Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Finale in Australien Ein Sieger der Herzen übertrifft alle
![Pierre Sanoussi-Bliss: Er ist Zweitplatzierter im Dschungelcamp. Pierre Sanoussi-Bliss: Er ist Zweitplatzierter im Dschungelcamp.](https://images.t-online.de/2025/02/YKzvZGn82xah/91x0:1829x1029/fit-in/1829x0/pierre-sanoussi-bliss-er-ist-zweitplatzierter-im-dschungelcamp.jpg)
Zwei Wochen lang haben wir gelacht, geweint, geflucht ... und dann abends noch das Dschungelcamp geschaut. Emotionsgeladen war es dieses Mal nicht, dafür aber sehr anders.
Zum ersten Mal lief das Dschungelcamp in diesem Jahr schon um 20.15 Uhr und zum ersten Mal war es seinem neuen Sendeplatz entsprechend auch sehr harmonisch, man könnte fast sagen harmlos. Das liegt nicht nur semantisch dicht beieinander, sondern ging auch im australischen Busch Hand in Hand. Ganz so, als wolle man den Eindruck erwecken, zur besten Sendezeit familientauglicher werden zu können. Was schon bei "Deutschland sucht den Superstar" nicht geklappt hat, ist für den Dschungel auch eher eine mittelmäßige Idee.
- Dschungelcamp 2025: Lilly Becker ist Königin
Es wurde wenig gestritten, wenig gekämpft, wenig gegessen. Was haben die da drin eigentlich überhaupt gemacht, mag man sich fragen. Es war das erfolgloseste Camp, was das Sternesammeln anbelangt, und das erfolgreichste Camp im Hinblick auf die Anzahl der abgebrochenen Prüfungen – eine echte Gurkentruppe eben.
Ein Stern, der trägt den Namen Pierre Sanoussi-Bliss
Doch es gab auch Lichtblicke, die heller leuchteten als jeder Stern. Und ein Stern trägt den Namen Pierre Sanoussi-Bliss. Vielen war der 62-Jährige vorher gar kein Begriff. Man muss schon etwas älter sein, um "Der Alte" zu kennen und man muss gar nicht mal so schlau sein, um zu erkennen, dass Pierre der wahre König des Dschungels ist, mindestens der Herzen.
Was das Schönste am Dschungel sei, wurde er an Tag 16 gefragt. "Was richtig Schönes fällt mir hier nicht ein. Ich weiß nicht, was die anderen da sagen. Was soll denn hier schön sein?", so seine schnoddrige Antwort. Und dann fiel ihm doch noch etwas Schönes ein.
Er sei nämlich gerührt, dass man ihn so mag, wie er ist. "Das ist hier eine andere Art von Bestätigung. Es geht nicht um eine Rolle. Hier sitze ich als Mensch und bei dem, was in Deutschland alles passiert, ist das nicht ..." Da fehlten dem sonst so kaltschnäuzigen Schauspieler die Worte. Und wem geht es nicht auch manchmal so? Wer fühlt sich angesichts der Entwicklungen in unserem Land nicht auch manchmal ohnmächtig? Wem wird beim Lesen gewisser Nachrichten nicht manchmal ganz mulmig?
So mauserte sich Pierre Sanoussi-Bliss zum Favoriten
Pierre Sanoussi-Bliss bekam im Dschungelcamp nicht einmal ein "Vielleicht", musste nie wackeln, konnte sich immer genügend Anrufe der Zuschauer sichern. Er war die Überraschung dieser Staffel. Er war der Underdog. Ein Ü-60-Schauspieler, den die meisten RTL-Zuschauer, wenn überhaupt, nur vom Sehen kennen, zumal dieser Name ja auch wirklich nicht so einfach ist. Kommen sehen hatte man das nicht: Dass dieser Mann unglaublich treffsicher ist und mit seinen Worten Situationen im Camp messerscharf einordnen kann und vor allem eins ist: sehr lustig.
Somit mauserte sich Pierre Sanoussi-Bliss rasch zum Favoriten. Überrascht hatte ihn das selbst am meisten. "Es stellt sich mitunter anders dar, wenn man diese hässlichen Kommentare ständig liest von irgendwelchen Leuten, die einen blutig gepeitscht durch Brandenburg treiben wollen", erklärt er. "Du denkst dir dann: Was habe ich denen getan, ich habe ein paar Pigmente mehr. Mehr ist es doch nicht!"
Während also zum Beispiel Alessia Herren am letzten Tag im Dschungelcamp gedanklich schon eine Oscar-Dankesrede vorbereitet, weil sie es nun endlich schafft, "komplett allein auf die Toilette" zu gehen: "Dafür bin ich einfach so dankbar!" oder Maurice Dziwak der festen Überzeugung ist, die Leute hätten nur nicht für ihn angerufen, weil RTL da was nicht richtig geschnitten habe, wird Pierre Sanoussi-Bliss klar, dass es Menschen gibt, die ihn so mögen, wie er ist. Und das, bei all den "Fuzzies, die sich zusammenschließen und von 'Remigration' reden", wie er sagt, und obwohl er sich sicher ist, dass er es "wahrscheinlich nicht mehr erlebt, dass sich das ändern wird". Umso glücklicher sei er "im letzten Drittel meines Lebens", über die Bestätigung, "dass es da draußen Menschen gibt, die anders ticken".
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Gewonnen hat am Ende trotzdem Lilly Becker. Das war zwar weniger überraschend als der Allein(stuhl)gang von Alessia Herren, aber auch irgendwie genauso in Ordnung. Und Pierre Sanoussi-Bliss? Der hat sich schon ganz zu Beginn der Show selbst als "alt", "schwul" und "Ossi" beschrieben und kann seit Sonntag noch ein weiteres Merkmal in seine Liste mit aufnehmen: Dschungelkönig der Herzen.
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