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Corona-Chaos beim "Tatort"-Dreh: "Das war ein Schock"


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"Tatort"-Star Anna Herrmann zum Dreh unter Corona
"Ich hatte Angst, dass der Film nie fertig wird"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

11.02.2021Lesedauer: 5 Min.
Anna Herrmann: Im "Tatort" spielt sie Marie, die Freundin des Mordopfers, die nach der Tat alleingelassen durch Ludwigshafen irrt.Vergrößern des Bildes
Anna Herrmann: Im "Tatort" spielt sie Marie, die Freundin des Mordopfers, die nach der Tat alleingelassen durch Ludwigshafen irrt. (Quelle: SWR/Jacqueline Krause-Burberg)

Der erste "Tatort", der wegen Corona unterbrochen werden musste, läuft am Sonntag im Fernsehen. Im März 2020 waren die Ängste aller ARD-Beteiligten noch groß. Ein Gespräch über skurrile Herausforderungen und eine Branche im Pandemiebetrieb.

Inzwischen arbeitet die Filmbranche wie selbstverständlich mit Hygienekonzepten, um während der Corona-Pandemie den Nachschub an neuen Produktionen aufrechtzuerhalten. Abstand, Maske, Corona-Tests: Alltag bei Dreharbeiten in ganz Deutschland. Vor gut einem Jahr sah das noch völlig anders aus – und mündete im März 2020 in einen abrupten Abbruch der Dreharbeiten des SWR-Krimis "Tatort: Hetzjagd".

Anna Herrmann ist der Star dieses Films, in dem Lisa Bitter und Ulrike Folkerts den Mord an einem linken Konzertveranstalter untersuchen, der in der rechten Szene viele Feinde hat. Im Interview mit t-online spricht die 29-Jährige ausführlich über eine Branche, die sich angesichts des Coronavirus dauerhaft im Ausnahmezustand befindet.

t-online: Mitte März haben Sie auf Ihrem Instagramaccount den Satz gepostet: "Fingers crossed that we can finish it". Ein Bild ist zu sehen, auf dem Sie mit dem Team des SWR-"Tatort" am Set stehen. Kurze Zeit später mussten wegen Corona die Dreharbeiten unterbrochen werden. Wie war das?

Anna Herrmann: Das war schon ein Schock. Ich steckte voll in meiner "Tatort"-Rolle und fuhr jeden Tag nach den Dreharbeiten ins Hotel und schaltete den Fernseher ein. Auf jedem Kanal kam etwas über das Coronavirus. Ich konnte überhaupt nicht ruhig bleiben. Es war schwierig, sich auf den Film und auf meine Rolle zu konzentrieren.

Mitte März wurde die Situation immer bedrohlicher. Am 22. März trat schließlich der erste Lockdown in Deutschland in Kraft.

Die Medien haben minütlich neue Meldungen verschickt. Auch in meinem Freundeskreis wurde es wild: Keiner ist mehr zur Arbeit gegangen. Nur ich bin weiterhin ans Set und habe mit meinen "Tatort"-Kollegen weitergearbeitet. Unser Regisseur gab sich beste Mühe, diesen ganzen Wahnsinn unter Kontrolle zu halten. Wir hatten die Hoffnung, dass wir das in den Griff bekommen und den Film zu Ende drehen können.

Doch daraus wurde nichts. Die Dreharbeiten mussten eingestellt werden.

Genau, das kam von ganz oben. Plötzlich stand der SWR eines Morgens am Set und meinte, wir müssten die Produktion abbrechen.

Wie haben Sie diese Situation erlebt? Was hatten Sie gerade gemacht?

Wir wurden kurz zuvor alle fertig gemacht: komplett geschminkt und angezogen. An diesem Tag stand eine meiner schwierigsten Szenen an, in der ich komplett aufgelöst bin und weine. Dementsprechend fokussiert war ich an dem Tag. Ich war schon komplett im Kostüm und wurde aus der Maske geholt. Dann standen dort alle am Set versammelt und es wurde der Abbruch verkündet und es hieß, wir müssen alle sofort nach Hause fahren.

Nach Hause? Für Sie heißt das: nach Berlin.

Wir mussten schnell in unser Apartment, Sachen packen und ab ins Auto. Ich hatte Glück, dass Ulrike Folkerts mich mitgenommen hat. Denn wir durften nicht mit dem Zug fahren, weil es hieß, das Ansteckungsrisiko sei zu groß. Ich hatte plötzlich Angst und habe meine Agentin angerufen, weil ich wissen wollte, wie es jetzt weitergeht. Aber keiner wusste das zu dem Zeitpunkt.

Gab es gemischte Gefühle darüber, dass der "Tatort" abgebrochen wird?

Viele waren erleichtert, weil nun endlich Klarheit herrschte. Aber es waren auch einige, so wie ich, verunsichert und traurig, dass der Film abgebrochen wurde. Ich persönlich hatte Angst, dass der Film womöglich nie fertiggestellt wird.

Lag das vielleicht daran, dass diese Rolle für Sie eine ganz besondere Chance ist?

Für mich ist das ein Sprungbrett! Eine Hauptrolle im "Tatort", da möchte man zeigen, was man kann. Ich hatte also monatelang die Sorge, dass dieser Film überhaupt fertig wird. Ich habe mich dann hingesetzt und die Drehtage gezählt. Ich stellte fest: Mehr als die Hälfte der Drehs war schon im Kasten. Ich war mir sicher, dass ein Komplettabbruch nun nicht mehr möglich ist.

Im Juli ging es dann zu Ihrer Erleichterung weiter. Nur: Die Jahreszeit war plötzlich eine andere. Wie wirkte sich das auf die Dreharbeiten aus?

Das war merkwürdig, denn der "Tatort" ist ein Winterfilm und alle Figuren tragen Winterklamotten. Die mussten wir nun auch im Hochsommer anbehalten und ich habe so viel geschwitzt wie noch nie.

Man sieht dem "Tatort" an, dass Ihr mit Abstand agieren musstet. Wie habt Ihr das realisiert?

Wir hatten einen Corona-Beauftragten, der ist die ganze Zeit mit einem Maßband umhergelaufen und hat kontrolliert, ob wir 1,50 Meter Abstand halten. Das war seltsam, weil auch die Kameraleute und die Crew den Abstand halten mussten. Alle standen weit voneinander entfernt, die Kamera musste heranzoomen und ich hatte ständig den Drang, lauter zu sprechen – durfte aber nicht.

Führten diese neuen Bedingungen zu einer gewissen Anspannung am Set?

Es war nicht mehr so locker wie vorher, auf jeden Fall. Eine gewisse Anspannung war auch einfach da, weil an solch einer Produktion riesige Gelder hängen.

Hygienemaßnahmen sind ein Kostenfaktor, das stimmt. Hat das zu Veränderungen geführt? Wurden Szenen gekürzt oder gab es weniger Drehtage, weil das Budget eingehalten werden musste?

Ja, wir mussten Szenen schneller im Kasten haben und hatten nicht mehr so viel Zeit. Meine erste Hauptrolle im "Tatort", Millionenpublikum und ich habe nur wenige Takes, um die Szene zu spielen: Dieser Druck war wirklich groß.

Diese Rolle, Sie sagten es bereits, ist eine große Chance für Ihre Karriere. Und ausgerechnet dann kommt Corona: Glauben Sie an Schicksal?

(Lacht) Ich fand das anfangs gar nicht lustig, ich war richtig niedergeschlagen. Gerade diese große Rolle, diese Chance im "Tatort", verlangt mir derart viel ab. Ich musste teilweise Szenen, in denen wir eigentlich zu dritt zu sehen sind, allein spielen. Ich habe mich dann entschieden, ein Coaching zu machen, um die Szenen, die nun unter Corona-Bedingungen anders gedreht werden mussten, einzuüben. Die Bedingungen waren echt hart.

Seitdem haben Sie noch zwei weitere Projekte unter Corona-Bedingungen gedreht. Ist diese Anspannung immer noch groß bei Dreharbeiten?

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Ich bin vor allem immer froh, wenn ich angedreht bin und nicht befürchten muss, die Rolle wieder zu verlieren. Vor allem wegen Corona kann es bei positiven Tests schnell vorkommen, dass eine Figur umbesetzt wird.

Was einen Verdienstausfall bedeuten würde und Sie sind vermutlich auf das Geld angewiesen?

Ja, total. Die zwei Filme für das ZDF, "Luft zum Atmen" und "Fritzi – Der Himmel muss warten", waren mir sehr wichtig. Ich habe mich für die Zeit der Dreharbeiten komplett isoliert. Jeder potenzielle Kontakt könnte eine Ansteckung bedeuten und schon wäre meine Beschäftigung weg. Deshalb war ich sehr viel allein in dieser Zeit.

Nur allein oder auch einsam?

Nein, einsam bin ich nicht. Aber ich bin ein sehr sozialer Mensch und normalerweise bin ich viel unterwegs und gerne unter Menschen. Und dennoch: Meine Arbeit ist mir wichtig, deshalb konnte ich das Risiko nicht eingehen, unvorsichtig zu sein.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Anna Herrmann
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