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Serena Williams vor Wimbledon-Comeback: Das große Fragezeichen


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Comeback bei Wimbledon
Wie fit ist Serena Williams wirklich?

Von Jannik Schneider, London

Aktualisiert am 28.06.2022Lesedauer: 5 Min.
Serena Williams: Sie ist auch außerhalb des Tennisplatzes eine erfolgreiche Frau.Vergrößern des Bildes
Serena Williams: Sie ist auch außerhalb des Tennisplatzes eine erfolgreiche Frau. (Quelle: Xinhua/imago-images-bilder)
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Nach einem Jahr Wettkampfpause tritt Serena Williams wieder in Wimbledon an. Ihre Ziele sind groß – aber es hakt noch bei ihr.

Nein, gegen den Regen in London konnte selbst eine "Goat"-Anwärterin ("Greatest Of All Time" Anm. d. Red.) nichts ausrichten. Der setzte am Montag nicht nur verlässlich eine halbe Stunde nach Turnierstart ein, sondern hinderte Serena Williams und ihr fünfköpfiges Funktionsteam auch daran, die für 12 Uhr Ortszeit angesetzte Übungseinheit im Aorangi-Trainingspark pünktlich zu starten.

Etwas zurückgezogen von der Spielercafeteria und einer Lounge wartete die 40-Jährige geduldig auf Besserung. Als die in Sicht war, startete Williams die Generalprobe für ihr erstes Einzel seit einem Jahr.

Es folgten 20 Minuten Schulter- und Schlagarm-Mobilisierungen mit einem Theraband im gegenüberliegenden Warm-up-Zelt, bevor sie sich zu Trainingscourt acht aufmachte. Beobachter wurden vor dem Treppenabgang, der zu diesem Platz führt, gestoppt. Geheimtraining wäre ein zu großes Wort, aber in dieser Reihe sollen die Stars weitestgehend unbeobachtet am sportlichen Feinschliff arbeiten dürfen.

Williams war lange Zeit bestverdienende Sportlerin der Welt

Den hat sie, das wissen Serena Williams und ihr neuer Teilzeitcoach Eric Hechtman unisono, nötig. 73 WTA-Titel hat die erfolgreichste Spielerin der vergangenen 25 Jahre vorzuweisen, seit dem Premierensieg bei den US Open im letzten Jahrtausend 1999 gewann sie genau 23 Grand-Slam-Turniere und verdiente dabei alleine durch Preisgeld rund 94 Millionen US-Dollar.

Als Werbefigur und Geschäftsfrau generiert sie noch immer ein Vielfaches dieser Zahl. Erst Naomi Osaka, vom Einfluss auf verschiedene Kulturen und als Geschäftsfrau eine designierte Nachfolgerin von Williams, löste sie als bestverdienende Sportlerin der Welt ab. Ihr letztes professionelles Tenniseinzel aber bestritt sie auf dem Londoner Centre Court vor einem Jahr, als sie sich bei einem folgenschweren Ausrutscher einen Muskelriss im Oberschenkel zuzog. In Kombination mit anhaltenden Problemen an der Patellasehne musste sie ebenfalls den geplanten Start an den US Open absagen und verschwand von der sportlichen Bildfläche. Sie habe körperlich und mental länger heilen müssen.

Geschäftsfrau Williams: "Momentan bin ich 'out of office'"

Als arbeitende Mutter präsentierte sie sich in der Folge ausschließlich als gewiefte Geschäftsfrau. Ihre Firma "Serena Ventures" sammelte rund 111 Millionen US-Dollar für einen Fonds, der jungen, diversen Unternehmern Starthilfe geben soll, sie investierte in den nun aktiven Frauenfußballklub Angel City in Los Angeles und wurde sogar mit einem gescheiterten Angebot als Investorin beim FC Chelsea in Verbindung gebracht.

Eine Modemarke führte Williams ohnehin schon, neuerdings beschäftigt der Superstar sich ebenfalls mit NFTs. Außerdem tat Williams einiges dafür, damit die Promo-Tour des Films "King Richard", die ihre Lebensgeschichte samt Vater und Schwester Venus nachzeichnet, ein Erfolg wurde. Der Film wurde mit dem Oscar ausgezeichnet.

"Für einen Teil von mir fühlt es sich so an, als wäre das jetzt mehr mein Leben als Tennisturniere", erklärte der Superstar in der voll besetzten Presserunde am Samstag in den Katakomben des All England Lawn Tennis and Croquet Club. "Wenn man so eine Firma besitzt, muss man dafür alles geben – all meine vorhandene Extrazeit fließt da hinein und es macht Spaß. Ich bin momentan 'out of office', also wenn Sie mir mailen, bekommen Sie eine nette Abwesenheitsmail von mir", scherzte Williams.

Williams: "Ich bin noch nicht zurückgetreten"

Sie liebe es, in Unternehmen zu investieren, aber – und das betonte sie gleich zu Beginn – sie sei noch nicht zurückgetreten. Und wer Williams in den Tagen vor dem Turnier regelmäßig beobachtete, der kam zu dem Entschluss, dass sie von den Profikolleginnen immer noch nicht unterschätzt werden sollte. Zwar hatte sie schon vor der einjährigen Pause und nach ihrer Babypause im Anschluss an den letzten Grand-Slam-Sieg in Australien 2017 vier große Finals verloren (weshalb sie immer noch nicht den Grand-Slam-Rekord von Margaret Court egalisiert hat) und 2021 nur das Halbfinale der Australian Open erreicht. Doch die zusätzliche mediale Belastung, Serena Williams auf dem Centre Court in den ersten Runden von Wimbledon gegenüberzustehen, nimmt dort sicher keine Gegnerin gerne in Kauf.

Am Dienstag eröffnet Williams ihre Einzelkampagne gegen die unbekannte Französin Harmony Tan, die Nummer 113 der Welt. Die Wimbledonverantwortlichen gaben am Montagnachmittag bekannt, dass das Match standesgemäß auf dem Centre Court angesetzt ist. Dem Ort also, der dieses Jahr 100. Geburtstag feiert und an den Williams so schlechte Erinnerungen aus vergangenem Jahr hat.

Schlechte Erinnerungen an Wimbledon als Antrieb

Diese Erinnerungen in etwas Positives umzukehren, sei seit dem Ende des Matches vor einem Jahr in ihrem Kopf gewesen, bekannte Williams: "Und es hat mich im Training absolut angetrieben". Der Comeback-Plan stand nach eigenen Angaben allerdings erst kurz vor Beginn der French Open am 23. Mai. Öffentlich machte Williams ihre Rückkehr erst vorletzte Woche. In Eastbourne bestritt sie an der Seite der tunesischen Weltklassespielerin Ons Jabeur zwei Doppelmatches, bevor diese verletzungsbedingt zurückzog. Wer die beiden am Wochenende gemeinsam trainieren sah, muss zu dem Entschluss kommen: eine reine taktische Maßnahme für mehr Trainingszeit in Wimbledon.

Die hat Williams am Wochenende ebenfalls auf dem Centre Court genutzt. Erstmals in der Geschichte erlaubten die Verantwortlichen ausgewählten Spielern Übungseinheiten auf den großen Plätzen, um Ausrutscher wie 2021 von Williams oder dem Franzosen Adrian Mannarino einzudämmen. Dabei überzeugte die siebenmalige Wimbledonsiegerin im Einzel nach wie vor mit ihrer Aufschlag- und Returnstärke, mit der selbst ihr erfahrener Hittingpartner Jarmere Jenkins zu kämpfen hatte. Bei intensiveren Beinarbeitsübungen mit Wechselschlägen von Vorhand- auf Rückhandcross erhöhte sich ihre Fehlerquote allerdings sehr schnell, und auch die schnellen Sidesteps wurden rasch von zu großen Überkreuzschritten abgelöst.

Iga Świątek bei erstem Kontakt mit Williams "überfordert"

Sowohl Hechtman als auch Jenkins sind übrigens gewissermaßen von Schwester Venus ausgeliehen. Die 42-Jährige ist bei der Tour abwesend, aber ebenfalls noch nicht zurückgetreten. Sie wurde bereits auf der Anlage gesichtet. Ihre Teammitglieder wurden auch Augenzeugen vom ersten Kontakt zwischen der ehemals und der aktuell besten Spielerin der Welt.

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Iga Świątek, die seit 35 Einzeln ungeschlagene French-Open-Siegerin ist, löste Williams auf dem Centre Court ab. Eine direkte Begrüßung blieb aus. Świątek begründete das am nächsten Tag auf Anfrage von t-online mit ihrem großen Respekt vor Williams: "Ich war überfordert. Ich fühle mich trotz des Erfolgs immer noch als die Neue auf der Tour. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, aber eigentlich wollte ich sie treffen."

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Świątek betonte anschließend, wie wichtig es für den Tennissport sei, dass Williams noch mal zurückgekehrt ist. "Sie ist eine Legende, niemand hat so viel für das Damentennis getan wie sie." Mit einer sportlichen Prognose hielt sich die 21-Jährige zurück, sagte aber: "Ich bin mir relativ sicher, dass sie in guter Verfassung sein wird, weil sie so viel Erfahrung bei Grand Slams hat und einfach auch weiß, wie man nach Pausen zurückkommt. Das wird sie nutzen."

"Es wird super schwierig für sie"

Zurückhaltender äußerte sich Karolína Plíšková, eine Grand-Slam-Finalistin, die in Runde drei auf Williams treffen könnte: "Matches sind immer noch etwas anderes als Training. Es wird schwierig, super schwierig für sie, ganz egal was sie für eine Spielerin ist." In dem Alter, so Plíšková, brauche der Körper Zeit.

Die nahm sich Williams am Montag für ihr Warm-up-Programm. Mehr als eine halbe Stunde verging von der Mobilisierung bis zum ersten Schlag mit Jenkins. Anschließend wurde vor allem der sogenannte "one-two-punch" trainiert, also der kraftvolle Schlag eins nach dem Aufschlag oder Return sowie die auf Rasen so wichtige Transition zum Netz.

Zu einer Aussage zu ihren sportlichen Zielen ließ sich Williams in der Pressekonferenz nicht hinreißen: "Sie wissen die Antwort darauf". Wenig später ergänzte sie: "Ich habe hohe Ziele, aber ich weiß nicht, wir werden sehen. Ich werde dazu nicht mehr sagen." Ihr Trainer wurde in der New York Times deutlicher: "Sie ist ein Champion, oder? Und sie spielt Wimbledon aus einem Grund. Wie jeder, der in dieses Turnier startet, ist auch unser Ziel, das Event zu gewinnen." Zusätzlich greift auch Venus Williams im Doppel an. Sie gibt an der Seite von Jamie Murray, dem Bruder von Andy Murray, das Mixed. Wie erfolgreich wird sich zeigen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Persönliche Gespräche in Wimbledon
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