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Jan Josef Liefers gerät bei Fragen nach Strippenziehern ins Wanken


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"Alles dicht machen"-Verquickungen
Fragen nach den Strippenziehern bringen Liefers ins Wanken


30.04.2021Lesedauer: 4 Min.
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Wirbel um #allesdichtmachen: Ironische Video-Aktion von Künstlern sorgt für rege Debatte um Corona-Maßnahmen – auch Jens Spahn reagierte. (Quelle: t-online)

War "Alles dicht machen" politisch motiviert? Eine Aktion von Leuten, die "Querdenkern" nahestehen und in der Vergangenheit dubiose Behauptungen aufstellten? Jan Josef Liefers streitet das in einer Talkshow nicht ab.

"Welche Rolle haben Dietrich Brüggemann und Bernd K. Wunder gespielt?", fragt Maybrit Illner nach rund elf Minuten ihrer gleichnamigen Talkshow im ZDF, in der Jan Josef Liefers zunächst vor allem seine umstrittenen Aussagen in der "Alles dicht machen"-Aktion verteidigen darf. Doch umso mehr es um die Strippenzieher geht, desto mehr gerät Liefers ins Straucheln.

"Nein", sagt der "Tatort"-Mime: "Ich kenne nur den einen, Dietrich Brüggemann. Auch nicht sehr gut. Ich kenne ihn als Regisseur, aber er ist auch Musiker und hat mal einen Film gemacht, der mir super gut gefallen hat und das habe ich ihm mal geschrieben. Das war eigentlich unser ganzer Kontakt."

"Was ich nicht gemacht habe, ist eine saubere Recherche"

Erst danach geht er näher auf die Kommunikation ein, die schließlich zu der orchestrierten Videoaktion führte. Liefers schildert, Brüggemann habe zu ihm "Kontakt aufgenommen" und ihn "gefragt, wie es mir geht mit all dem und ob ich mir vorstellen könnte, mich an sowas zu beteiligen. Und das konnte ich."

Ob er denn genügend Zeit hatte, sich die Teilnahme an der Aktion gut zu überlegen, wird Liefers anschließend gefragt. Plötzlich weicht der Schauspieler aus. Angeblich hätten sich "so viele Leute bei ihm gemeldet" und es sei "ein irrer Buzz um die ganze Sache entstanden". "Ich weiß gar nicht mehr, was die Frage war", beendet der 56-Jährige abrupt seine Ausführungen. Maybrit Illner wiederholt ihre Frage, Jan Josef Liefers konkretisiert dann: "Zeit darüber nachzudenken hatte ich schon, aber was ich nicht gemacht habe, ist eine saubere Recherche."

Recherchen, die andere Medien, darunter auch t-online, für ihn bereits übernommen haben – allerdings im Nachhinein, als die Aktion längst in der Welt war. "Ich kenne sechs, sieben Leute, die da mitmachen und das sind alles Kumpels, ich sage mal, freundschaftlich verbundene Leute und damit ist die Sache für mich dann eigentlich erstmal so weit safe", versucht der Schauspieler seine Teilnahme zu rechtfertigen. Er habe nun "gelernt, das darf man nicht machen. Man muss alles zurückverfolgen, (...) das sind sehr sensible Dinge."

Als ihm daraufhin vorgeworfen wird, zynisch zu werden, weil er bis ins kleinste Detail aufzählt, was ein Teilnehmer über die Initiatoren wissen müsse, lacht er nur. Der Eindruck, der entsteht: Warum sollte sich ein Schauspieler, der mit seinen Münster-"Tatorten" ein Millionenpublikum erreicht, dem allein bei Instagram mehr als 200.000 Menschen folgen und der qua seines Promistatus eine besondere Vorbildrolle in der Gesellschaft einnimmt, um eine saubere Recherche bemühen?

Dass die Verbindungen von Dietrich Brüggemann bis ins "Querdenker"-Milieu hineinreichen, zeigte t-online vergangene Woche bereits mit einer ersten Recherche auf: Paul Brandenburg ist Vorsitzender eines Vereins, der sich "1bis19 – Initiative für Grundrechte und Rechtsstaat e.V." nennt und auch regelmäßig bei Corona-Protesten demonstriert hat. Einer, der bei "1bis19" auch mitwirkt, ist Dietrich Brüggemann.

Der "Spiegel" berichtete nun über die E-Mail, mit der offenbar Brüggemann für seine Idee warb. Ein Konzept, das "die Propaganda" durch den Kakao ziehen sollte. Teil der Strategie war es demnach auch, nach der Aktion zu "schweigen". "Keine Statements, keine Interviews, keine Gruppe, kein Sprecher", heißt es in dem Schreiben. Dass unmittelbar an dem Abend der Veröffentlichung bereits unter anderem Jan Josef Liefers mit einer ersten Rechtfertigung über Instagram für Aufsehen sorgte, passt im Nachhinein also eher weniger zu dem Plan.

"War Ihnen nicht bewusst, dass Sie diese Narrative bedienen?"

"Netzpolitik.org" hatte auch noch eine andere Seite von Dietrich Brüggemann ans Licht gebracht. Songschnipsel, die von ihm stammen, sind auf der Musikplattform "Soundcloud" aufgetaucht. "Steckt euch euren Polizeistaat in den Arsch. Steckt euch eure Maskenpflicht in den Arsch. Steckt euch eure Abstandsregeln in den Arsch", singt darin eine mit dem Computer bearbeitete Stimme. Dem "Spiegel" sagte der Regisseur und Musiker dazu: "Die, die unter den Maßnahmen leiden, haben tatsächlich keine Stimme. Die Politik hört sie nicht" und das treibe dann jemanden zu "so einer Verzweiflungstat, die schon wieder einer absurden Kunstperformance" gleiche. Aus diesem Impuls sei der Remix entstanden.

Dass eine ähnliche Songversion von verschwörungsideologischen Gruppen wie "Freedom Parade" regelmäßig auf "Querdenken"-Demos gespielt wird, kann Brüggemann nicht beeinflussen. Genauso wenig, wie er die Tatsache verhindern kann, dass Verschwörungsverbreiter, "Querdenker" und AfD-Politiker die "Alles dicht machen"-Aktion instrumentalisieren. Aber wie sagte die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim so treffend bei "maybrit illner" in Richtung von Jan Josef Liefers: "War Ihnen denn nicht bewusst, dass Sie Narrative bedienen, die bei den 'Querdenkern' ähnlich hallen?" Und die promovierte Chemikerin erklärt: "Wenn Sie mir Ihr Video vorher gezeigt hätten, hätte ich das sehr naheliegend gefunden. (...) Ich hätte Ihnen direkt sagen können, dass man das missbrauchen kann."

Dafür hätte es dann nicht einmal der Recherche bedurft, welche Verbindungen die Gründungsmitglieder in die fragwürdige Ecken der Verschwörungsszene aufweisen.

Verwendete Quellen
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