Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Esther Sedlaczek "Ich kann das gar nicht in Worte fassen"
Esther Sedlaczek hat eine klare Vorstellung von ihrer Rolle als Moderatorin. Ein t-online-Gespräch über prägende Momente, bedenkliche Entwicklungen und Kinder.
Vergangene Woche war es wieder so weit: Esther Sedlaczek moderierte vor einem Millionenpublikum den Pokalkracher zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen im Ersten. Als sie den Trainer Xabi Alonso auf Bayern-Star Jamal Musiala anspricht, passiert etwas Unvorhergesehenes: Der Spanier versteht die Frage nicht – und für einen kurzen Moment entsteht Verwirrung. Oder wie Esther Sedlaczek es nennen würde: Authentizität.
Im Interview mit t-online spricht die ARD-Moderatorin über genau solche spontanen Momente, gibt Auskunft über ihr zweites Standbein im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und findet klare Worte zu einer Entwicklung, die ihr ernsthafte Sorgen bereitet.
t-online: Wie stehen Sie zum Thema Spontanität im Fernsehen?
Esther Sedlaczek: Ich mag Livesendungen total gerne. Wenn Dinge passieren, die du nicht geplant hast, entsteht Authentizität. Das kommt immer wieder bei Fußball-Übertragungen vor, aber auch in Sendungen wie in "Die große Maus-Show", wenn die Kinder doch mal ganz anders als erwartet antworten.
Macht Sie die Zusammenarbeit mit Kindern nicht nervös?
Nein, im Gegenteil: Das macht sehr viel Spaß. Wenn man mit Kindern arbeitet, gehört das dazu, weil viele ungeplante Situationen entstehen, auf die man sich als Moderatorin einlassen muss. Das sind die schönsten Momente.
Das kann aber auch eine große Hürde sein.
Man reagiert in dem Moment einfach authentisch, und das gefällt mir. Aber klar, manchmal sind das auch Dinge, die man eigentlich eher nicht haben möchte.
Zum Beispiel?
Ohne ein konkretes Beispiel zu nennen: Nicht alles, was spontan passiert, ist schön, und mit manchen Dingen kannst du auch nicht immer gut umgehen. Aber grundsätzlich bleibe ich dabei: Authentizität ist ein hohes Gut fürs Fernsehen.
"Die große Maus-Show"
Normalerweise kennt man Esther Sedlaczek als Sportmoderatorin, etwa an der Seite von Bastian Schweinsteiger. Doch die 39-Jährige präsentiert seit dem Frühjahr 2023 auch die ARD-Samstagabendshow, die früher unter dem Titel "Frag doch mal die Maus" firmierte. Darin treten drei prominent besetzte Quizteams gegeneinander an und Kinder stellen Fragen wie: "Warum ist die Banane krumm?". Die nächste Ausgabe wird am 14. Dezember im Ersten ausgestrahlt.
Stört Sie im Fernsehen eine gewisse Überregulierung der Abläufe?
Wenn ich zurückblicke auf die Europameisterschaft, dann gab es Situationen nach dem Spiel, in denen Bastian Schweinsteiger und ich ein Gespräch führten und Fans von der Tribüne aus permanent hineinschrien. Gerade im Stadion kannst du nicht alles kontrollieren. Also nein: Ich kann das aus meiner Perspektive nicht bestätigen.
Was den Fußball betrifft, gibt es oft Kritik an den weichgespülten, immer gleichen Antworten der Spieler und Funktionäre. Wie sehen Sie das?
Es gibt schon Spieler, die offen und ehrlich ihre Meinung sagen. Nur sie bilden eher die Ausnahme. Oft hören sich die Statements sehr routiniert an. Das würde ich aber nicht immer negativ bewerten, im Sinne, dass alles reguliert ist.
Ich bin in den letzten fünf Jahren meines Lebens so sehr gewachsen wie sonst noch nie in meinem Leben. Das ist schon irre.
esther sedlaczek
Worin besteht für Sie der Reiz bei Fußballübertragungen im Fernsehen?
Der Fußball begleitet mich schon mein ganzes Leben und ist meine große Leidenschaft. Für mich ist das immer noch das Allergrößte. Hautnah bei diesen großen Turnieren dabei sein zu dürfen: Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unfassbar stolz mich das macht.
Warum dann Ihr zweites Standbein mit dem ARD-Engagement für "Die große Maus-Show"?
Das kann man nicht miteinander vergleichen. Die Zusammenarbeit mit den Kindern bei der "Maus-Show" führt zu großartigen, herzerwärmenden Momenten. Ich finde es schön, alles machen zu dürfen und in so unterschiedlichen Genres unterwegs zu sein. Trotzdem wird für mich der Sport immer an erster Stelle stehen.
Sie sind selbst Mutter zweier Kinder. Sie wissen, wie viel es den Kindern bedeutet, im Fernsehen etwa ihre Idole treffen zu können.
Auf jeden Fall. Wenn du nach der Sendung in diese leuchtenden Kinderaugen schaust, ist das ein riesiges Geschenk. Wenn ich weiß, dass wir diesen Kindern eine Freude bereitet haben, gehe ich selig nach Hause. Es geht ja vor allem darum, die Kinder mit ihren Fragen, über die wir als Erwachsene nur noch staunen können, ernst zu nehmen.
Wie schwer ist es für Sie, Privates und Berufliches unter einen Hut zu bekommen?
Es kann wahnsinnig herausfordernd und auch anstrengend sein. Auf der anderen Seite ist es wunderschön, wie dich deine eigenen Kinder aus dem Alltag herausholen und in einer Blase verschwinden lassen, dich alles an Sorgen vergessen lassen und dir einfach Freude bereiten. Genauso, wie sie dich herausfordern und ärgern können, vermitteln sie dir auch Freude und Leichtigkeit, und das ist großartig.
Wie sehr haben Sie sich verändert, seit Sie Mutter sind?
Ich bin in den letzten fünf Jahren meines Lebens so sehr gewachsen wie sonst noch nie in meinem Leben. Das ist schon irre. Ich hinterfrage meine Kindheit und mich in vielen Punkten und erlebe vieles, was ich bisher nur aus Kinderperspektive kannte, jetzt noch einmal neu. Auch wenn ich meine Mutter mit meinen Kindern erlebe, ist das interessant. Ich erkenne mich ein Stück weit auch selbst darin wieder. Ich finde, dass das Elterndasein so viel mit sich bringt und man sich selbst besser kennenlernt.
Welche Kindheitserinnerung wirkt bei Ihnen bis heute nach?
Meine Mutter hat mich sehr geprägt, was Disziplin angeht. Ich nehme die Dinge, die ich mache, sehr ernst. Ich weiß einfach, dass man hart arbeiten muss, wenn man etwas erreichen möchte. Diese Eigenständigkeit, diesen Fleiß, hat meine Mutter mir als alleinerziehende Mutter vorgelebt.
Waren Sie früh auf sich allein gestellt?
Ja, ich war ein klassisches Schlüsselkind. Meine Mutter hat viel gearbeitet, also habe ich mir morgens mein Frühstück selbst gemacht, bin zur Schule gegangen, kam nachmittags nach Hause und habe mir mein Mittagessen selbst gemacht, mein Abendessen, bin selbstständig ins Bett gegangen. Ich habe meinen Alltag selbst organisiert. Diese Eigenständigkeit und ein Stück weit Unabhängigkeit gepaart mit dieser Disziplin hilft mir heute in vielerlei Hinsicht sehr.
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Sie sind auch schon früh ins Stadion gegangen, um Fußball zu schauen. Haben Sie in der Kindheit viel mit Jungs abgehangen?
Das stimmt, gerade in der Grundschulzeit war ich viel mit Jungs unterwegs. Wir waren ein gemischter Haufen, Jungs und Mädchen, ein wilder Mix. Aber der Einfluss der Jungs aus meiner Grundschulzeit war enorm. Ohne die wäre ich wahrscheinlich gar nicht ins Stadion gekommen. Die Gespräche und Erzählungen über Fußball und natürlich die Stadionbesuche haben mein Interesse geweckt. Wäre das nicht gewesen, hätte sich meine Leidenschaft für Fußball in der Form vielleicht nicht so entwickelt.
Wenn Sie an Ihre eigene Kindheit denken und nun an die Ihrer Kinder: Gibt es etwas, das Ihnen mit Blick auf das Heranwachsen in diesen Zeiten Sorgen bereitet?
Ja, auf jeden Fall Social Media.
Was genau meinen Sie damit?
Social Media schafft Bedürfnisse, die man selbst als Erwachsener nicht mehr unter Kontrolle hat. Ich merke das teilweise an mir selbst. Wenn ich durch einen Feed scrolle, gehe ich mit tausend Ideen raus und denke mir, dass die Jacke schön war und die auch. Plötzlich beschäftige ich mich mit Dingen, die ich einfach nicht brauche. Ich möchte für meine Kinder, dass sie glücklich sind mit dem, was sie haben.
Es werden Ideale geschaffen, die der Realität nicht entsprechen. Das macht mir große Sorge.
eSther sedlaczek
Und daran hindert sie Social Media?
Social Media trägt leider dazu bei, dass man nicht mehr zufrieden ist mit dem, was man hat. Da man dokumentiert bekommt, was vermeintlich alle anderen haben. Das schafft eine Bedürfnis- und in gewisser Hinsicht auch eine Neidkultur, die in der Form gar nicht da wäre. Es gibt mehrere Studien, die zeigen, dass Social Media wahnsinnig ungesund sein kann, gerade für Heranwachsende. Es werden Ideale geschaffen, die der Realität nicht entsprechen. Das macht mir große Sorge. Das ist etwas, was den Alltag der Jugendlichen heutzutage sehr dominiert, und ich mache mir jetzt schon Gedanken darüber, wie ich das bei meinen Kindern halbwegs kontrollieren kann.
Apropos Ideale auf Social Media: Ärgert es Sie, dass es in den Kommentaren auf Ihrem Instagram-Account häufig um Ihr Äußeres geht und nicht um Ihre Kompetenz?
Ich mache mir darüber keine Gedanken, weil ich mir meiner Kompetenz sehr wohl bewusst bin. Ich lasse mich von Instagram-Kommentaren nicht ärgern. Ich mache meinen Job und konzentriere mich darauf.
Aber?
Es ist schade, dass Aussehen immer noch so ein wichtiger Faktor ist. Man wird zwar nicht mehr ausschließlich darauf reduziert. Aber es scheint eine Rolle zu spielen, was man anhat, wie viel man wiegt und so weiter. Letztlich tangiert mich das persönlich nicht, null Komma null. Ich fühle mich nicht so, als würde mir meine Kompetenz dadurch abgesprochen werden. Das ist eher das Problem derjenigen Leute, die solche Kommentare verfassen und nicht meines.
Die nächste Ausgabe von "Die große Maus-Show" ist am 14. Dezember zur Primetime im Ersten zu sehen. Zu Gast sind Annette Frier, Wincent Weiss, Jan Josef Liefers, Axel Prahl, Motsi Mabuse und Michael Kessler.
- Interview mit Esther Sedlaczek
- ardmediathek.de: "Die große Maus-Show"