Boykott-Drohungen In der Filmbranche ist ein folgenschwerer Streit ausgebrochen
Hinter den Kulissen der Filmindustrie gärt ein Konflikt, der die Branche nachhaltig verändern könnte. Es geht um Lizenzrechte, Absprachen und vor allem um: Geld. Ein Animationsfilm droht das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Der Online-Erfolg des Animationsfilms "Trolls World Tour" könnte die Filmindustrie verändern und sorgt für heftigen Streit mit der Kinobranche. Der Filmtheater-Betreiber AMC, zu dem in Deutschland die UCI-Kinos gehören, will keine Filme des Studios Universal mehr zeigen. Auslöser für die Drohung war die Ankündigung eines Top-Managers, Filme in Zukunft gleichzeitig in die Kinos und in den Online-Verleih zu bringen.
Traditionell werden neue Filme erst im Kino gezeigt und stehen erst einige Monate später zum Kauf oder Ausleihen sowie Streaming zur Verfügung. Dieses Zeitfenster ist in den vergangenen Jahren bereits kürzer geworden und es gab auch Ideen, Filme zeitgleich zu ähnlichen Preisen wie beim Kinobesuch einer Familie online zu verleihen.
Corona-Krise rückt Streaming in den Vordergrund
Die Schließung der Kinos in der Corona-Krise schob nun Kinostarts auf – einige Filme wie die "Trolls"-Fortsetzung gingen aber direkt in den sogenannten Premium-Online-Verleih für knapp 20 Dollar in den USA und 15 Euro in Europa. Für Universal zahlte sich das aus: In drei Wochen spielte der Film allein im US-Markt knapp 100 Millionen Dollar ein, wie das "Wall Street Journal" am Dienstag berichtete. Der Chef von NBCUniversal, Jeff Shell, machte in der Zeitung eine weitreichende Ankündigung: "Wir gehen davon aus, dass wir Filme in beiden Formaten veröffentlichen werden, wenn die Filmtheater wieder öffnen."
AMC, die weltgrößte Kinokette, konterte mit einem offenen Brief. "Ab sofort wird AMC keinen Film von Universal in einem seiner Kinos in den USA, Europa oder dem Mittleren Osten vorführen", schrieb AMC-Chef Adam Aron. Genauso werde der Kinokonzern auch gegen jedes andere Studio vorgehen, das den Exklusiv-Zeitraum für Filmtheater nicht einhalten wolle. Bestrebungen von Universal, Filme zum Kinostart auch zuhause verfügbar zu machen, seien bereits seit Jahren bekannt.
Oscars ändern einmalig die Statuten während Corona-Pandemie
Kinos stehen angesichts des Streaming-Booms der vergangenen Jahre bereits unter Druck und hielten sich unter anderem dank Blockbustern wie den "Marvel"-Comic-Verfilmungen über Wasser. Zugleich wurde mitten im Streit zwischen AMC und Universal bekannt, dass in diesem Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie einmalig auch Filme in die Oscar-Auswahl kommen werden, die nicht im Kino liefen. Bisher hatten Streaming-Dienste wie Netflix ihre Exklusiv-Produktionen zumindest in wenige Kinos gebracht, damit sie ins Rennen für einen Oscar gehen.
Auch in Deutschland steht die Branche an einem Scheideweg: Viele Kinos bangen in der Corona-Krise um ihre Existenz. Sollten mehr und mehr Filme in den Streamingbereich abwandern, werden die Lichtspielhäuser womöglich reihenweise in die Insolvenz stürzen – vor allem da ihnen durch die Schließungen aktuell essentielle Einnahmen wegbrechen. Erste Betriebe gaben bereits an, dass sie ohne weitere Hilfen schon in den kommenden vier Wochen Insolvenz anmelden müssten. Fast 60 Prozent der insgesamt 1734 Kinos in Deutschland befürchten, nur noch "zwei bis drei Monate durchhalten" zu können.
- Nachrichtenagentur dpa
- Hauptverband deutscher Kinos: "Den deutschen Kinos droht durch Corona-Shutdown eine akute Insolvenzwelle"