TV-Tipp Unschuldig
Berlin/Eckernförde (dpa) - Was bedeutet Schuld? Und ist jemand, der einer Tat nicht überführt werden kann, wirklich unschuldig? Um eine solche knifflige Frage und eine alte, immer noch offene Wunde geht es in dem Krimidrama "Unschuldig". Es steht am Samstag (20.15 Uhr) im Ersten auf dem Programm.
Der Film besteht aus zwei Teilen, die direkt nacheinander ausgestrahlt werden.
Am Anfang steht ein Meineid. Ein todkranker Mann gesteht, dass er einst einen Mithäftling mit seiner Falschaussage eines Mordes beschuldigt hatte. Dieser Mann, Alex Schwarz (Felix Klare), wurde wegen des Mordes an seiner Frau Dana verurteilt und wird nun nach sieben Jahren im Gefängnis freigesprochen. Wenig begeistert davon sind seine Schwägerin Marion (Anna Loos) und deren Mann Uwe (sehr gut: Godehard Giese). Bei diesen beiden wachsen Alex’ pubertierende Kinder auf: Lasse (klasse: Yuri Völsch) und Lena (Ruby M. Lichtenberg).
Sein früherer Freund (Florian Panzner) hatte damals seine ursprüngliche Alibizusage zurückgezogen - die Ehe mit Julia (Lisa Bitter) droht nun darüber in die Brüche zu gehen. Und schließlich ist da noch der damalige Ermittler Jan Menhart (Steven Scharf), der aufgrund des Schuldspruchs zum Hauptkommissar befördert worden ist. Seine Freundin und Kollegin Katrin Jahnke (Britta Hammelstein) übernimmt jetzt die Wiederaufnahme der Ermittlungen, bei denen ein geradezu unfassbares Lügengeflecht ans Tageslicht kommt.
Alex will keine Rache, sondern in einem neuen Verfahren endlich Gerechtigkeit. Und er möchte alle diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die ihn ins Gefängnis gebracht haben. Er schleicht sich in fremde Häuser, wird jähzornig, sucht den Kontakt zu seinen Kindern - und kann im Grunde niemandem vertrauen.
Einzig sein Bruder Daniel (gut: Sascha Alexander Gersak) scheint nach wie vor zu ihm zu stehen. Felix Klare (41, "Zweimal lebenslänglich", "Tatort") spielt diesen Mann, von dem nahezu alle glauben, dass er ein Mörder ist, mit nahezu greifbarer und stetig wachsender Verzweiflung. Er kämpft in einem wahren Spießrutenlauf wie ein Löwe um das Sorgerecht für seine Kinder und darum, seinen Weg zurück ins Leben zu finden - wobei das scheinbar heile Leben anderer endgültig zerstört wird.
Der Autor Florian Oeller ("Helen Dorn") und der Regisseur Nicolai Rohde ("Julia Durant") erzählen ihren insgesamt zwar dreistündigen, aber keineswegs langweiligen Film nachvollziehbar und glaubwürdig. Das liegt nicht nur an den hervorragenden Darstellern, sondern auch an den ungewöhnlichen Einstellungen von Kameramann Felix Novo de Oliveira ("Carneval - Der Clown bringt den Tod"). Hinzu kommt die trübe Stimmung an der Ostsee bei Eckernförde, die dieser hochspannenden Mischung aus Kriminalfall und Familientragödie eine zusätzliche Dramatik verleiht. Bis hin zum völlig überraschenden Ende, an dem nach unzähligen "Es tut mir leid!"- Sätzen nahezu sämtliche mühsam aufgebauten Fassaden restlos zerbröselt sind.