TV-Ausblick Tatort - Borowski und das Haus der Geister
Kiel (dpa) – Sie ist aktuell die jüngste Ermittlerin in der "Tatort"-Riege, temperamentvoll und impulsiv, er schon lange im Dienst und ein Brummbär. Doch so unterschiedlich Klaus Borowski (Axel Milberg, 62) und Mila Sahin (Almila Bagriacik, 28) auch sein mögen, "sie bitchen sich nicht an", sagt Milberg.
Als wären sie ein eingespieltes Team, legen sie in ihrem ersten Fall "Borowski und das Haus der Geister", den das Erste am Sonntag (2. September) um 20.15 Uhr zeigt, sofort gemeinsam los – und ein gelungenes Tänzchen aufs (Parkdeck-)Parkett.
Die schlagfertige und -kräftige Neue prüft gerade ihren Boxsack, den sie, den Handwerkergürtel umgeschnallt, im künftigen Büro anbringt, als sie Borowski kennenlernt. Im vergangenen Jahr jagte er noch mit Sarah Brandt (Sibel Kekilli) Verbrecher, nun tritt als deren Nachfolgerin diese junge Frau an, die sich auf eigenen Wunsch von Berlin-Neukölln an die Förde versetzen ließ. Beide ergänzen sich auf Anhieb. Zumal Mila Sahin bestens vorbereitet ist auf den aktuellen Fall, der Borowski bald immer stärker befangen macht.
"Das Haus der Geister" führt den Kommissar in seine Vergangenheit zurück. Einst verschwand die Ehefrau seines Freundes Frank (Thomas Loibl). Frank geriet in Verdacht, wurde aus Mangel an Beweisen aber freigesprochen. Inzwischen hat der Vater von Grete (Emma Mathilde Floßmann) und Sinja (Mercedes Müller) eine neue Frau (Karoline Schuch), doch die fühlt sich von Geistern bedroht: "Dieses Haus will mich umbringen." Oder woher kommen nachts plötzlich Schlinge und Hocker zum Erhängen? Borowski ermittelt bis zur Séance.
Regisseur Elmar Fischer ("Unterm Radar") und Drehbuchautor Marco Wiersch ("Der Fall Barschel") liefern einen Mix aus Psychokrimi und Mystery. Düsteres wird in Bilden von sommerlicher Leichtigkeit verpackt. Fischer: "Der Grusel steckt in jeder Blüte und summt in jeder Biene mit." Für Milberg hatte die Atmosphäre rund um das Herrenhaus auf dem Land etwas "Südfranzösisches". Angeregt vom Flair versprüht auch der Küstenkauz, farbenfroh gekleidet, Charme. Vor allem aber liefert er sich ein feines Psychoduell mit dem alten Freund. Für die neue Fallanalystin bleibt noch nicht so viel Raum.
Erst spät während der Drehbuchentwicklung stand laut Autor Wiersch fest, wer die Neue ist. Bagriacik hat ihre Filmfigur mitentwickelt: "Mir war wichtig, dass sie nicht wird wie ich, aber gern von mir inspiriert ist." Hollywoodstar Jodie Foster etwa fänden beide toll. "Sie hat so etwas Burschikoses - genau wie Mila und ich." Mila wäre gern eine Profilerin wie Foster in "Das Schweigen der Lämmer". "Es gibt auch Kommissarinnen mit French Nails und Kostümchen - Mila ist das Aussehen egal, sie ist ganz natürlich und einfach eine coole Sau."
Wie Almila hat Mila einen türkisch-deutschen Hintergrund. Türkischer Abstammung ist auch Vorgängerin Kekilli, die gebürtige Heilbronnerin verkörperte aber eine Deutsche. Milas bikulturelle Herkunft soll miterzählt werden, ohne sie zum Konfliktthema hochzuspielen, wie Sabine Holtgreve vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) erklärt. "Für die Generation, für die Mila Sahin steht, ist ihre internationale Prägung kein Grund für Identitätskrisen."
In Ankara geboren, kam Bagriacik als Fünfjährige nach Berlin. "Für mich ist es eine Form von Reichtum, beide Kulturen als Symbiose in mir vereinen zu dürfen", sagt die Schauspielerin, die eine durchgehende Rolle in einer türkischen Telenovela hatte. "Ich fühle mich in beiden Kulturen wohl und werde überall akzeptiert." Sie reagiere nicht "allergisch" auf entsprechende Rollenangebote. "Wichtig ist mir die Geschichte, die erzählt werden soll."
Menschen mit Migrationshintergrund verkörperte sie im Kino etwa im Ehrenmord-Drama "Die Fremde" (als Kekillis Schwester) und im Familienfilm "Hördur", im TV im ARD-Drama "NSU - Die Opfer" und in "4 Blocks" auf TNT Serie. Die Serie über einen arabischen Clan in Berlin geht im Herbst in die zweite Staffel. Bagriacik hofft, dass viele Fans - bald 54.000 folgen ihr etwa auf Instagram - nun auch sehen wollen, wie sie sich im "Tatort" schlägt. "So können wir vielleicht auch jüngere Zuschauer bekommen".