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Duell Höcke gegen Voigt: Wer hat denn nun gewonnen? Ein Pro & Kontra


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

TV-Duell mit Folgen
Ade, AfD-Achillesferse!


12.04.2024Lesedauer: 1 Min.
Voigt versus Höcke: Wer hat gewonnen?Vergrößern des Bildes
Voigt versus Höcke: Wer hat gewonnen? (Quelle: Imago)
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Nach dem TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt hat sich der Pulverdampf verzogen. Deutschland diskutiert nun, wer gewonnen hat. Und über das Duell an sich.

Duellieren sich zwei Revolverhelden in einem Western, liegt hinterher der eine im Staub und der andere zündet sich eine Zigarette an. Nach dem TV-Duell zwischen AfD-Landeschef Björn Höcke und CDU-Landeschef Mario Voigt scheiden sich die Geister, wer der Sieger ist. Beide konnten sich zeigen, sich zu einzelnen Themen äußern. Hunderttausende konnten ihnen dabei ins Gesicht schauen. Standen sie nun auf der Bühne? Oder lagen sie auf dem Grill? Das führt zu der Frage:

War das TV-Duell der richtige Umgang mit der AfD?

Pro
Philipp Michaelis
Philipp MichaelisBereichsleiter Aktuelles

Ja, denn gewonnen hat der Zuschauer, nicht Höcke

Ja, Björn Höcke durfte live und in Farbe seine kruden Thesen herausposaunen und seine Scharade vom potenziellen Landesvater aller Thüringer aufführen. Aber das Megafon des AfD-Landesverbandes, der als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, hat das TV-Duell nicht gewonnen. Im Gegenteil.

Die wahren Sieger sind wir alle, die wir ihm ins Gesicht schauen konnten. Geschenkt, dass er ein paar Punkte gemacht hat in Bezug auf seinen hochgefährlichen Satz, "Europa muss sterben". Die traurige Wahrheit ist ja: Nicht alles, was aus Brüssel kommt, hat Hand und Fuß.
Wo wir bei Körperteilen sind: Mario Voigt hat ihn nicht nur bei diesem Thema achtbar am Kragen gepackt. Je schärfer die Moderatoren Tatjana Ohm und Jan Philipp Burgard nachhakten, je nervöser Höckes Augen hin- und herzuckten, je aufgesetzter seine Reichskanzler-Pose mit der Hand am Kinn wirkte, desto breiter wurde die Brust des CDU-Mannes. Am Ende war es der bis dato selbst in Thüringen kaum bekannte Spitzenkandidat Voigt, der die Bühne beherrschte: Ruhig, ordentlich vorbereitet, Höckes Attacken wie dessen vergiftete Angebote zur Zusammenarbeit lässig konternd.

Sein Mut – und der des Senders – sich auf diesen Showdown einzulassen, waren berechtigt. Höcke entzauberte sich zusehends. "Alles für Deutschland" ist eine SA-Parole: Will der gelernte Geschichtslehrer nicht gewusst haben. Lächerlich! Seine rassistischen Ausfälle gegenüber Bundestagsvizepräsidentin Özoğuz: Er habe den Kontext vergessen, in dem er sie geäußert hat. Peinlich! Großbritannien geht es seit dem Brexit besser? Please! Mit "Remigration" war die Rückkehr Deutscher in die Heimat gemeint? Das kauft Höcke nicht mal der entschlossenste AfD-Wähler ab.

Trotz allen Puders war Höcke am Ende abgeschminkt und demaskiert: als doppelgesichtiger Faktenverdreher. Als rhetorischer Hütchenspieler mit lausigen Ausreden. Als Feind Europas, und damit als eine Bedrohung für Deutschland. Das konnten alle erkennen, die sich das Duell unvoreingenommen angeschaut haben.

Dieser klare Blick in sein wahres Gesicht ist nur möglich, wenn Höcke ins Spotlight gerückt wird. Das Licht mag uns in den Augen wehtun. Aber es entlarvt. Wir sollten den Zuschauern zutrauen, Höcke dann als das zu erkennen, was er ist: ein gefährlicher Faschist. Ihn im Dunkeln zündeln zu lassen und totzuschweigen, das hat ihn erst stark gemacht.

Kontra
Steven Sowa
Steven SowaStellvertretender Unterhaltungschef

Nein, es trug zur Normalisierung des Extremen bei

Wenn man besonders gnädig ist, kann das Urteil lauten: Mario Voigt ist jetzt mehr Menschen ein Begriff. Oder haben Sie diesen Namen zuvor schon einmal gehört? Insofern dürfte die CDU Thüringen nach dem Duell mit AfD-Mann Björn Höcke zufrieden sein.

Doch das darf nicht das Ziel sein. Es spielt keine Rolle, was die CDU will, welche Strategie die Konservativen mit der Höcke-Voigt-Show verfolgt haben. Hier geht es um viel mehr. Nicht umsonst hatte die Sendung ein Millionenpublikum, nicht ohne Grund berichteten alle großen Medienhäuser umfassend davon. Ob bei Voigts Großmutter russische Panzer vorbeirollten, es nun Mettbrötchen oder Hackepeter heißt: alles geschenkt.

Im Kern dreht sich die Frage darum, wie wir mit der AfD umgehen – und vor allem mit einem Faschisten wie Björn Höcke. Nach diesem Fernsehabend haben wir ein Negativbeispiel mehr: So jedenfalls geht es nicht. Wir können keinen unerfahrenen, rhetorisch nur bedingt talentierten Politiker der zweiten Reihe gegen einen Mann in den Ring schicken, der in Thüringen 30 Prozent der Stimmen erreichen könnte und bundesweit als eines der bekanntesten Gesichter der AfD gilt. Das ist gefährlich-naiv.

Höcke konnte Voigt in Wirtschaftsfragen und beim Thema EU in Bedrängnis bringen, ihn immer wieder plump unterbrechen, seine Argumente übertönen. Die AfD-typischen Propagandamittel verfingen, der CDU-Mann agierte aus der Defensive. Der Eindruck: Selbst die vermeintliche Achillesferse der AfD, die Realpolitik, ist keine Schwachstelle mehr. Wie fatal.

Die wenigen Punkte, die Voigt machen konnte (der sehr gute Krankenhaus-Vergleich beim Fachkräftemangel), reichen nicht zu einem K.o. in diesem TV-Boxring. Es war schlicht zu wenig. Höcke lachte nur. Mehr noch: Er inszenierte sich unwidersprochen als großherziger Familienvater, beklagte auf groteske Art die angeblich bedrohte Meinungsfreiheit und stilisierte sich wieder einmal als vermeintliches Opfer.

Die Moderation fuhr ihm dabei nur unzureichend in die Parade, Faktenchecks waren quasi nicht existent, stattdessen durfte Höcke mehrfach auf seine eigene Social-Media-Abteilung verweisen. Am Ende sahen Millionen Deutsche einen Mann, der nicht komplett zu Boden ging, der im Gegenteil auch noch punkten konnte. Dieses TV-Duell lässt Höcke gesellschaftsfähiger erscheinen als vorher. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie solche Bühnen weiter zur Normalisierung des Extremen beitragen.

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
  • WELT TV: Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt
  • Eigene Beobachtungen
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