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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Drama beim Eurovision Song Contest Der Wettbewerb versinkt im Chaos
Joost Klein, der ESC-Kandidat der Niederlande, ist vom Wettbewerb ausgeschlossen. Vor dem Finale am Samstag droht beim Veranstalter das Chaos auszubrechen.
Das war's wohl. Joost Klein, der mit seinem Lied "Europapa" zum engen Favoritenkreis auf den Sieg beim Eurovision Song Contest galt, wurde von der veranstaltenden European Broadcasting Union (EBU) disqualifiziert. Er soll eine Angestellte der EBU nach dem zweiten Halbfinale am Donnerstag verbal angegangen haben. Was zuvor passierte, ist nicht bekannt – ebenso wenig wie die Antwort auf die Frage, ob Joost wirklich ausfällig geworden ist. Die Untersuchungen der schwedischen Polizei dauern an.
Dabei war lange überhaupt nicht klar, was im Hinblick auf den ungeklärten Vorfall passiert. Bereits am Freitag wurde Joost Klein von der ersten Jury-Probe ausgeschlossen. Kommunikation von Seiten der EBU gab es schlichtweg nicht.
Eigentlich ist der Eurovision Song Contest ein Musikwettbewerb. Die Musik rückt in diesem Jahr allerdings in den Hintergrund – denn schlechte Kommunikation, Drama um Kandidaten und Proteste bestimmen 2024 den Wettbewerb.
Wilde Gerüchte im Vorfeld des Wettbewerbs
Schuld daran hat vor allem die EBU. Lange hat sie die Situation um Joost Klein nicht kommentiert und damit wilde Gerüchten in den sozialen Netzwerken und in vielen internationalen Medien angefacht. Mal sollte die israelische Delegation Schuld am Ausschluss des Niederländers sein, andere Gerüchte besagten, Joost solle einen Fotografen geschlagen haben. Beides stellte sich hinterher als heiße Luft heraus.
Die EBU hätte diese kommunikative Vollkatastrophe vermeiden können, wenn sie rechtzeitig relevante Informationen mit den Pressevertreterinnen und -vertretern vor Ort geteilt hätte. Dass Journalistinnen und Journalisten mehr als zwölf Stunden auf offizielle Infos warten müssen, darf bei einem solchen Großevent nicht passieren. Es führt dazu, dass sich Gerüchte schneller verbreiten, als geprüfte Informationen veröffentlicht werden können.
Diese mangelhafte Kommunikation führte bei der Probe am Freitag zu unschönen Szenen. Als Martin Österdahl, der Supervisor der EBU, während der Probe vermeldete, dass die testweise abgegebenen Ergebnisse aus dem Televoting bereit zur Verkündigung seien, buhte ihn das Publikum in der Arena von Malmö lautstark aus.
Die Musik rückt in den Hintergrund
Das Chaos um den Ausschluss der Niederlande vom Eurovision Song Contest reiht sich nahtlos in eine turbulente Woche ein. Der Trubel um die israelische Kandidatin, die sich Morddrohungen ausgesetzt sah, große Demonstrationen in Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza, Anschuldigungen gegen die israelische Presse von Bambi Thug, den irischen Beitrag als "satanistisch" bezeichnet zu haben.
Hinzu kommen Aufrufe in den sozialen Medien, beim Televoting ungeachtet der musikalischen Qualität für Israel anzurufen – trotz des langweiligen Beitrags, einer Power-Ballade, die angesichts dieser Aufrufe eine echte Chance haben könnte, sich gegen die musikalisch deutlich interessantere Konkurrenz aus der Schweiz, aus Kroatien, aus Frankreich oder Irland durchzusetzen.
Damit gilt das ESC-Motto "United by Music" ("Vereint durch Musik") in diesem Jahr nicht mehr. Viel eher ist die gesamte Veranstaltung im Jahr 2024 "United by Chaos", im Chaos vereint. Und das ist des Wettbewerbs unwürdig und unfair für die Künstlerinnen und Künstler, die beim ESC endlich die große Bühne bekommen, die sie verdienen.
- Eigene Beobachtungen