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Oscars-Skandal 2022: Will Smith schlägt Chris Rock ins Gesicht. Das geht zu weit!


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Oscar-Skandal 2022
Ein Schlag ins Gesicht

  • Steven Sowa
MeinungVon Steven Sowa

Aktualisiert am 28.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Der Skandalmoment der Oscars 2022: Will Smith schlägt Chris Rock vor einem Millionenpublikum ins Gesicht.Vergrößern des Bildes
Der Skandalmoment der Oscars 2022: Will Smith schlägt Chris Rock vor einem Millionenpublikum ins Gesicht. (Quelle: Brian Snyder/reuters)

Diesen Moment wird niemand vergessen. Will Smith klatscht Chris Rock eine Schelle ins Gesicht, dass es förmlich um die ganze Welt hallt. Ein Millionenpublikum ist fassungslos – und das völlig zu Recht.

Ein Schlag ins Gesicht. Diese Worte verwenden Journalisten gerne, wenn sie brisante politische Entscheidungen oder Reden kommentieren. Doch diesmal ist das wortwörtlich gemeint. Will Smith hat Chris Rock ins Gesicht geschlagen. Einfach so. Aus dem Nichts. Während der diesjährigen Oscars. Vor einem Millionenpublikum.

Nein, dieser Moment war nicht gescriptet. Die beiden Schauspieler, die für ihren Humor bekannt sind, haben sich nicht abgesprochen und hier einen irren Gag inszeniert. Das war auch kein Stunt, um der Welt vor Augen zu führen, wie unfassbar authentisch Hollywood ist. Und das, obwohl es Chris Rock nach dem Vorfall ablehnte, Anzeige zu erstatten. Die Polizei von Los Angeles sah sich gar zu einem Statement gezwungen – mehr dazu lesen Sie hier.

Will Smith hat aus dem Affekt heraus gehandelt – und so impulsiv reagiert wie jemand, der tief getroffen wurde. Es war dieser eine Satz, der Smith provoziert hat und das Fass zum Überlaufen brachte: "Ich kann es kaum erwarten, dich in 'Die Akte Jane 2' zu sehen", sagte Chris Rock in Richtung von Wills Ehefrau Jada Pinkett Smith. Ein geschmackloser Witz, der darauf referierte, dass Demi Moore damals mit kahlgeschorenem Kopf in "Die Akte Jane" zu sehen war und Jada Pinkett Smith aufgrund einer Erkrankung unter Haarverlust leidet.

Die 50-Jährige verdrehte fassungslos die Augen angesichts des schlechten Scherzes. Ihr Mann jedoch stand auf und lief schnurstracks zu Chris Rock auf die Bühne. Dort geschah er dann: der Skandalmoment, der ab da den restlichen Abend überschattete. Niemand redete mehr über den Gewinnerfilm "Coda" oder den überraschend leer ausgegangenen Favoriten "The Power of the Dog", der von zwölf Nominierungen lediglich einen Preis gewann. Oder über den Elefanten im Raum, der die Oscars in diesem Jahr in ein schlechtes Licht rückte: Denn so unpolitisch und irrelevant wie 2022 waren die Academy Awards selten – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Ukraine im Krieg versinkt.

Smith rechtfertigte: "Bin dafür da, Menschen zu beschützen"

Dieser Schlag hatte also mehr als nur den roten Abdruck auf Chris Rocks Wange hinterlassen. Eine Ohrfeige mit mehreren Ebenen, gewissermaßen. Als Zuschauer saß man erst fassungslos, ungläubig und völlig perplex vor dem Fernseher: "Das hat er gerade nicht wirklich gemacht?", schoss einem durch den Kopf. Als dann schnell klar wurde, dass Will Smith seinen Kollegen mit Absicht und ohne vorherige Absprache geohrfeigt hatte, folgte die nächste Ebene. Die Rekonstruktion der Männerfehde.

Die Krankheit von Jada Pinkett Smith, Chris Rocks Gags im Jahr 2016, als er sich bereits über die Schauspielerin lustig gemacht hatte, weil diese nicht bei den Oscars dabei war: Das sorgte schnell für Verständnis. Plötzlich fühlte man mit Will Smith. Irgendwie kann man ihn ja verstehen, dachte man bei sich. Oder wie der diesjährige Gewinner der Hauptdarsteller-Kategorie es anschließend in seiner Dankesrede selbst ausdrückte: "Ich bin dafür da, Menschen zu beschützen." "Liebe lässt dich verrücke Sachen machen", fügte er noch an. Seine Frau ist krank, ein Komiker spottet über sie: Na klar, da brennen einem schnell mal die Sicherungen durch – kann passieren, Will!

Aber dann kam die dritte Ebene. Jeder, der schon mal die Oscars gesehen hat, kennt diese Veranstaltung auch als bissige Humorparade. Witze unter der Gürtellinie, harte politische Abrechnungen und scharfzüngige Kommentare über Kolleginnen und Kollegen oder die Hollywoodbranche im Allgemeinen. Das gehört zur Tagesordnung der Oscars. Wer das nicht abkann, muss zu Hause bleiben. Gerade diese Schärfe macht den Reiz des wichtigsten Filmpreises der Welt aus. Allzu oft gerät er zur Selbstbeweihräucherung. Zu einer Art Schaulaufen: viel Glitzer, reichlich Glamour – wenig dahinter.

Kein Gag ist Freifahrtschein für Gewalt

Aber die Gastgeber, die Moderatoren, die durch die Show führen, sorgen für das gewisse Etwas. Was wurde Jimmy Kimmel für seine Witze 2017 und 2018 gelobt, oder Chris Rock: Als er 2016 durch den Abend führte, blieb vielen das Lachen im Halse stecken. Aber im Nachhinein war es das, worüber geredet und gefeiert wurde. Jetzt hat es Will Smith geschafft, in einem Moment der überbordenden Emotionen alles kaputtzumachen. Ein Gag, ein Schlag – und schon ist die Hollywoodwelt eine andere.

Natürlich darf man Verständnis haben für einen Mann, dessen Frau der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Aber ist das ein Freifahrtschein für Gewalt? Wollen wir Ohrfeigen salonfähig machen, weil wir Will Smith dafür feiern, dass er seinen Mann gestanden hat? Oder wäre es nicht viel wirkmächtiger gewesen, er hätte verbal auf Chris Rocks misslungene Äußerung reagiert? Ein Zwischenruf, ein schlagfertiger Konter: gerne. Aber eine Hand, die mit voller Wucht in das Gesicht eines Gegenübers scheppert? Nein, danke. Das wäre wahre Größe gewesen, denn sie hätte nur einen Mann im Raum schlecht aussehen lassen. Nun muss sich nicht nur Chris Rock, sondern auch Will Smith den Vorwurf gefallen lassen, zu weit gegangen zu sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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