Umstrittene Aussagen rbb entschuldigt sich nach Twitter-Kritik an Serdar Somuncu
"Corona-Leugner, Bild und Grenzüberschreitung" – so lautet der Titel der ersten Podcast-Ausgabe von Florian Schroeder und Serdar Somuncu. Doch genau damit haben die beiden Satiriker offenbar eine Grenze überschritten.
Über drei Stunden lang ist der neue Podcast der beiden Kabarettisten Florian Schroeder und Serdar Somuncu. Journalist und Moderator Malcolm Ohanwe hat einen zweiminütigen Auszug daraus auf Twitter geteilt, der beispielhaft darstellen soll, wie "rassistisch und vor allem sehr sexistisch und unverblümt und provokativ" die Aufnahme ist. Dazu schreibt er: "Deutsche Comedy, 2020. Bin sprachlos." Viele weitere Userinnen und User stimmen Ohanwe zu, andere meinen, so gehe nun mal Satire.
Was Somuncu unter anderem sagte
"Es geht mir am Arsch vorbei, ob das Zigeunerschnitzel heißt oder Mohrenwirt. Die Leute sollen sich f*****. Die sollen (...) Stunden und Tage und Wochen lang im Internet darüber diskutieren, ob das berechtigt ist, oder nicht. Solange es nicht unter Strafe steht, sage ich N****", erklärt Serdar Somuncu, der bei der Bundestagswahl 2017 Spitzenkandidat für DIE PARTEI war. Menschen, die sich über solche Bezeichnungen echauffieren würden, seien "alles Pisser". "Meistens Frauen", will Somuncu wissen – "schlecht geb*****, miese, hässliche Schabracken."
Die unzensierten Ausschnitte der drastischen Ausdrucksweise kursieren auf Twitter in einem rund zweiminütigen Video des Podcasts. Auf der Radioeins-Homepage ist die Aufnahme ebenfalls zu hören, in ganzer Länge.
"Misogynie, Rassismus, Sexismus sind keine Satire"
"Eine schwarze Followerin von mir hat es geschickt, musste mir die komplette Sendung geben, um irgendwo einen doppelten Boden zu finden. Vergebens", erklärt Malcolm Ohanwe in weiteren Tweets. Autorin Jutta Ditfurth schreibt schlicht: "Serdar Somuncu ist stolz darauf, rassistische Begriffe zu verwenden und will es weiter tun. Was für ein Arschloch." Die SPD-Politikerin Derya Türk-Nachbauer schreibt: "Sexismus ist niemals lustig. Nie. Fragt die Betroffenen." Ebenfalls zu lesen: "Misogynie, Rassismus, Sexismus sind keine Satire. Punkt."
Auch die Moderatorin Hadnet Tesfai hat sich zum Podcast geäußert: "Ich liebe sehr, wie viele weiße, hetero cis Männer hier das Bedürfnis haben, Somuncu zu verteidigen. Was der von sich gibt, muss auch keiner 'aushalten können'. Klar kann er das machen, aber Satire ist das dann nicht mehr. Oder halt sehr beschissene."
"Ihr seid drauf reingefallen"
Ein anderer User meint: "Wer sich über Somuncu aufregt, der hat nichts gecheckt." Auch zu lesen: "Alle die meckern: Ihr seid drauf reingefallen. Somuncu positioniert sich alltäglich ganz klar. Und dann spielt er kurz mal den Spacken und schon treten alle drauf. Ich wünschte: jeder wäre nur halb so intelligent wie Somuncu." Viele Nutzerinnen und Nutzer schließen sich diesen Aussagen an.
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Der Podcast von Schroeder und Somuncu soll einer Ankündigung zu Beginn der Ausgabe nun zweiwöchentlich erscheinen. In der aktuellen Episode sprechen die beiden darüber, ob man mit Verschwörungstheoretikern überhaupt reden soll und ob man sich mit der "Bild"-Zeitung einlassen kann? "Welche Rollen können, wollen, sollen die beiden spielen? Warum schreiben Menschen überhaupt Kommentare in Social Media Portale und wie wichtig sollte man sie nehmen?", fragen sie sich.
"Gezielte Provokation"
Auf Nachfrage von t-online hat der rbb ein Statement zu der aktuellen Podcast-Folge von Schroeder und Somuncu veröffentlicht. In der Stellungnahme heißt es: "Der Radioeins Podcast 'Schröder und Somuncu' ist als Comedy / Satire vorgesehen und dementsprechend auch gekennzeichnet. Die beiden Protagonisten Florian Schroeder und Serdar Somuncu sind Satiriker, die sich grundsätzlich des Stilmittels der Satire bedienen und zeigen in ihren parodistisch angelegten Rollen unter Umständen auch extreme Positionen. Das ist ausdrücklich Konzept des Podcasts."
Weiter heißt es über die Ausschnitte, die auf Twitter kursieren: "Die veröffentlichten Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen und können ohne Kontext nicht verstanden und bewertet werden. Auch der veröffentlichte Podcast-Ausschnitt ist als satirische Überspitzung zu sehen, eine gezielte Provokation, die im besten Fall beim Publikum einen Denkprozess in Gang setzt. In diesem Fall war die Idee, zu zeigen, wie in einer verkürzten Medienöffentlichkeit wenige Äußerungen ausreichen, um Menschen zu provozieren, was im Podcast zuvor auch thematisiert wurde."
Entschuldigung von Seiten des rbb
"Leider hat sich bei vielen Zuhörer*innen des Podcasts offenbar der Eindruck verfestigt, der radioeins-Podcast wolle rassistische und sexistische Klischees zementieren. Nach der Live-Ausstrahlung bei Instagram hätte radioeins den Podcast redaktionell bearbeiten müssen, die missverständlichen Passagen einordnen bzw. herausnehmen müssen", heißt es weiter. Am Ende der Stellungnahme folgt eine Entschuldigung: "Es tut uns leid, dass es zu diesen Missverständnissen gekommen ist. Radioeins übernimmt dafür die Verantwortung und entschuldigt sich auch im Namen der beiden Protagonisten bei all den Menschen, die sich deshalb beleidigt oder herabgewürdigt fühlen. Radioeins hatte niemals die Absicht, rassistische oder sexistische Stereotypen zu befördern."
Ob ein Gespräch mit Serdar Somuncu und Florian Schroeder über künftige Ausgaben des gemeinsamen Podcasts stattgefunden hat, wurde nicht erläutert.
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