Star. "Alle persönlichen Entwicklungen in der Geschichte verlaufen wenig gradlinig - besonders ausgeprägt ist das bei Margot. Am Anfang steht sie sogar noch politisch absolut dahinter, was im Dritten Reich passiert ist." Mühes Fazit der Dreharbeiten: "Es war besonders schön, weil es so eine große Reise war für die Margot."