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Giovanni Zarrella wagt Neuanfang: "Natürlich hat man da Selbstzweifel"


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Schlagerstar Giovanni Zarrella
"Dann muss man vielleicht ein bisschen kürzertreten"

InterviewVon Melanie Habeck

08.06.2024Lesedauer: 8 Min.
Giovanni Zarrella: Der Sänger bringt im Herbst ein neues Album heraus.Vergrößern des Bildes
Giovanni Zarrella: Der Sänger bringt im Herbst ein neues Album heraus. (Quelle: IMAGO / Future Image)
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Giovanni Zarrella wagt einen musikalischen Neuanfang. Im t-online-Gespräch erklärt der Sänger, warum dafür jetzt der richtige Zeitpunkt ist und wie kritisch er mit sich selbst ist.

Platz eins in den deutschen Charts, Doppelplatin, eigene TV-Show: Nachdem Giovanni Zarrella 2001 mit der "Popstars"-Band Bro'Sis schlagartig berühmt geworden war, mauserte er sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum neuen Stern am Schlagerhimmel. Mit seinen italienischsprachigen Interpretationen bekannter Hits begeistert er ein ganz neues Publikum. Trotzdem verabschiedet sich der 46-Jährige jetzt von seinem Erfolgsrezept.

Künftig möchte Giovanni Zarrella mit eigenen Songs von sich reden machen. Seine am 7. Juni erschienene Single "Fantastico" gibt einen ersten Vorgeschmack, im Herbst folgt ein ganzes Album. Die Augen des Sängers leuchten, als er mit t-online über seine neue Musik spricht. Doch er stimmt auch nachdenkliche Töne an – denn in seiner Karriere lief nicht immer alles nach Plan.

t-online: Ihr neuer Song heißt "Fantastico". Was ist in Ihrem Leben denn gerade alles fantastisch?

Giovanni Zarrella: Das Fantastischste in meinem Leben ist auf jeden Fall meine Familie. Also meine Kinder, meine Frau, meine Eltern, meine Geschwister. Auch mein enger Freundeskreis. Dass es den Menschen, die ich liebe, gut geht. Fantastisch ist aber auch, dass ich meine Arbeit machen darf, die ich wirklich liebe. Dass ich nie das Gefühl habe, dass ich was machen muss, woran ich keinen Spaß habe. Das ist generell auch eine Sache, die ich auch meinen Kindern immer versuche mitzugeben: Dass die auch das finden sollen, was sich für sie nicht nach Arbeit anfühlt. Dass man auch, wenn es mal schwer ist, weiß, wofür man es tut. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Ziel im Leben, weil man einfach auch viel Zeit damit verbringt.

Mit Ihren italienischen Interpretationen bekannter Hits waren Sie zuletzt sehr erfolgreich. Nun schlagen Sie mit eigenen Songs ein neues Kapitel auf: Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür?

Ich habe drei Alben gemacht, auf denen ich große Hits – sowohl deutsche als auch internationale – auf Italienisch gesungen habe. Und mit dem dritten Album hat sich das für mich wie so ein abgeschlossenes Thema angefühlt, wie so eine abgeschlossene Trilogie. Für mich war es persönlich wichtig und an der Zeit, etwas zu machen, was man hinterlässt. Etwas, wo man auch sagen kann: Hey, das ist von mir, das ist meine Musik, mein Lied, mein Album. Ich habe die Songs, die ich neu interpretiert habe, genauso geliebt und die waren unglaublich wichtig für meine Karriere, aber jetzt ist es an der Zeit, etwas zu machen, was von mir kommt. Ich wünsche mir, dass die Leute sagen: "Ich mag das Lied von Giovanni." Sie sollen nicht mehr nur sagen: "Ich mag, wie Giovanni eine italienische Version von Robbie Williams singt."

Wie persönlich wird es auf dem Album? Wie viel Giovanni steckt in den Songs?

Es wird sehr persönlich. Es wird Songs wie "Danza" oder "Fantastico" geben, die nach vorne gehen und Lust aufs Tanzen machen. Aber so, wie es Musik für die Beine braucht, braucht es auch Musik fürs Herz. Das sind immer die beiden Regionen, die ich ansprechen möchte. Ich habe auch einen Song geschrieben, der so ein bisschen die Geschichte von meinem Papa erzählt. Da geht es darum, wie er sein Land verlassen hat, um woanders sein Glück zu finden. Dieser Titel ist schon sehr emotional. Das ist vielleicht der persönlichste Song, den ich je geschrieben habe. Mein Vater kennt ihn tatsächlich auch noch nicht. Ich habe mich noch nicht getraut bis jetzt, ich will erst noch ein bisschen daran feilen.


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Italienisch ist die Sprache, die sich für mich beim Sprechen und Singen einfach normal anfühlt.


Giovanni Zarrella


Warum haben Sie sich dafür entschieden, komplett auf Italienisch zu singen?

Ich habe mir das gar nicht ausgesucht. Ich habe mit Bro’Sis damals auf Englisch gesungen. Zwischendurch habe ich auch mal auf Deutsch gesungen. In der "Giovanni Zarrella Show" vereine ich alle Sprachen: Englisch, Deutsch, Portugiesisch, Spanisch. Aber Italienisch ist die Sprache, die sich für mich beim Sprechen und Singen einfach normal anfühlt. Ich liebe diese Sprache. Ich liebe, wie Italienisch klingt. Das ist die Sprache meines Herzens. Also es ist so eine Sprache, mit der ich Gefühle einfach unglaublich gut ausdrücken kann.

Was für eine Rolle spielt die italienische Sprache in Ihrer Familie?

Eine große Rolle. Also ich habe als Kind zu Hause nur Italienisch gesprochen. Ich spreche es auch fließend. Dasselbe habe ich auch bei meinen Kindern zu Hause gemacht. Mein Sohn spricht auch super Italienisch. Meine Tochter spricht auch gut, aber beim Erstgeborenen habe ich noch ein bisschen mehr darauf geachtet. Ich mag es auch, wenn mich Leute beim Konzert, im Hotel oder im Flugzeug auf Italienisch ansprechen und mir sagen, dass sie in Deutschland geboren sind. Ich finde es schön, wenn man sich das trotzdem beibehält. Ich glaube, dass es ein Geschenk ist, viele Sprachen zu sprechen.

Sie haben nicht nur in verschiedenen Sprachen gesungen, Sie haben auch verschiedene musikalische Stile ausprobiert. Mit Blick auf Ihre Anfänge bei der Castingshow "Popstars": Wie viel Bro'Sis steckt noch in Giovanni?

Ich wäre ohne Bro'Sis jetzt nicht hier. Bro‘Sis ist einfach wirklich ein wichtiges Kapitel und hat mich 2001 überhaupt auf die musikalische Landkarte gebracht. Sonst hätte ich wahrscheinlich nie in so einer Größe stattfinden können. Dafür werde ich ewig dankbar sein. Deswegen gibt es da auch eine große Verbundenheit zwischen uns sechs Bandmitgliedern. Das ist eine Zeit, an die ich unglaublich gern zurückdenke. Das war so aufregend damals. Es war das erste Mal, dass aus meinen Vorbildern Kollegen wurden. Ich erinnere mich an die allererste Ausgabe von "The Dome", das war in Kiel. Da standen wir dann auf einer Bühne mit den Backstreet Boys, Mariah Carey und Enrique Iglesias: Das war schon abgefahren.

Wenn Sie zurück an die Castingzeit bei "Popstars" denken: Haben Sie im Rahmen der Show Dinge gelernt, die Sie heute in Ihrer Karriere noch begleiten?

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Die wichtigsten Sachen bleiben immer die gleichen: Man muss fleißig bleiben. Man muss beharrlich bleiben. Man muss an sich glauben. Man muss vor allem auch arbeiten, wenn es keinen Applaus gibt – das ist die schwerste Arbeit. Das ist auch etwas, was ich über das Leben gelernt habe. Wenn man einen neuen Weg einschlagen möchte, muss man dranbleiben – auch, wenn es mal schwer ist. Dann muss man vielleicht zwischenzeitlich ein bisschen kürzertreten, um dann aber Jahrzehnte lang das tun zu können, was man liebt. Dabei ist es auch wichtig, sein Umfeld mit einzubinden. Wenn die verstehen, wie wichtig eine Sache für dich ist, dann motivieren die dich auch, wenn du gerade mal in einem Tief steckst. So war das bei mir mit dem Casting damals auch.

Hinter Ihnen liegen auch Jahre, in denen es musikalisch nicht so lief wie erhofft. Wie oft kamen da Selbstzweifel auf?

Ich glaube, ich hatte in meinem Leben mehr Momente mit Selbstzweifeln als mit Selbstbewusstsein. Man stellt sich immer infrage. Ich glaube, dass wir als Künstler alle eine sehr sensible Seite haben, weil Kunst immer kritisiert werden kann. Und manchmal steckt da dann eben auch Misserfolg dahinter, das war auch bei mir eine Zeit lang der Fall.

Zwischen dem Ende von Bro'Sis bis 2019, als ich mit meinem Soloalbum wieder den Einstieg in die Charts geschafft habe, lagen 14 Jahre. Zwischendurch hat keiner mitbekommen, dass ich Musik gemacht habe. Trotzdem hat man mich oft im Fernsehen gesehen. Daher haben viele gedacht: Bei dem läuft es doch. Aber während ich in Fernsehformaten wie der "Wok WM" zu sehen war, wollte ich eigentlich Musik machen. Natürlich hat man da Selbstzweifel. Ich kenne keinen Künstler, der sagt: Ich bin der Geilste. Die Künstler, die ich kenne, hinterfragen sich alle sehr – und das macht einen auch besser. Das spornt dich an, besser zu werden und neue Wege zu gehen. Wenn ein Weg nicht funktioniert, dann heißt das nicht, dass das Ziel nicht das richtige für dich ist. Das heißt, dass es einfach ein falscher Weg war. Ich vergleiche das gern mit Fußball: Du kannst mal ein Spiel verlieren, denn am Ende zählt die Meisterschaft. Das ist ein Marathon, kein Sprint. Und ich habe nur ein paar Sprints verloren.

In den nächsten Wochen wird es sehr aufregend bei Ihnen: Sie gehen auf Tour. Das Ganze findet unter dem Motto "Eine italienische Sommernacht" statt. Was darf bei einer solchen Nacht nicht fehlen?

Italienische Musik natürlich: Neben meiner eigenen Musik dürfen auch italienische Klassiker nicht fehlen. Da denke ich zum Beispiel an Popsongs von Umberto Tozzi oder Al Bano & Romina. Natürlich habe ich diese ganzen Songs bei meinen Konzerten auch dabei. Ich möchte den Leuten rund zweieinhalb Stunden Italien geben – und da gehört natürlich auch eine gewisse Leichtigkeit dazu, ein bisschen Dolce Vita. Sich nicht so viele Sorgen übers Morgen machen, also einfach bewusst leben. Was auch nicht fehlen darf, ist ein Aperol Spritz oder ein Glas Wein. Genauso wenig wie eine Pizza: Aber bitte mit Mozzarella, nicht mit Edamer oder Gouda – und erst recht nicht mit Ananas.

Es klingt so, als hätten Sie sich über die Setlist schon Gedanken gemacht. Wie sehr denken Sie auch über Ihre Bühnenoutfits nach?

Bei sommerlichen Outfits tue ich mich schwer, weil ich am liebsten Schwarz trage. Aber im Sommer in einem schwarzen Anzug auf der Bühne stehen, geht natürlich auch nicht. Das wirkt viel zu steif. Da muss ich mir tatsächlich noch ein bisschen Gedanken machen.

Inwiefern ist Ihre Frau da auch eine Inspiration? Fragen Sie sie manchmal um Rat?

Wir checken schon gegenseitig unsere Outfits und gucken, wer was trägt und ob das passend für das Event ist. Es ist auch eigentlich noch nie passiert, dass sich einer von uns noch mal komplett umziehen musste. Aber bei so einer persönlichen Sache wie meiner eigenen Tour habe ich die Dinge gerne selbst in der Hand.

Bald startet die EM, Sie sind ein großer Fußballfan. In Ihrer Familie sind gleich mehrere Nationen vertreten. Welcher Mannschaft drücken Sie in dem Turnier die Daumen?

Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Italien und Deutschland sind meine beiden Lieblingsländer beim Fußball. Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland Europameister wird – und das nicht erst seit Julian Nagelsmann. Die sind einfach aktuell am besten. Von der Qualität auf Augenhöhe ist meiner Meinung nach nur noch Frankreich. Die deutsche Mannschaft hat eine unglaubliche Offensiv-Power: Mit Jamal Musiala, Florian Wirtz, Niclas Füllkrug, Leroy Sané – die leben alle gerade in einer absoluten Primetime. Toni Kroos liefert bei Real Madrid seit Jahren auf höchstem Niveau ab. Es ist sehr schade, dass er nach der EM aufhört, auch wenn ich diese Entscheidung nachvollziehen kann. Es ist gerade genau der richtige Zeitpunkt, um im Turnier zu spielen. Es könnte kein besserer Moment für Deutschland kommen. Und dann kommt auch noch der Heimvorteil: Das macht unglaublich viel aus. Ich glaube, dass in Deutschland eine Euphorie entstehen wird, die Stimmung wird ähnlich sein wie 2006. Das wird die Mannschaft durch das ganze Turnier tragen.

Aber natürlich fiebere ich auch bei Italien mit. Aber die befinden sich gerade in einem Umbruch. Viele Spieler sind schon leicht über ihren Zenit hinaus, auch vom Alter her. Andere sind hingegen noch gar nicht weit genug. Daher werden sie in diesem Turnier nicht vorne mitspielen.

Man merkt, Sie stecken gut drin im Thema. Inwiefern reizt es Sie, mal einen EM- oder WM-Song beizusteuern?

Es wäre schön, wenn "Fantastico" der inoffizielle EM-Song wird. Natürlich wäre das etwas, was ich mir vorstellen könnte. Denn ich liebe nicht nur Musik, ich liebe auch den Fußball extrem. Das sind meine zwei großen Leidenschaften. Daher möchte ich auf jeden Fall irgendwann mal einen offiziellen Track machen. Dieses Jahr hat es einfach vom Timing nicht gepasst, weil wir nicht wussten, wann wir das Album veröffentlichen werden. Aber in zwei Jahren ist die WM: Da nehmen wir das in Angriff.

Verwendete Quellen
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