106. Frankreich-Rundfahrt Italiener Trentin gewinnt 17. Etappe der Tour de France
Gap (dpa) - Auch ohne Happy End zeigte Nils Politt sein markantes Zahnpasta-Lächeln und löste schließlich nach der Hitze-Tortur durch Südfrankreich das Baby-Geheimnis auf.
"Das Kind ist da, letzte Woche schon. Ich freue mich einfach darauf, am Montag nach Hause zu kommen", sagte Politt, der nach einer 198-Kilometer-Flucht den Etappensieg als Geschenk zur Geburt seiner Tochter verpasste. Denn der wackere Kölner musste sich auf der 17. Etappe der Tour de France über schweißtreibende 200 Kilometer von Pont du Gard nach Gap mit dem 23. Platz begnügen, nachdem er die entscheidende Attacke in der Ausreißergruppe nicht mitgehen konnte.
Bei Temperaturen von erneut weit über 30 Grad nutzte stattdessen der Italiener Matteo Trentin die letzte Chance der Ausreißer und siegte im Alleingang vor dem Dänen Kasper Asgreen und dem belgischen Olympiasieger Greg Van Avermaet. Die Favoriten legten dagegen vor dem Alpen-Showdown den Schongang ein.
Beendet ist die Frankreich-Rundfahrt 2019 indes für Tony Martin. Der 34 Jahre alte Cottbuser wurde wie der Brite Luke Rowe vom Ineos-Rennstall am Mittwochabend nach dem Ende der 17. Etappe in Gap wegen unsportlichen Verhaltens von der Rennjury ausgeschlossen. Martin hatte Rowe rund 20 Kilometer vor dem Ziel mit einem riskanten Fahrmanöver fast von der Straße gedrängt. Danach soll es zu einem Wortgefecht, heftigen Gesten und einer Berührung zwischen den beiden Radprofis gekommen sein. Rund zwei Stunden nach Etappenende wurden beide Fahrer von der Tour ausgeschlossen.
Eigentlich wollte Politt die Geburt seiner Tochter bis nach der 106. Tour de France für sich behalten, doch nach einem Schnuller-Geschenk aus dem Teamwagen während des Rennens war alles klar. "Da haben sie sich wohl etwas einfallen lassen, um mich zu motivieren", ergänzte Politt. Doch der Plan ging nicht auf.
Für Politt war der Traum vom ersten Etappensieg 27 Kilometer vor dem Ziel beendet, als in der 33-köpfigen Ausreißergruppe die entscheidenden Angriffe begannen. "Es war eine sehr starke Gruppe. Ich wollte in die Offensive gehen, habe aber gemerkt, dass die anderen auf mich geschaut haben", fügte der Zweite des Frühjahrsklassikers Paris-Roubaix hinzu.
Für den Kölner ist es ohnehin eine Tour unter besonderen Umständen. Die Zukunft seines Katusha-Alpecin-Teams ist höchst fraglich, dazu kam die Geburt seiner Tochter. "Ich kann das gut ausblenden. Bei der Tour hat man nicht viel Zeit zum Überlegen", sagte Politt, den die ständigen Fragen zunehmend nervten. Politt ist ein Vollprofi und will sich auf seinen Job konzentrieren. Das hat er am Mittwoch wieder gezeigt.
Die Favoriten um den Gesamtführenden Julian Alaphilippe und Deutschlands Rundfahrt-Hoffnung Emanuel Buchmann schlugen dagegen ein Bummel-Tempo an und erreichten mit über 20 Minuten Rückstand das Ziel. Kein Wunder, denn ab Donnerstag steht die brutal schwere Alpen-Trilogie auf dem Programm. Bei der nächsten Kletterpartie geht es über drei schwere Alpen-Riesen mit jeweils mehr als 2000 Metern Höhe. "Es folgen die drei entscheidenden Etappen. Ich bin schon gespannt, wie es läuft. Es wird eine superspannende Etappe mit drei richtig schweren Anstiegen. Da müssen wir wieder vorne dabei sein. Man muss jetzt dreimal Vollgas fahren", sagte der deutsche Hoffnungsträger Buchmann.
Zwischen ihm auf Platz sechs und dem Führenden Alaphilippe liegen nur 2:14 Minuten, so spannend ging es schon lange nicht mehr bei der Frankreich-Rundfahrt zu. Dass in Alaphilippe und Thibaut Pinot auch noch zwei Franzosen um den Gesamtsieg mitmischen, versetzt die Grande Nation in große Euphorie. "Alles blau", titelte das Tour-Organ "L'Equipe" und schob die Frage nach: "Endlich die Tour der Franzosen?" Die Einschaltquoten im französischen TV schießen jedenfalls in die Höhe.
Ab Donnerstag kommen neben der Hitze noch die Berge dazu. Die 18. Etappe von Embrun nach Valloire ist die Königsetappe der diesjährigen Tour. Neben dem legendären Col du Galibier (2645 Meter) sind auch noch der Col d'Izoard (2360 Meter) und der Col de Vars (2109 Meter) zu überwinden. Nach dem Galibier wartet eine 19 Kilometer lange Abfahrt ins Ziel.