Sehenswerter ZDF-Dreiteiler "Ku'damm 56" Sanfte Rebellion gegen Prüderie und Spießigkeit
Die Jugend probt die die sanfte Rebellion, die Alten beharren auf konservativen Werten. Mit dem sehenswerten Dreiteiler "Ku'damm 56" entführt das ZDF (20. März, 20.15 Uhr) den Zuschauer ins Westberlin des Jahres 1956. In eine Welt der biederen Spießigkeit und des Wirtschaftswunders, über der noch die dunklen Schatten der NS-Vergangenheit schweben und in der sich doch ein Aufbruch in eine freiere Zeit ankündigt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Familie Schöllack. Mutter Caterina (Claudia Michelsen) leitet die gut gehende Tanzschule "Galant". Ihre Tanzkurse führt sie mit militärischem Drill. Hier herrschen Sitte und Anstand. Wer mit ungewaschenen Händen oder ungebügeltem Hemd erscheint, wird aus dem Unterricht entfernt. Bei der Erziehung ihrer drei Töchter setzt sie dieselben Maßstäbe an.
Standesgemäße Hochzeit für die Töchter
Ziel ist es, Helga (Maria Ehrich), Eva (Emilia Schüle) und Monika (Sonja Gerhardt) standesgemäß zu verheiraten. Bei der Ältesten gelingt das. Helga ehelicht einen angehenden Staatsanwalt (August Wittgenstein). Eva tut alles, um sich den deutlich älteren Arzt und Professor Jürgen Fassbender (Heino Ferch) zu angeln. Nur Monika, die Jüngste, macht Probleme. Sie versagt auf der Haushaltsschule und tanzt lieber Rock'n'Roll als Walzer. Als Mutter Schöllack die Möglichkeit sieht, Monika mit dem Fabrikantensohn Joachim Frank (Sabin Tambrea) bekanntzumachen, vergewaltigt dieser die junge Frau.
Aus dieser Konstellation zeichnet "Ku'damm 56" ein gelungenes Sittenbild des Deutschlands der 50er Jahre. Junge Frauen gehen auf die Haushaltsschule, junge Männer zum Gesellschaftsunterricht. Demütigung wird als probate Erziehungsmethode angesehen. Das bleibt natürlich nicht ohne Widerstand. Und so wagen die jungen Erwachsenen vorsichtige Ausbrüche aus einem Umfeld der Enge, der Prüderie und des bürgerlichen Miefs. Während die Alten den alten Zeiten nachhängen.
Treffende Aussagen über jene Zeit
"Ich passe nicht in die Zeit. Ich bin nur wütend", sagt das Fabrikantensöhnchen, das es nicht schafft, sich vom übermächtigen Vater loszulösen, aber viel lieber wie sein Idol James Dean wäre.
"Wir müssen uns erst daran gewöhnen, dass wir das jetzt dürfen", sagt Helga nach der missglückten Hochzeitsnacht zu ihrem Mann, nicht wissend, dass der schwul ist. 1956 noch ein Grund, ins Gefängnis zu wandern.
"Bitte lächeln und nicht an den verlorenen Krieg denken", sagt der Hochzeitsfotograf, um die feine Gesellschaft zum Lächeln zu bringen.
"Spielen Sie keine Negermusik", fordert Caterina Schöllack die Hochzeitskapelle auf.
Tolle Ausstattung, exzellenten Schauspieler
Beeindruckend ist das äußerst präzise Zeitkolorit und die Ausstattung des Dreiteilers. Man fühlt sich wirklich in jene Ära hineinversetzt, wenn auf dem Berliner Kurfürstendamm Autos und alte Doppelstockbusse fahren sowie Reklame aus den 50ern leuchtet. Auch die Kleidung, die Wohnungseinrichtungen und die Haushaltsgeräte sind perfekt ausgewählt.
Dazu ist die Geschichte packend erzählt. Die exzellenten Schauspieler tragen dazu eine großen Teil bei. Allen voran Claudia Michelsen als konservative Tanzlehrerin und strenge alleinerziehende Mutter.
Frauenbild der 50er
Denn es ist vor allem das heute antiquiert wirkende Frauenbild der 50er Jahre, das hervorragend dargestellt wird. Frauen gehören an den Herd, sollen Kinder kriegen und dem Manne dienen. Sie dürfen quasi nichts alleine entscheiden.
Das Einschalten lohnt sich also, auch wenn der erste Teil am Sonntag (20. März, 20.15 Uhr, ZDF) gegen den "Tatort" läuft. Die weitere Sendetermine sind Montag, 21., und Mittwoch, 23. März, jeweils um 20.15 Uhr.
Das war das Jahr 1956 |
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