Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Schüchtern lächelnd in Offenbach War das jetzt der echte Johnny Depp?
Zuletzt wurde an Johnny Depps Glaubwürdigkeit gezweifelt. Jetzt tritt er als Musiker auf – und die Frage nach seiner Authentizität löst sich in Luft auf.
Der Verleumdungsprozess um Johnny Depp und seine Ex-Frau Amber Heard ist immer noch in den Köpfen präsent. Es ging dabei auch um Glaubwürdigkeit. Wer log, wer erzählte die Wahrheit? Schwierig, vor allem, weil man es mit professionellen Schauspielern zu tun hatte. Waren die Anhörungen mehr Inszenierung als alles andere, fragte man sich.
Doch ist das nicht immer die Frage bei unantastbaren Weltstars? Wie ticken sie wirklich? War das der "wahre" Johnny Depp, den wir im Gerichtssaal gesehen haben oder sein Auftritt reines Kalkül? Dies lässt sich auch im Nachhinein nicht beantworten.
Doch bei seinem Auftritt mit Musiklegende Jeff Beck in Offenbach am Main steht die Aufrichtigkeit mit einem Mal außer Frage. Natürlich ist ein Konzert auch eine Show, doch am Mittwochabend fühlen sich die Fans dem Filmstar nah wie nie. Sie bekommen nicht Jack Sparrow oder Grindelwald zu Gesicht, auch nicht den Mann, der im Gerichtssaal versuchte, die Jury auf seine Seite zu ziehen. Hier bekommen die Besucher einfach Johnny Depp. Den Mann, der bereits in jungen Jahren die Leidenschaft zur Musik entdeckte und von einer Karriere als Rockstar träumte.
Das hat nichts mit Hollywood zu tun
Das Event in Offenbach hat trotz Depps Anwesenheit auch rein gar nichts mit Hollywood zu tun. Die Stadthalle ist klein, zumindest zu klein für Weltstars. Nur rund 3.800 Menschen finden dort Platz. Von außen wirkt sie fast wie eine Turnhalle. Betritt man sie, kann man kaum glauben, dass gleich Jeff Beck und Johnny Depp auftreten sollen und nicht das jährliche Schulmusical aufgeführt wird.
Um 20 Uhr kommt Jeff Beck auf die Bühne, spielt mit der Band die ersten Lieder, ehe sein "special guest" dazukommt. Der tosende Applaus und das Geschrei bestätigen: Viele sind vor allem hier, um Johnny Depp live zu erleben. Handys werden gezückt, schrille "Johnny!"-Schreie sind zu hören.
Der 59-Jährige bleibt seinem rockigen Look an diesem Abend treu: Ein hochgekrempeltes Hemd, das freien Blick auf seine tätowierten Unterarme gewährt, darüber eine Weste, zudem Boots, eine getönte Brille und Handgelenke voller Armbänder. Er wirkt so locker und lässig wie Beck, immer mal wieder lächeln sich die Freunde entspannt über ihre Gitarren hinweg an.
Er will nicht der Star des Abends sein
Einige Zuschauer schwärmen nach dem Konzert. Er wirke total sympathisch, eine Besucherin spricht von seiner tollen Aura. Von Starallüren keine Spur – im Gegenteil: Es scheint, als wolle er gar nicht im Vordergrund stehen, obwohl er als Leadsänger auftritt. Immer wieder rückt er weg von der Bühnenmitte, macht Platz für Jeff Beck. Sein Lächeln ist fast schüchtern, nur hin und wieder wirft er ein verschmitztes Grinsen in die erste Reihe.
Depp interagiert darüber hinaus kaum mit dem Publikum, sucht nicht explizit nach Applaus. Darum geht es ihm vielleicht auch nicht. Bei tosendem Jubel fasst er sich zwar dankbar, fast demütig an die Brust, doch die nächste Bewegung zeigt stets in Richtung seines Kollegen. Fast so, als würde er sagen wollen: "Feiert ihn, er ist der eigentliche Star hier."
Nach knapp anderthalb Stunden ist das Konzert vorbei. Nach einer kurzen Zugabe bedanken und verabschieden sich die beiden Stars. Dass sie großartig gefeiert werden, lassen sie gar nicht zu. Das wars. Das war der große Johnny Depp auf der kleinen Bühne.
Er macht es einfach richtig
Johnny Depp vermittelt der Welt gerade: Er macht weiter, er blickt nach all dem Trubel und den Schlagzeilen nach vorne. Während Amber Heard nach dem Urteil in einem Interview weiterhin versucht, ihren Ruf zu retten, kehrt ihr Ex-Mann zu seiner Leidenschaft und seinen Fans zurück.
Dabei schlüpft er nicht in die nächste Filmrolle, sondern setzt auf das, was es braucht, um Menschen zu begeistern. Auf das, was ihm durch den Prozess ein Stück weit abhandengekommen war: Authentizität. Die hätte er mit dem nächsten Millionendeal in Hollywood vielleicht nicht so leicht zurückerlangen können.
Natürlich nimmt er als Musiker ebenfalls eine Rolle ein – aber auf der Bühne ist die Nähe zu den Fans größer als am Rande eines roten Teppichs oder beim Schauen seiner Filme. Als Johnny Depp die eindringlichen Lyrics "I don't believe in humans anymore" oder "completely free" singt, ist man als Zuschauer bei ihm. Man glaubt ihm das.
- Eigene Beobachtungen