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Dieter Bohlen irritiert mit Russland-Aussagen: Das kann nicht sein Ernst sein


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Wirre Bohlen-Aussagen
Dieser Mumpitz kann nicht sein Ernst sein

  • Steven Sowa
MeinungEin Kommentar von Steven Sowa

Aktualisiert am 13.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Shitstorm für Poptitan: Dieter Bohlen hat öffentlich gegen die russischen Sanktionen und die deutsche Politik gehetzt. (Quelle: t-online)
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Dieter Bohlen ist übers Ziel hinausgeschossen. Seine Aussagen zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind zynisch – und spielen Putin in die Karten.

"Inwiefern wäre Politik etwas für dich?", wird Dieter Bohlen in einem Interview gefragt und nachdem die Antwort des selbsternannten Poptitans klar ist, möchte man rufen: nichts! Politik ist nichts für ihn! Denn mit Sätzen zum russischen Angriffskrieg, die der 68-Jährige auf der "Founder Summit 2022" fallen lässt, hat er sich für politische Aufgaben disqualifiziert.

Eine Gewissheit, die so manchem Fan vielleicht ein Dorn im Auge ist. Denn der Mann, der dort im Anzug auf der Bühne sitzt, erreicht regelmäßig ein breites Publikum – allein bei Instagram folgen ihm 1,5 Millionen Menschen. Er wird sogar wieder bei RTL den DSDS-Juror geben, obwohl sich der Privatsender eigentlich von ihm verabschiedet hatte, mit dem Ziel der Neuausrichtung. Mit Bohlen, der regelmäßig Nachwuchskünstler beleidigt, sah man bei RTL die neu auferlegte "Familienfreundlichkeit" offenbar gefährdet. Jetzt darf er doch wieder: 2023 wird er für die 20. Staffel ein letztes Mal die große Bühne bekommen.

Also steht der einstige Modern-Talking-Musiker plötzlich wieder im Scheinwerferlicht und nutzt dies für Einladungen – wie jetzt zur Entrepeneur University, dich sich selbst als "Weiterbildungsmarke für Selbstständige & Unternehmer" betitelt. Seine Aussagen in seiner gut 42-minütigen Rede zu Aktien, dem Immobilienmarkt und der "Marke Bohlen" dienen der Selbstdarstellung, erzeugen aber kaum Aufregung. Es ist nur ein rund zweiminütiger Abschnitt, etwa ab Minute 22, der nun diskutiert wird – im Video oben oder hier sehen Sie ihn.

"Politik ist ja so ein Ding, es gibt immer verschiedene Meinungen", steigt Bohlen bei seiner Argumentation mit einer Binsenweisheit ein. Es ist der harmlose Teil seiner haarsträubenden Rede, erst danach wird es wild. "Wenn die diese Sanktionen nicht gemacht hätten und man hätte sich vernünftig an einen Tisch gesetzt, dann bräuchten die Leute nicht diesen ganzen Firlefanz zu machen. Jetzt müssen wir frieren."

Wasser auf die Mühlen der AfD

Was genau Bohlen damit meint, wenn er sich "vernünftig an einen Tisch" setzen will, ist unklar. Die gigantische Tafel im Kreml bei Wladimir Putin kann er nicht gemeint haben. Denn dort saßen bereits vor Kriegsbeginn Regierungschefs wie Olaf Scholz oder Emmanuel Macron und haben versucht, den russischen Despoten von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine abzuhalten. Telefonate hat es seitdem auch immer wieder gegeben: erfolglos.

Bohlens Rufe nach Vernunft sind wohlfeil, denn sie geben vor, neu oder originell zu sein, sind aber weder das eine noch das andere. Gesprächsformate sind immer wieder gesucht worden, doch wenn der Kreml-Despot ein Land angreifen lässt, hört er ob der Gegenattacken nicht plötzlich auf zu fuchteln – es sei denn, seine Kraft ermüdet und der (Schein)riese kommt zum Stehen. Ein rationales Verhalten kann Putin jedenfalls schon längst nicht mehr unterstellt werden.

Zumal Bohlens Worte das Gegenteil von besonders ausgefallen sind. Er wiederholt nur, was in verschiedenen offenen Briefen seit Monaten immer wieder proklamiert wird. Die AfD jubelt bereits über einen neuen Anhänger. Bundessprecher Tino Chrupalla schreibt auf Twitter: "Dieter Bohlen vertritt den Standpunkt der AfD." Das Narrativ der vermeintlichen Kriegsversteher ist einfach gestrickt: Demnach seien die Sanktionen wirkungslos, stattdessen müssten Russland gegenüber Zugeständnisse gemacht werden.

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Was für eine verquere Weltsicht! Wer aggressiv auftritt, Nukleardrohungen ausspricht und ein friedliches Nachbarland unter fadenscheinigen Vorwänden unterjochen will, bekommt, was er will? So darf die Welt im 21. Jahrhundert nicht funktionieren. Russland gerät in den vergangenen Wochen zunehmend unter Druck, verliert an Boden in der Ukraine, Zehntausende verlassen das Land wegen der ohnehin schleppend anlaufenden Teilmobilmachung. All das zeigt: Waffenlieferungen und Sanktionen verfangen sehr wohl – ob der Rubel nun steigt oder nicht. Denn allein die Währung gibt wenig Aufschluss über die arg schwächelnde russische Wirtschaft.

"Dann müsst ihr echt mega viel Ahnung haben"

Man möchte Bohlen nach diesem Mumpitz seine eigenen "Karrieretipps" entgegenhalten, die er bei seinem Auftritt verbreitet. "Wenn ihr wirklich die Wahrheit sagen wollt und eure Fresse aufreißen wollt, dann müsst ihr echt mega viel Ahnung haben. Sonst funktioniert das nicht. Nur Fresse aufreißen und man hat nur mittelmäßig Ahnung: Dann machen die dich fertig." Ja genau, Herr Bohlen: Manchmal hilft die Erinnerung an das Sprichwort "Schuster, bleib bei deinem Leisten!"

Jetzt bekommt der Musikproduzent eben die Quittung. Angegangen wird er zum Beispiel vom mehrfachen Boxweltmeister Wladimir Klitschko, Bruder des Kiewer Bürgermeisters. "Ist dir egal, dass wir einen Genozid gegen alles Ukrainische erleben?", ruft der Bohlen entgegen. Und ja, Klitschko hat recht. Es wirkt zynisch, wenn Dieter Bohlen sich offenbar mehr darum sorgt, dass Menschen hierzulande frieren, als über die Toten in der Ukraine. Dieter Bohlen, die AfD und einige mehr sollten vielmehr Angst vor einer Weltordnung haben, in der Diktatoren die Regeln machen – und sich dann noch einmal überlegen, ob man Putin rhetorisch in die Karten spielen möchte.

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