Shakespeare-Verfilmung Michael Fassbender als "Macbeth": Shakespeare für die "Game of Thrones"-Generation
Seit mehr als 400 Jahren meuchelt Macbeth auf den Theaterbühnen dieser Welt. Der australische Regisseur Justin Kurzel wagt sich nun mit hochkarätiger Besetzung - Michael Fassbender als Macbeth und Marion Cotillard als Lady Macbeth - erneut an das Stück aus dem späten 16. Jahrhundert.
Das Stück handelt vom Aufstieg und Fall eines von Ehrgeiz und Machthunger besessenen Herrschers im mittelalterlichen Schottland. Die extrem bildstarke, rau-emotionale Interpretation des Australiers Justin Kurzel mit den charismatischen Stars Michael Fassbender (demnächst in "Steve Jobs") und Marion Cotillard (Oscar-gekrönt für "La vie en rose") als mörderischem Fürstenpaar packt den Zuschauer. Kritiker würdigten das Werk bereits als textlich reduzierten, aber äußerst eindringlichen "Shakespeare für die "Game of Thrones"-Generation".
Zwar belässt der Regisseur "Macbeth" im Mittelalter. Und doch wirkt die Produktion zugleich, als sei sie eine Deutung der diversen Machtkämpfe im Nahen Osten mit ihren vielen gnadenlosen Kriegern - und entsprechenden Frauen. Kämpfe, die uns durch die Asylantenströme aus der Region auf einmal hautnah gerückt sind.
Kurzel zeigt, was der Krieg mit Männern macht
In fahlen, fast farblosen Szenarien zeigt Kurzel zunächst drastisch-direkt, was der britische Dramatiker in seinem Stück nur in Worten schildern lässt: Was der Krieg mit Männern macht. Die Schlacht, aus der Macbeth und sein getreuer Banquo (Paddy Considine) eingangs dank ihrer Kühnheit siegreich hervorgehen, ist wegen der nahe am Bodenmatsch angebrachten Kameras in ihrer Brutalität wie in Zeitlupe zu erleben: In einsamer, unwirtlich-karger Hochlandnatur, eingehüllt in Kälte und Nebel, gehen brüllende Soldaten, oft mit Kindergesichtern, kaum geschützt aufeinander los und stechen einander ab.
Hält sich Macbeth danach noch immer für einen Mann der Mäßigung, ist es doch für seine ehrgeizige Frau leicht, ihn mit Sex und süßen Worten in ein Monster zu verwandeln: Den gütigen König Duncan (David Thewlis) soll er umbringen, um nach der Weissagung dreier Hexen selbst König zu werden - und sie Königin.
Während eine Untat schnell die andere nach sich zieht - so lässt Macbeth die gesamte Familie seines Widersachers Macduff (Sean Harris) hinrichten -, wird der Titelheld unaufhaltsam fanatischer ("von Skorpionen voll ist mein Gemüt") und größenwahnsinniger. Seine Frau hingegen suchen die Dämonen ihrer Schuld heim, fiebrig nachtwandelt sie und stirbt im Wahn.
Falsch verstandene Religiosität
Bei alledem spielt der Film auf die Rolle falsch verstandener Religiosität an: Wichtige Kulissen bilden eine kleine (Film-)Feldkapelle sowie die Kathedrale von Ely in Südengland, ein im elften Jahrhundert begonnener Prachtbau von ornamentaler Schönheit. Diese Rahmen verweisen auf das Selbstbewusstsein des Herrscherpaars in seiner als gottgewollt angesehenen Stellung. Sie betonen im Kontrast aber auch das so gottferne, erzböse Treiben beider Tyrannen.
Schon bei den Jüngsten geht die Saat der Gewalt auf
Kurzels "Macbeth" beginnt mit der Beerdigung des einzigen Kindes des Antihelden: Macbeth legt ihm Steine in die Augenhöhlen, bevor man es in der öden Landschaft verbrennt. Jungen und Mädchen als Erben von Krieg und Grausamkeit wirken dann wie ein Leitmotiv in dem folgenden Geschehen. Nicht nur werden - wie tatsächlich in Geschichte und Gegenwart - Halbwüchsige in die Kriege eingezogen.
Am Ende scheint die Saat der Gewalt auch schon bei den Jüngsten aufzugehen: Fleance, Banquos kleiner Sohn und laut Hexen-Orakel zukünftiger König, nimmt Macbeths Kriegsschwert in die Hand und geht dem Morgenrot entgegen.
Tradition hochkarätiger "Macbeth"-Verfilmungen
Auch früher hat der machtgierige Herrscher, der seine Gegner immer skrupelloser beiseite schafft und so kontinuierlich neuen Hass und Feindschaft provoziert, im Kino bereits eine Blutspur hinterlassen.
Die Adaptionen des gleichnamigen Shakespeare-Versdramas von 1606 durch die Leinwandgenies Orson Welles (1947), Akira Kurasawa ("Das Schloss im Spinnwebwald", 1957) und Roman Polanski (1971) gehören dabei zu den unvergessen spektakulärsten.