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P. Diddy: Missbrauch, Drogen und Partyexzesse – darum schweigt Hollywood


Missbrauch, Drogen und Partyexzesse
Hollywood im Würgegriff


26.09.2024 - 15:41 UhrLesedauer: 7 Min.
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Leonardo Di Caprio: Inmitten der legendären P. Diddy-Party sitzt der damals 23-jährige "Titanic"-Star.Vergrößern des Bildes
Leonardo DiCaprio: Inmitten der legendären P. Diddy-Party sitzt der damals 23-jährige "Titanic"-Star. (Quelle: IMAGO/Globe Photos)

Immer mehr schaurige Details kommen über P. Diddy ans Licht. Der Musiker erschuf über Jahrzehnte ein System aus Verschwiegenheit und Loyalität. Jetzt droht es zu kollabieren.

Es gibt Videos, da wirkt er wie eine gottähnliche, in Weiß gehüllte Figur. Sean Combs, besser bekannt als P. Diddy, steht auf einer Empore seines Anwesens. Unter ihm tummelt sich Jahr für Jahr die Crème de la Crème schillernder Mega-Stars – von Kim Kardashian über Leonardo DiCaprio bis Paris Hilton und Mariah Carey, um nur einige wenige zu nennen. P. Diddy hält eine Ansprache, dort oben, über ihnen thronend, auf seinem eigenen, selbst errichteten Party-Olymp.

"Und was die Kinder angeht: Sie haben noch eine Stunde Zeit", verkündet er. "Danach verwandelt sich diese Sache in etwas, zu dem ihr alle kommen wollt, wenn ihr älter werdet ... also lasst uns einfach anfangen, uns zu entspannen und die Kinder wegzubringen." Gelächter brandet auf. Der Rapper gibt seinem DJ die Anweisung, die Musik anzuwerfen und legt sein Mikrofon zur Seite.

Eine seiner berühmt-berüchtigten "White Partys" beginnt, die er mehr als eine Dekade lang zwischen 1998 und 2009 in den Hamptons veranstaltete.

Und es gibt Videos, da sieht man P. Diddy nur mit einem Handtuch bekleidet durch einen Hotelflur jagen. Er setzt einer Frau nach, die offenbar vor ihm die Flucht ergreift. Als sie vor den Fahrstühlen zum Warten gezwungen wird, packt er sie von hinten, reißt sie zu Boden und tritt auf sie ein. Der US-Sender CNN veröffentlichte im Mai 2024 das Videomaterial aus dem Jahr 2016: Es zeigt den Rapper, wie er seine Ex-Freundin Cassie Ventura attackiert.

"Ich würde ihn als Chamäleon beschreiben"

Der legendäre Hip-Hop-Gatsby einerseits und der raubtierartige Frauenschläger andererseits. Immer mehr verschmelzen diese zwei Figuren in der Öffentlichkeit zu der Frage, wer dieser P. Diddy wirklich ist. Was er noch alles für Leichen im Keller hat, welche Stars und Partner, Unternehmen und Sender sich künftig von ihm abwenden werden.

Eva Ries, die jahrelang den Wu-Tang-Clan managte und P. Diddy persönlich kannte, sagte in einem Interview mit dem "Spiegel" über die zwei Seiten des Rappers: "Er ist ein Stratege, smart und weltgewandt. Ich würde ihn als Chamäleon beschreiben: Auf der einen Seite ist er ein echter Streetgangster – rough und tough, mit guten Verbindungen ins kriminelle Milieu. Auf der anderen Seite ist er ein Gentleman, der bei Bedarf mit der US-Vorzeigeunternehmerin und Fernsehköchin Martha Stewart oder den Chefs des Guggenheim-Museums dinieren kann."

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Ein Weltwandler, dem der Erfolg zu Kopf stieg? Der immer wildere Partys veranstaltete, sich mit den Schönen und Reichen umgab, Geld und Macht anhäufte – und damit eines Tages nicht mehr angemessen umging? Die Anzeichen verdichten sich, dass sich der einst milliardenschwere Musikstar an Frauen verging, dass er seine Macht missbrauchte und einen Pornoring aufbaute, der an den Fall Jeffrey Epstein erinnert.

Mehrere Frauen werfen dem Musikmogul Missbrauch und Vergewaltigung vor. Seine Ex-Freundin Cassie Ventura machte vergangenes Jahr den Anfang, weitere sind hinzugekommen. Combs soll Frauen unter Drogen gesetzt, gefesselt und "brutal vergewaltigt" haben. Drogenüberflutete Sexpartys, Gewalt, Menschenhandel stehen im Raum. Im März dieses Jahres durchsuchten bewaffnete Polizisten seine Villen in Miami und Los Angeles. Seit dieser Woche sitzt er in Untersuchungshaft.

P. Diddy, der Pate mit dem Netzwerk

Combs selbst spricht von einer "Hexenjagd" und weist die Anschuldigungen zurück. Doch je mehr Frauen sich zu Wort melden, je mehr Medien Recherchen anstellen, desto schauriger wird das Bild, das sich von diesem über Jahrzehnte gefeierten Star ergibt.

P. Diddy, der als Sean John Combs 1969 im Ghetto von Harlem zur Welt kam und sich als "Puffy" oder "Puff Daddy" einen Namen machte, gründete 1993 seine eigene Plattenfirma. Er entdeckte und förderte Hip-Hop-Legenden wie The Notorious B.I.G. Nach der Ermordung von eben jenem "Biggy Smalls" startete er seine eigene Gesangskarriere – und gewann direkt mit seinem ersten Album "No Way Out" 1997 einen Grammy.

Doch Diddy war immer schon mehr als "nur" ein Rapper. Er zog im Hintergrund die Strippen, war ein Ermöglicher und Türöffner für viele heute international gefeierte Superstars wie Usher oder Justin Bieber. Eine Produktionskoryphäe, ein Mentor, der wie der Pate aus dem legendären Gangsterfilm Abhängigkeiten schaffte und einen verschworenen Clan um sich scharte.

Vor allem war Diddy eines: ein geschickter Geschäftsmann. Einer, der den Hip-Hop-Lifestyle in den Mainstream hievte, der aus dem als schmuddelig geltenden Genre eine Geldmaschine machte. 1998 gründete er die Modemarke Sean John, ergänzte sie um eine Parfümlinie und machte damit nicht nur Millionenumsatz, sondern wurde auch als Modeschöpfer prämiert.

Später ging er eine äußerst erfolgreiche Wodka-Partnerschaft mit dem britischen Spirituosenkonglomerat Diageo ein und gründete das TV-Netzwerk Revolt. Diddy war plötzlich überall: in Film und Fernsehen, auf den Laufstegen, im Radio, auf den weltweit größten Bühnen. Als erster männlicher Rapper bekam Diddy 2008 einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.

Was wusste Hollywood?

Während dieser Zeit will Hollywood von dem Glanz des Erfolgsrappers profitieren. Diddy macht als Mann an der Seite von Jennifer Lopez Schlagzeilen – und als Gönner im Stile des ikonischen Millionärs Jay Gatsbys, der rauschende Feste veranstaltet. Feste, die im Licht der neuen Enthüllungen Fragen aufwerfen. Denn dort versammelt sich elf Jahre lang, entweder immer am 4. Juli oder am sogenannten Labour Day im September, die gesamte Prominenz der Musik- und Filmbranche.

Es würde den Rahmen sprengen, aufzuzählen, wer alles an diesen Partys teilnahm. Sie waren alle da: Hollywoodstars à la Megan Fox oder Ashton Kutcher, Sportgrößen wie LeBron James oder Popstars wie Beyoncé und Kelly Osbourne. Manche erzählen später voller Stolz davon, andere sind auf Bildern zu sehen – und bei einigen ist nicht klar, auf welchen dieser Feste sie genau waren.

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Denn wie bei Diddy die verschiedenen Facetten von ihm verschwimmen, so passiert das nun auch mit den Erzählungen über seine Feste. Einerseits gibt es die "White Partys", über die es schon immer Geschichten gab. Wer zu ihnen eingeladen war, galt als A-Lister, also als einer, der es in die oberste Berühmtheitsetage geschafft hat. Ekstase, Drogen, Sex: ein offenes Geheimnis. Der Rausch war ein Markenzeichen, ein Kontrastmittel zu den unschuldig in Weiß gekleideten Partygästen.

"White Partys" versus "Freak-offs"

Neben diesen gigantischen Sausen, die jeweils mehrere Millionen gekostet haben sollen, und bei denen neben unzähligen Promis auch Fotografen anwesend waren, gab es auch sogenannte Freak-offs. Sie gelten als exzessivere Variante, eine Art After-Show-Party ohne Tabus. Die Informationslage beginnt hier dünner zu werden. Kompromittierendes Beweismaterial, so heißt es nun im Zuge der Ermittlungen gegen Diddy, habe vor allem der Rapper selbst davon gesammelt.

Von teils mehrtägigen Orgien ist die Rede. Ein Drogenkurier, der die Gäste mit Stoff versorgen sollte, sagte kürzlich der "New York Post": "Es passierten seltsame Dinge. Prominente Kerle, die miteinander vögelten. Es gab Hinterzimmer und es war wie das Allerheiligste. Man sah zwei Leute, von denen man nicht dachte, dass sie miteinander schlafen würden, Rapper, das hat mich schockiert."

Dort sollen auch Frauen vor Ort gewesen sein, die von Handlangern angelockt wurden. Einige seien für Sex bezahlt worden, andere sollen durch Drohungen, Erpressungen oder Drogen dazu gebracht worden sein, sexuelle Handlungen durchzuführen. Ob auch Teile der Prominenz, die bei den "White Partys" ein und aus gingen, an den "Freak-offs" teilnahmen, ist unklar. Doch die Rufe nach Aufklärung werden lauter. Prominente Freunde von Diddy werden aufgefordert, sich zu äußern und Licht in die dunklen Machenschaften zu bringen.

Welche Rolle spielte Justin Bieber als Teenager?

Dabei spielt auch der Karrierebeginn von Justin Bieber eine zentrale Rolle. Fans des Popstars sorgen sich, er könnte im Alter von nicht mal 15 Jahren mit diesen Orgien in Berührung gekommen sein. Diese Menschen fluten nach der Festnahme von P. Diddy, der Anfang der 2000er ein Mentor für Bieber war, die Kommentarspalten von Biebers Social-Media-Profilen. "Diddy ist endlich hinter Gittern, jetzt kannst du aufatmen", heißt es da oder: "Diddy kann dich nicht mehr verletzen", "dein Trauma hat ein Ende". Und weiter: "Ich hoffe, du wirst gegen Diddy aussagen."

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Doch Justin Bieber schweigt – so wie die Mehrheit der anderen P. Diddy-Profiteure, die dem Rapper über Jahrzehnte Loyalität erwiesen und von seinen Geschäften und Verträgen abhängig waren.

Angesichts der 14-seitigen Anklageschrift gegen Diddy drängt sich die Frage auf, was die Beteiligten aus der Musik- und Filmelite gewusst haben müssen. Dem heute 54-Jährigen wird neben Brandstiftung, Bestechung, Entführung und Behinderung der Justiz hauptsächlich eine Sache angelastet. Es ist das Herzstück der Anklage: Er habe ein kriminelles "Unternehmen" erschaffen, das er als mutmaßlicher Erpresser leitete, mit dem er die "Freak-offs" koordinierte und anschließend Straftaten vertuschte. Er benötigte dafür Bedienstete, Mitwisser, Handlanger und Laufburschen, die das System am Laufen hielten.

"Ein Opfer musste sich mehrere Tage lang verstecken"

In der Anklage ist von Horrorshows die Rede, die mit "aufwendig inszenierten sexuellen Darbietungen" einhergingen. Diddy soll die Auswüchse gefilmt und als Waffe eingesetzt haben, um zu verhindern, dass sich die Teilnehmer beschwerten. Die "New York Times" zitiert aus einer Anhörung: "'Freak-off'-Aktivitäten sind der Kern dieses Falles, und 'Freak-offs' sind von Natur aus gefährlich", so die Staatsanwältin Emily A. Johnson.

 
 
 
 
 
 
 

Hotelzimmer sollen dabei verwüstet worden sein, Bedienstete von Diddy seien zu Aufräumarbeiten gezwungen worden. "Bei diesen Gelegenheiten musste sich ein Opfer manchmal mehrere Tage lang verstecken, um sich von den Verletzungen zu erholen, die Combs ihm zugefügt hatte", heißt es in der Anklageschrift.


Quotation Mark

Sie werden mich wahrscheinlich verhaften und alle möglichen verrückten Dinge tun, nur weil wir eine gute Zeit haben wollen.


Sean Combs, 1999


Ob all das nur in einem Netz der Abhängigkeiten möglich war – und die prominent besetzten "White Partys" der Vorhof zur "Freak-off"-Hölle waren? Bisher verhindert die Schweigespirale der Diddy-Günstlinge und -Jünger einen tieferen Einblick. Fest steht aber: Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf ein Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, das seit Langem gegen Mafiosi und Drogenbosse angewandt wird. P. Diddy wird nun mit denen in einem Atemzug genannt, weil er Untergebene benutzt haben soll, Befehle erteilte, "absolute Loyalität" erwartete und mit Gewaltdrohungen regierte.

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Es gibt ein Video von P. Diddy, das 25 Jahre vor seiner Verhaftung aufgenommen wurde. In der US-Sendung "Entertainment Tonight" prophezeit er 1999, ein Jahr nach dem Start seiner "White Partys", dass er eines Tages für seine Gelage zur Rechenschaft gezogen wird. "Sie werden mir nicht einmal mehr eine Genehmigung für die Partys geben. Sie wollen nicht mehr, dass ich die Partys schmeiße, aber wir werden nicht aufhören", so Diddy und weiter: "Sie werden sie abblasen. Sie werden mich wahrscheinlich verhaften und alle möglichen verrückten Dinge tun, nur weil wir eine gute Zeit haben wollen."

Jetzt sitzt Sean Combs hinter Gittern. Der Mann, der vom Gangsterrapper aus Harlem und vom Partymogul der Hollywoodprominenz zum Angeklagten wurde. Ein Mann mit vielen Gesichtern – und offenbar ebenso vielen Geheimnissen. Ein gefallener Star, der nun zu lebenslanger Haft verurteilt werden könnte.

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