Moderner Hybrid Beck und sein außerweltlicher "Hyperspace"-Pop
London/Hamburg (dpa) - Dass man sich beim 49-jährigen Beck Hansen (ursprünglich Bek David Campbell) nie sicher sein kann, wie er demnächst klingt, zieht sich durch die drei Dekaden seine Karriere. Auch sein neues Werk "Hyperspace" weiß nun wieder zu überraschen.
Früher produzierte der US-Amerikaner mal genreverschmelzende Collagen aus Funk, Pop, Hip-Hop und Rock wie auf "Odelay" (1996) und "Midnite Vultures" (1999), dann schrieb er Songperlen voller Herzschmerz für "Sea Change" (2002) und "Morning Phase" (2014). "Colors" (2017) war ein von Kritikern gelobtes, mitreißendes Melodien-Werk.
Gemeinsam ist diesen Alben, dass Beck damit immer wieder musikalische Grenzen auslotete. Sieben Grammys verteilen sich auf seine diversen Platten. Der Sänger, Songwriter und Multiinstrumentalist hat nie nachgelassen - auch 25 Jahre nach seinem Durchbruchs-Hit "Loser" klingt er kein bisschen gestrig.
"Ich war mit Bands auf Tour, wo die Fans jedes Wort ihrer Lieder mitsingen, und dachte dann immer: Oh, das ist wunderschön, das hätte ich auch gerne", erzählt Beck im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Doch meine Rolle in der Musik ist die des Experimentierers. Ich begebe mich an neue Orte und erforsche sie - andere kommen dann und können eine bessere Version davon machen. Sie fällen die Bäume, stutzen die Büsche, so dass ein Weg durch das Dickicht hindurchführt."
Beck räumt ein, dass er zuletzt versucht habe, eine Balance zu schaffen, um nicht sein Publikum zu verlieren. Das 14. Studioalbum "Hyperspace" - benannt nach einem Videospiel, das er als Heranwachsender gerne spielte - ist ein moderner Hybrid aus psychedelischem Rock, introspektivem Folk und futuristisch anmutenden Beats, über die er singt und rappt.
In den poppigsten Momenten erinnert die Platte an die schwerelosen Klanglandschaften der Franzosen Air. So atmosphärisch, verträumt und außerweltlich hat Beck jedenfalls noch nie geklungen. Es rumpelt und kratzt nicht mehr ganz so sehr.
Als Kollaborationspartner sind Kumpel Chris Martin von Coldplay als Backing-Sänger in "Stratosphere" sowie US-Sängerin Sky Ferreira beim Stück "Die Waiting" mit an Bord. Pharrell Williams - bekannt durch seinen Welthit "Happy" und Produzentenarbeit für Jay-Z, Gwen Stefani und Justin Timberlake - hat an sieben der elf Lieder mitgewerkelt.
"Ich fragte mich anfangs, ob ich mit ihm mithalten könnte", gibt Beck zu. "Aber Pharrell hat diese positive, kreative Strahlkraft. Egal mit welcher Idee du bei ihm ankommst, er nimmt sie auf und macht was draus. Pharrell ist einer der Künstler, der die Büsche stutzt und sie toll aussehen lässt."
Thematisch setzt sich Beck auf "Hyperspace" mit Technologie auseinander - und was sie mit uns macht. "Wenn man in sozialen Netzwerken unterwegs ist, ist die Begierde endlos. Es ist wie ein Bankett, bei dem du hungrig bleibst. Denn am Ende des Tages sehne ich mich immer noch nach einer echten menschlichen Verbindung", erklärt der Musiker. Die eigentliche Botschaft seiner neuen Platte sei: Nur durch die Verbindung zu anderen Menschen fühlen wir uns ganz.
Beck, der Mitglied bei der umstrittenen Scientology-Organisation ist, stammt aus einer Künstlerfamilie. Sein Vater ist der Arrangeur David Campbell, seine Mutter Bibbe Hansen gehörte in den 60ern als Performance-Künstlerin zu Andy Warhols "Factory"-Szene. Dass die Familie viele Jahre vor Becks Durchbruch völlig mittellos war, konnte ihn nicht davon abhalten, ihnen in den Künstler-Beruf zu folgen. "Ich sagte mir: Okay, ich habe kein Geld, aber ich kann in die Bibliothek gehen, mir Bücher ausleihen und mir meine eigenen Welten schaffen."
Es waren Musiker wie David Bowie, Marc Bolan/T. Rex, Sly Stone und Prince, die ihn inspirierten. Mit "The Paisley Park Sessions" hat Beck wenige Tage vor dem Erscheinen von "Hyperspace" eine neue EP über Amazon Music veröffentlicht, die im berühmtem Studio A auf dem Prince-Anwesen in Minnesota aufgenommen wurde.
Unter den drei darauf enthaltenen Songs ist neben einer neuen Version von Becks "Where It’s At" auch ein Medley von Prince-Hits. "Ich sah das letzte Konzert von Prince, bevor er starb", sagt Beck. "Wie er sich bewegte, war beeindruckend. Das wird mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben."