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Nina Brandhoff: "Mir ging es nie darum, Sprüche und Anmachen anzuprangern"


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"Um Himmels Willen"-Star
"Mir ging es nie darum, Sprüche und Anmachen anzuprangern"

InterviewVon Janna Halbroth

05.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Nina Brandhoff: Die Schauspielerin war eine der ersten, die sich zur #MeToo-Debatte in Deutschland äußerten.Vergrößern des Bildes
Nina Brandhoff: Die Schauspielerin war eine der ersten, die sich zur #MeToo-Debatte in Deutschland äußerten. (Quelle: Alan Ovaska)

Nina Brandhoff war eine der ersten Schauspielerinnen, die sich nach dem Skandal um Harvey Weinstein äußerten. Spätestens nachdem der "Um Himmels Willen"-Star auspackte, war klar: Auch in Deutschland haben wir ein Sexismus-Problem. Rund ein Jahr später spricht die 44-Jährige mit t-online.de darüber, was sich seither verändert hat.

Nachdem alle Welt nach Hollywood blickte und über die Zustände dort in Bezug auf den Umgang mit Frauen in der Filmbranche erschrak, berichtete Nina Brandhoff von ihren Erlebnissen hier in Deutschland. Männliche Schauspieler nutzten ihren Status als Hauptdarsteller aus, sagte sie damals "Spiegel Online". Einer steckte ihr ungefragt seine Zunge ins Ohr, fasste ihr unter das T-Shirt. Auch Regisseure nutzten ihre Stellung aus, so wollte jemand im Gespräch über ein Rollenangebot ihre Brüste berühren. Sie habe zu Beginn ihrer Karriere alles gemacht, was man ihr sagte.

Jetzt spricht Nina Brandhoff mit t-online.de darüber, welches Resümee sie ein Jahr nach #Metoo über die Debatte zieht.

t-online.de: Was hat sich seit der #Metoo-Debatte vor einem Jahr verändert?

Nina Brandhoff: Die #Metoo-Debatte hat die Wahrnehmung von Sexismus in Deutschland verändert, es hat eine Bewusstmachung stattgefunden, viele haben ihr Verhalten selbstkritisch hinterfragt, andere verteidigt.

Ist das Thema noch aktuell?

#Metoo ist immer noch in aller Munde, und man hat nicht das Gefühl, dass die Debatte zuende geführt ist. Kaum ein Thema hat innerhalb des letzten Jahres so sehr polarisiert wie dieses. Manch einem macht die Debatte Angst, andere halten sie für einen Befreiungsschlag – vor allem für Frauen.

Was ist das Gute an #MeToo?

Positiv ist, dass sich wirklich etwas verändert hat, dass der Blick auf bestimmte Dinge strenger geworden ist, der Fall Dieter Wedel endlich öffentlich gemacht wurde, es gibt nun eine Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und vieles mehr. Sexismus, wie er für viele – Männer und Frauen – zur Normalität geworden war, wird hinterfragt, kritisiert, im besten Fall abgeschafft, manchmal auch hochgehalten, als letzte Bastion des Mannes, der sich verzweifelt gegen den Feminismus stemmt.

Gibt es auch Schlechtes?

Negativ ist, dass die #Metoo-Debatte sehr verwässert war und ist. Man hat sich schwer getan, zu differenzieren. Geht es bei #Metoo auch darum, dass man eine Frau nicht mehr mit einem zotigen Spruch ansprechen darf (was oft falsch ausgelegt wurde, einige sogar hatten Angst, dass das gute alte Flirten, Verführen oder Komplimente machen nicht mehr erlaubt sein könnte), oder reden wir nur von sexueller Belästigung, Nötigung oder gar Vergewaltigung? Da diese Grenzen nie klar gezogen wurden, war die Debatte sehr angreifbar und hat die wildesten Thesen dazu ausgeworfen. Manch einer fürchtete schon um die eigenständige Sexualität des Individuums, die sexuelle Freiheit des Einzelnen, unterdrückt durch #Metoo.

Was genau war die Debatte für Sie persönlich?

Die #Metoo-Debatte hat für mich im Rückblick zu einer gewissen Befreiung geführt, vor allem für Opfer und Mitwisser, die zugeschaut und nichts gesagt haben, aber auch für die Täter, die sich oftmals nicht als Täter gesehen haben, in einigen Fällen aber ein Einsehen hatten. Mir persönlich ging es in der Debatte nie darum, sexistische Sprüche und plumpe Anmachen anzuprangern, die zwar nerven, derer sich jeder aber wohl selbst erwehren kann. Mir ging es um sexuelle Belästigung und Nötigung bis hin zur Vergewaltigung, die vielen Frauen und Männern widerfahren ist. Und für diese Situationen hat nicht jeder (vor allem wenn sie oder er noch sehr jung ist) das Handwerkszeug, den Mut und die Erfahrenheit, um damit selbstbestimmt umzugehen.

Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht, nachdem Sie mit ihren persönlichen Schilderungen an die Öffentlichkeit gegangen sind?

Das ist für mich enttäuschend in der Debatte, dass in manchen Fällen gerade diejenigen, die solche Situationen nie erlebt haben, aus ihrer theoretischen Warte heraus, eine sehr arrogante Haltung entwickelt haben. Von "Wir sind hier nicht in Indien, wo es an der Tagesordnung ist, Frauen zu vergewaltigen" bis hin zu "Warum kommen all die Frauen erst jetzt damit, die wollen sich nur wichtig machen…" habe ich viel gehört und kann nur sagen: Die #Metoo-Debatte hat vielen Opfern geholfen, über ihre Erfahrungen zu reden, vielleicht auch Fälle zur Anzeige zu bringen. Vor allem hat sie den Opfern signalisiert: "Wir sind nicht allein."

Auf der anderen Seite wurde ich aber von einigen Männern auch darauf angesprochen, dass sie erst durch die Debatte ihr Verhalten hinterfragt und manchmal mit Schrecken festgestellt haben, dass sie sich nicht immer korrekt verhalten hatten in der Vergangenheit. Viele waren der Meinung, es sei richtig, dass endlich etwas passiert, und ich glaube, dass der Schuss gehört wurde. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass er nachhallt!

Vielen Dank, Nina Brandhoff.

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