"Das Supertalent" wird zum Prüffall RTL muss wegen bizarrer Flötenszene Rechenschaft ablegen
"Das Supertalent" ist am Samstag mit einem Aufreger in die neue Staffel gestartet. Jetzt gerät RTL deswegen in Erklärungsnot – und könnte zur Kasse gebeten werden.
Im Fernsehen gibt es Regeln. Nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen, auch die privaten TV-Sender können nicht einfach jede Geschmacklosigkeit ausstrahlen oder Anstößiges auf die Bildschirme bringen. Vor allem mit Blick auf jüngere Zuschauer gibt es strengen Vorgaben. Dessen ist sich auch RTL bewusst. Genau aus diesem Grund hatte der Sender beim Auftakt seiner neuen "Supertalent"-Staffel am Samstag eine Szene zensiert.
Und doch wirft dieser Auftritt Fragen auf. Eine Australierin hatte vor Millionenpublikum mit ihrer Vagina Flöte gespielt – sehr zur Irritation der Jury und des TV-Publikums. Zumal sich die betreffende Künstlerin Beatrice McQueef auf der Bühne untenherum entblößte, um sich das Musikinstrument für ihre Darbietung einzuführen. Minderjährige mussten deshalb das Studio verlassen, die intimen Körperzonen wurden für die Ausstrahlung unkenntlich gemacht.
Der zum Bertelsmann-Konzern gehörende Privatsender erklärte auf Nachfrage der "Süddeutschen Zeitung", ihnen sei bewusst gewesen, "dass der Auftritt von Beatrice McQueef bei 'Das Supertalent' unterschiedliche Reaktionen hervorrufen könnte". Doch man habe nicht auf das "ungewöhnliche Talent, die Blockflöte durch Akrobatik und den Einsatz ihres Beckenbodens zu spielen", verzichten wollen. Schließlich sei das "einzigartig und zeigt, dass 'Das Supertalent' Raum für vielfältige Darstellungen bietet".
RTL droht nun ein Bußgeldverfahren
Die zuständige Landesmedienanstalt sieht das offenbar anders. Es hat "Das Supertalent" jetzt offiziell zum Prüffall erklärt. Auf Anfrage von t-online bestätigt Professor Christian Krebs, Direktor des Instituts in Niedersachsen: "Ja, die Niedersächsische Landesmedienanstalt prüft diese Szene."
Die Szene wird juristisch und unter Gesichtspunkten der Medienwirkung auf Kinder und Jugendliche bewertet.
Christian Krebs
Für RTL kann das nun Konsequenzen bedeuten. Die Landesmedienanstalt lasse seit Sonntag von ihrem Team für Jugendschutz untersuchen, ob "unter juristischen und medienwirkungsanalytischen Gesichtspunkten" Verstöße vorlägen. Unter anderem könnten "Bestimmungen des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien" betroffen sein.
Sollte das der Fall sein, wird die "Supertalent"-Szene der Kommission für Jugendmedienschutz vorgelegt – und diese könnte konkrete Maßnahmen ergreifen. Christian Krebs nennt hierfür die "Beanstandung der Ausstrahlung oder ein Bußgeldverfahren".
Die deutschen Landesmedienanstalten
Jedes Bundesland in Deutschland hat eine solche Aufsichtsbehörde für private Radio- und Fernsehprogramme. Obwohl sich die Sendezentrale von RTL in Köln befindet, ist nicht die Medienanstalt NRW für den Sender zuständig. Die Sendelizenz kann in Deutschland bei jeder Medienanstalt beantragt werden, unabhängig vom Firmensitz. RTL hat sich vor Jahrzehnten für Niedersachsen entschieden.
Krebs erläutert das Vorgehen so: "Die Szene wird juristisch und unter Gesichtspunkten der Medienwirkung auf Kinder und Jugendliche bewertet. Danach wird feststehen, ob die Landesmedienanstalt hier einen Anfangsverdacht für einen Verstoß sieht." Auch der Sender sei mit der Situation bereits konfrontiert worden, RTL muss nun Rechenschaft ablegen. "Wir haben den RTL-Jugendschutzbeauftragten um seine Einschätzung der Szene gebeten", erklärt Christian Krebs t-online und fügt an: "Das Ergebnis sollte spätestens am Mittwoch vorliegen."
Dann wird feststehen, ob RTL seinem Anspruch, in Zukunft seriöser werden zu wollen, nachkommt und dafür künftig womöglich strengere Regeln ausrufen sollte. Schließlich gilt "Das Supertalent" im Portfolio des Senders als Unterhaltungssendung für die ganze Familie.
- RTL: "Das Supertalent" vom 27. Januar 2024
- Eigene Anfrage an die Landesmedienanstalt
- sueddeutsche.de: "Haftet RTL für unsere Kinder?"
