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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schlagerstar Kerstin Ott "Ich bereue diese Entscheidung nicht"
Ihre Fans kennen Kerstin Ott vor allem durch ihre Hits und Auftritte im TV. Bezieht die Schlagersängerin Stellung zu bestimmten Themen, ist das nicht immer gern gesehen.
Kerstin Ott feierte 2016 ihren Durchbruch mit "Die immer lacht", auch heute noch ein Ohrwurm. Gerade erschien ihre Single "Alte Liebe rostet nie" – und auch diese hat Hit-Charakter. Kerstin Ott ist Optimistin. Das vermittelt ihre Musik. Im Gespräch mit t-online ist sie nicht weniger positiv gestimmt. Sogar bei ernsteren Themen zeigt sie sich hoffnungsvoll.
Doch: Auch ihr machen Dinge Angst. Was genau, verrät sie im Interview. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird deutlich, dass sich Kerstin Ott für Herzensthemen auch überwinden und in Situationen begeben kann, in denen sie sich unwohl fühlt.
t-online: Frau Ott, gibt es etwas, das sich andere Menschen von Ihnen abschauen können?
Kerstin Ott: Meinen Optimismus vielleicht. Ich gehe grundsätzlich positiv an alles ran. Das hat mir eigentlich immer geholfen, auch wenn ich mal eine richtig miese Phase hatte. Dann lege ich meinen Fokus auf gute Dinge. Durch mehr Negativität wird es ja auch nicht einfacher.
Macht Ihnen dennoch gerade etwas Angst?
Die weltpolitische Lage macht schon Angst. Diese Nachrichten, die täglich auf einen einströmen. Da muss ich schon aufpassen, dass ich mir nicht zu viel zumute. Das lässt das Herz schwer werden, das geht aufs Gemüt und belastet mich total. Deshalb habe ich mich jetzt dazu durchgerungen, nicht mehr ständig die Nachrichten zu verfolgen. Eigentlich habe ich das immer leidenschaftlich gern gemacht. Jetzt muss ich einen Mittelweg finden, um alles in Balance zu bringen.
Blicken wir auf etwas Positives: Worauf freuen Sie sich dieses Jahr besonders?
Ich freue mich riesig auf die zweite Hälfte meiner Tour im Februar und März. Auf die Sommer-Open-Airs ebenfalls. Und dann – noch etwas weiter entfernt – auf den 18. Oktober. Da kommt mein neues Album raus. Das Jahr ist ordentlich vollgepackt. Aber so mag ich das.
Man kann es sowieso nicht allen recht machen. Hätte Helene Fischer eine Sendezeit von sieben Minuten gehabt, hätten sich die Leute eben darüber aufgeregt.
Kerstin Ott zu t-online
Sie sind kürzlich bei den "Schlagerchampions" aufgetreten. Einige Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich im Netz darüber geärgert, dass Helene Fischer so viel Sendezeit bekommen hat. Fast eine halbe Stunde. Sie hatten beispielsweise etwa sieben Minuten. Wie denken Sie darüber?
Erst mal muss ich sagen: Man kann es sowieso nicht allen recht machen. Hätte Helene Fischer eine Sendezeit von sieben Minuten gehabt, hätten sich die Leute eben darüber aufgeregt. Das muss man nicht so ernst nehmen. Ich bin einfach froh, wenn ich dabei sein kann und so geht es, glaube ich, den meisten Künstlern. Mich darüber ärgern, dass jemand eine Minute mehr hat als ich, das ist nicht mein Ding. Die Leute, die so eine TV-Sendung machen, überlegen sich ja auch, wer wie lange auftreten soll und warum. Helene hat eben eine sehr große Fanbase. Es ist einfach gemein: Egal, wie sie es machen, es ist nicht richtig.
Noch ein großes Thema bei Schlagershows ist der Play-back-Gesang. Daran gibt es immer wieder Kritik. Zurecht?
Ich kann das produktionsmäßig absolut nachvollziehen, dass wir in den Shows Play-back singen. Es bräuchte sonst für jeden Künstler einen einzelnen Soundcheck. Es würde viel mehr Technik benötigt werden, wenn alles live wäre. Damit wird eben auch versucht, die Kosten etwas geringer zu halten. Ich weiß mittlerweile, wie das läuft im Fernsehen und kann mich da gut einarbeiten.
Ich möchte noch auf ein Thema zu sprechen kommen, über das wir uns vor zwei Jahren unterhalten haben: Sie haben damals erzählt, dass sie sich vegetarisch ernähren, aber ein veganes Leben anstreben. Jetzt leben Sie vegan. Was hat Sie letztlich dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?
Ich mochte Käse so gern, das hat mich echt davon abgehalten. Aber meine Frau lebte schon länger vegan, so hat sie mich dann mitgezogen. Außerdem habe ich mich mehr und mehr mit dem Tierleid beschäftigt. Ich konnte es nur schlecht aushalten, Teil einer Maschinerie zu sein, die Tiere quält, in kleinen Käfigen hält, nur um sich dann davon zu ernähren. Je mehr mir das bewusst wurde, desto klarer wurde für mich dieser Schritt.
Seit wann leben Sie jetzt vegan?
Ich lebe jetzt seit ungefähr einem Jahr vegan. Ich bereue diese Entscheidung nicht. Mir fehlt nichts und ich sehe es nicht als einen Verzicht an. Im Gegenteil.
Achten Sie auch beim Kauf von Kleidung darauf, dass diese vegan ist?
Natürlich, ich verzichte auf jeden Fall auf Leder. Allerdings ist es schwierig für mich, alltägliche Klamotten zu finden, die vegan sind, weil es schlecht ausgezeichnet ist. Ich hoffe, das ändert sich noch. Aber ich gebe mein Bestes und google so viel ich kann.
Für viele Menschen kommt es nicht infrage, sich tierfrei zu ernähren oder überhaupt vegetarisch. Viele lehnen dies sogar kategorisch ab. Wie verhalten Sie sich gegenüber solchen Personen?
Ich fokussiere mich nicht auf andere, sondern nur auf mich. Denn ich weiß, wie es ist, wenn mir jemand etwas ausreden möchte. Damit bewirkt man meist das Gegenteil. Von daher halte ich mich zurück.
Ihre Peta-Kampagne wirkte aber nicht zurückhaltend.
Die Kampagne mit Peta lag mir einfach am Herzen. Da stehe ich komplett dahinter, kann aber auch akzeptieren, wenn das jemandem nicht gefällt. Auch wenn ich mir natürlich wünschen würde, dass sich mehr Leute für ein veganes Leben entscheiden.
Wie sind denn die Reaktionen Ihrer Fans auf solche Aktionen von Ihnen?
Das ist sehr geteilt. Ich glaube, viele fühlen sich unberechtigter Weise von mir angegriffen. Aber wenn man in einer Runde sitzt und sagt, man ist vegan, dann ist auch immer einer dabei, der sich angegriffen fühlt, weil er Fleisch isst. Obwohl man ihn gar nicht konkret anspricht.
Ich würde niemanden davon überzeugen wollen, dass ich alles richtig mache.
Kerstin Ott zu t-online
Suchen Sie da die Diskussion?
Nein, ich rechtfertige mich auch nicht. Das verlange ich auch von anderen nicht. Wenn es jemandem nicht gefällt, was ich mache, kann er sich ja nach jemandem umschauen, dem er lieber folgt. Dann ist das in Ordnung für mich. Ich würde niemanden davon überzeugen wollen, dass ich alles richtig mache.
Die Bilder von Peta sind immer sehr stark. Auch Ihre. Sie haben sich für die Kampagne oberkörperfrei fotografieren lassen. Mussten Sie da länger drüber nachdenken?
Ich habe das nur für die gute Sache gemacht. Normalerweise würde ich mich niemals – und sei es für alles Geld der Welt – oberkörperfrei irgendwo hinstellen, denn ich bin kein freizügiger Mensch. Das hat mich sehr viel Überwindung gekostet. Aber mir war klar, dass ich mehr Aufmerksamkeit errege, wenn ich diesen Schritt gehe. Weil die Menschen nicht damit rechnen. Aber schön war das nicht für mich.
- Interview mit Kerstin Ott
- Eigene Recherchen