"Tatort: Einmal wirklich sterben" Mordverdächtige läuft Batic und Leitmayr den Rang ab
Zu granteln hatten die Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) in ihrem neuen Fall "Einmal wirklich sterben" nicht viel. Denn dieser "Tatort" war weniger Krimi als Psychodrama, bei dem die beiden Münchener Altstars von ihrer Hauptverdächtigen schon fast in eine Nebenrolle gedrängt wurden.
Düster und bedrückend ging es in diesem Fall zu, humorige Szenen konnte man an einer Hand abzählen. Angesichts des schweren Themas war das aber auch nachvollziehbar.
Ausgangspunkt war Daniel Ruppert (Harald Windisch), der vor 15 Jahren seine Familie auslöschte und nur seine damals siebenjährige Tochter Ella verschonte. Diese versuchte seitdem - erfolglos - das Trauma zu überwinden und wollte nun offenbar Rache nehmen. Jedenfalls finden Batic und Leitmayr zu Beginn des Krimis Ruppert angeschossen, seine Lebensgefährtin tot und deren keinen Sohn Quirin (Florian Mathis) entführt vor. Starker Tobak, den "Tatort"-Regisseur Markus Imboden aber durchaus glaubhaft inszenierte.
Krimi als Rahmen für das Drama
Die typische Krimihandlung bildete dabei eher den Rahmen für das doppelte Familiendrama um Ella (Anna Drexler), die sich inzwischen Emma nannte und seit einer zufälligen Begegnung mit ihrem Vater im Zoo endgültig aus dem seelischen Gleichgewicht geraten war.
Dabei erzählte der Regisseur das Drama auf zwei Ebenen: Emmas aktuellen Ausnahmezustand verknüpfte er immer wieder geschickt mit Rückblenden aus ihrer albtraumhaften Erinnerung an die Gewalttat ihres Vaters vor 15 Jahren - was die Parallelen zwischen den beiden nur umso deutlicher machte.
Immer einen Schritt hintendran
Emmas emotionales Trauma, ihr Tanz am Rande des Abgrunds, die Frage, ob sie nun abgedrückt hat oder nicht, und was sie sich und ihrem Entführungsopfer Quirin antun könnte, machten bis zum tragischen Schluss den Reiz des "Tatorts" aus.
Batic und Leitmayr sowie ihren Kollegen, Fallanalytikerin Christine Lerch (Lisa Wagner) und Assistent Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer), fiel dabei eher die Aufgabe zu, die Puzzlesteine zusammenzusetzen und - teilweise zu langatmige - Hintergrundinformationen zu liefern. Was die Handlung anging, waren sie konstant einen Schritt hintendran.
Mehr Aufmerksamkeit für Nebenfiguren
Wenn man etwas kritisieren will, dann, dass vor lauter Fokus auf das Drama in der Krimi-Rahmenhandlung die Spannung etwas auf der Strecke blieb und manche Szenen sich unnötig in die Länge zogen. Auch das Auftauchen des dem Alkohol zugeneigten Ermittlers im Ruppert-Familiensuizid hätte man sich sparen können.
Stattdessen hätte anderen Nebenfiguren mehr Aufmerksamkeit gut getan. Wie ist es beispielsweise Daniel Ruppert gelungen, nach so einer abscheulichen Tat ein neues Leben aufzubauen und eine Familie zu finden? Welchen Hintergrund hat Lissy Berger (Andrea Wenzl), die so viel Einfluss auf ihre Freundin Emma ausübte und ihr mehr half, als eigentlich gut war? Diese Fragen blieben offen.
Anna Drexler: verstörend gut
Dafür entschädigte aber Anna Drexlers herausragendes, eindringliches Spiel. Ihr gelang es hervorragend, Emma gleichzeitig als völlig unberechenbare Täterin und hilfloses Opfer darzustellen und die Zuschauer damit bis zum Schluss zu fesseln. Und das, obwohl sie in den 90 Minuten - leider - gar nicht so oft im Vordergrund stand. Dem Eindruck, den sie hinterließ, tat das aber keinen Abbruch.