Reaktionen auf Lierhaus-Interview "Behinderten Menschen einen Bärendienst erwiesen"
Die drastischen Worte, mit denen Monica Lierhaus den Sinn ihrer missglückten Gehirn-Operation von 2009 anzweifelte, sorgen für kontroverse Reaktionen. Während einige Prominente, die ebenfalls unter einer Behinderung leiden, die Aussagen der früheren Sportmoderatorin als verantwortungslos kritisieren, zeigen andere wie der querschnittsgelähmte Samuel Koch Verständnis für das Bekenntnis der 45-Jährigen.
Nach der Operation eines Aneurysmas im Jahr 2009 lag Lierhaus mehrere Monate im Koma. Anschließend musste sie komplett neu Sprechen und Laufen lernen. In einem Interview hatte sie vergangene Woche den Sinn der OP infrage gestellt: "Ich glaube, ich würde es nicht mehr machen." Aus heutiger Sicht hätte sie sogar ihren Tod akzeptiert: "Dann wäre mir vieles erspart geblieben (...)."
"Den Lebenswert Behinderter infrage gestellt"
Wie sensibel das von Lierhaus angesprochene Thema ist, zeigt die Reaktion von Autorin Christiane Link, die seit kurz nach ihrer Geburt querschnittsgelähmt ist. In ihrem Blog "Stufenlos" auf "Zeit Online" schrieb sie: "Monica Lierhaus stellt nicht nur ihren eigenen Lebenswert, sondern auch den anderer behinderter Menschen mit ähnlichen Erfahrungen infrage."
Fast schon anklagend fährt die Autorin fort. "Da arbeiten tausende behinderte Menschen tagtäglich in ihrem persönlichen Umfeld daran, (...) der Welt zu erklären, dass auch ein Leben mit einer Behinderung lebenswert ist. Und dann gibt eine Prominente wie Monica Lierhaus so ein Interview und überrollt damit die Sisyphusarbeit, die täglich von vielen behinderten Menschen geleistet wird." Damit, so Link, habe Lierhaus Menschen mit Behinderung "einen Bärendienst erwiesen".
Ganz ähnlich argumentiert die gehörlose Bloggerin Julia Probst auf ihrer Twitter-Seite: "Lierhaus vergisst, dass öffentliche Menschen wie sie eine Verantwortung haben. Sie zeichnet ein falsches Bild von Menschen mit Behinderung."
"Da hat sie wohl recht"
Ganz anders beurteilt Samuel Koch, der seit seinem "Wetten, dass..?"-Unfall von 2010 im Rollstuhl sitzt, Lierhaus' Interview. Danach gefragt, was er von deren Aussagen hält, sagte er zu "Bild": "Da hat sie wohl recht." Er finde es gut, dass auch Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, "nicht immer nur Sonnenschein vermitteln und Alles-ist-gut-Parolen verteilen".
In dieselbe Kerbe schlägt die frühere DSDS-Kandidatin Anna-Maria Zimmermann, deren Arm seit einem Hubschrauberabsturz von 2010 gelähmt ist. "Wenn Monica Lierhaus ihre Situation so empfindet, dann darf sie das auch sagen, Respekt", so die Sängerin zu "Bild". Aus eigener Erfahrung wisse sie nur zu gut, "dass man als Mensch mit Behinderung nicht nur gute Tage hat". Allerdings würde sie selbst "niemals aufgeben und immer das Positive am Leben sehen".
"Gut, noch unter den Lebenden zu weilen"
Ebenso ermutigend ist die Reaktion des 2004 bei einem Trainingssprung verunglückten und seither querschnittsgelähmten Ex-Turners Ronny Ziesmer. Ihm zufolge müsse jeder für sich selbst entscheiden, ob das Leben mit Behinderung lebenswert ist. Weil er mit seinen Interessen aber auch weiterhin überall aktiv teilhaben könne, "ist es für mich gut, noch unter den Lebenden zu weilen", so Ziesmer.
Somit bleibt zu hoffen, dass sich Lierhaus vor allem solch ermutigende Aussagen zu Herzen nimmt, um ihr zweifelsfrei tragisches Schicksal eines Tages doch noch mit anderen Augen sehen zu können.