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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Jemand hat mich weiterleben lassen" So schonungslos sprach Hardy Krüger über den Tod
Mit dem Tod von Hardy Krüger hat einer der größten deutschen Filmstars für immer die Bühne verlassen. Die Legende selbst hat das Ableben nie gefürchtet. Emotional, aber ohne Scheu sprach Krüger über das Sterben.
"Mit dem Tod bin ich aufgewachsen, ich hatte mich an ihn gewöhnt." Ein Satz, so markerschütternd wie schonungslos, so einfach wie einprägsam. Hardy Krüger wählte diese Worte in einem Interview kurz vor seinem 90. Geburtstag auf die Frage, ob er sich vor dem Tod fürchte. Im Jahr 2018 war das – und die Antwort war eindeutig: Nein, das Sterben war für ihn kein Grund zur Sorge.
Jetzt ist der Filmstar tot. Er verstarb im Alter von 93 Jahren in seiner Wahlheimat Palm Springs im US-Bundesstaat Kalifornien. Seine dritte Ehefrau, Anita Park, bestätigte sein Ableben. Bereits am Mittwoch, dem 19. Januar 2022, sei Krüger gestorben.
"So viel Glück kann ein einzelner Mensch gar nicht haben"
Blickt man nun, vier Jahre später, auf Krügers Aussagen von 2018, liegt die Annahme nahe, dass die Legende des deutschen Films den Tod mit Fassung nahm. Denn der gebürtige Berliner hatte ein ereignisreiches Leben voller filmreifer Höhe- und Tiefpunkte gelebt. Fronteinsätze im Zweiten Weltkrieg, Bombenkrieg, Todesurteil und Erschießungskommando inklusive. Er sei dem Tod so einige Male von der Schippe gesprungen, betonte Krüger und meinte: "So viel Glück kann ein einzelner Mensch gar nicht haben."
Tatsächlich waren es vor allem die Erfahrungen der Naziherrschaft und sein damit einhergehender Kriegseinsatz, die ihn den Rest seines Lebens beschäftigten – und die er 2018 lesenswert in "Ein Buch von Tod und Liebe" verarbeitete. Dem "Spiegel" erzählte er damals zur Veröffentlichung seines Werkes, wie knapp er dem Tod im Frühjahr 1945 entkam. Er wurde mit der Waffen-SS-Division "Nibelungen" an die Front versetzt und kämpfte dort gegen die Amerikaner, die er so verehrte.
Krüger über Krieg: "Ich konnte doch nicht schießen ... "
"Die Amerikaner, das waren doch meine Freunde, gekommen, um uns von diesen Verbrechern zu befreien. Jesse Owens, Held meiner Jugend, hatte ich 1936 im Berliner Olympiastadion aus der Ferne gesehen. Doch nun hatten diese schwarzen Gesichter auf einmal Augen und Münder, liefen acht Meter von mir entfernt durchs Unterholz. Ich konnte doch nicht schießen auf die Landsleute von Jesse Owens", schilderte er eindrucksvoll seine innere Zerrissenheit. Er wurde wegen "Feigheit vor dem Feind" von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt – doch entkam durch eine schicksalshafte Fügung.
"Ich war 16, sah aber aus wie zwölf", so Krüger über den Tag des Tribunals und er ergänzte: "Vielleicht wollte der SS-Mann, der sich meiner Exekution widersetzte, nicht für den Tod eines Kindes verantwortlich sein." Im "größten Bombenhagel" sei er schließlich "rausgejagt" worden. Krüger war sich sicher, der SS-Mann wollte es "lieber dem Schicksal" überlassen, ob und wann er stirbt. Doch er überlebte, desertierte und entkam später der US-Kriegsgefangenschaft. 34 Tage dauerte seine Flucht nach Hause, von Tirol bis nach Berlin-Biesdorf. Krüger rückblickend zu dieser wendungsreichen Episode in seiner Biografie: "Irgendjemand hat mich weiterleben lassen."
Jetzt ist er für immer fort, Hardy Krüger. Der Filmkünstler, Literat, Mann von Welt – eine Legende. Nicht nur seine Rollen und Werke, auch seine Worte, seine Furchtlosigkeit und sein Erfahrungsreichtum werden unvergessen bleiben.