Weltcup in Kontiolahti "Ungedulds-Schuss" verhindert Herrmanns Doppelsieg
Kontiolahti (dpa) - Es waren nur Millimeter, die Denise Herrmann zu einem perfekten Wochenende mit zwei Siegen fehlten. "Der Fehler war ganz knapp, den hab ich schon fallen sehen", sagte die Biathletin.
Ausgerechnet der 20. und letzte Schuss der Einzel-Olympiasiegerin verfehlte im Verfolgungsrennen im finnischen Kontiolahti hauchdünn das Ziel. Einen Tag nach ihrem Sprint-Erfolg bedeutet das trotzdem noch den dritten Platz. "Im letzten Schießen ist man schon sehr belastet. Der letzte Schuss, das ist immer der Ungedulds-Schuss", sagte Herrmann und bilanzierte trotzdem: "Ich bin richtig zufrieden mit dem Rennen."
Gala-Auftritt von Lesser
Das galt zwei Stunden später auch für Erik Lesser. Der Thüringer überraschte alle mit einem Gala-Auftritt, der ihm Platz zwei in der Verfolgung brachte. Am Ort seines WM-Siegs in dieser Disziplin vor sieben Jahren leistete sich der 33-Jährige keinen einzigen Schießfehler und hatte im Ziel nur 8,2 Sekunden Rückstand auf den siegreichen Quentin Fillon Maillet aus Frankreich. "Die Verfolgung liegt mir. Ich habe mich nicht verunsichern lassen", sagte Lesser im ZDF und ergänzte: "Ich bin mehr als stolz auf mich."
Kurz vor seinem Karriereende in zwei Wochen war es für Lesser der stärkste Auftritt des Winters und der erste Podestplatz seit fast eineinhalb Jahren. Der Thüringer hatte unter der Woche angekündigt, seine Laufbahn am Saisonende zu beenden und künftig als Trainer arbeiten zu wollen. Daran werde sich nun auch nichts ändern. "Ich bin glücklich, so wie es ist. Es ist auch nicht schlecht, wenn man mit Spaß aufhören kann", sagte Lesser. Er war nur als Zwölfter gestartet und holte sich durch einen Antritt auf der Schlussrunde Rang zwei.
Johannes Kühn konnte nach seinem dritten Platz am Samstag im Sprint nicht erneut in den Kampf um die Podestplätze eingreifen. Der 30 Jahre alte Bayer schoss vier Fehler und fiel bis auf Platz 13 zurück. Zweitbester Deutscher wurde Roman Rees (1) als Neunter. Benedikt Doll (2) wurde Elfter, Philipp Nawrath (4) Zwölfter.
Herrmann weiter in starker Form
Einen Monat nach ihrem Gold-Coup bei den Winterspielen in Peking stellte neben Altmeister Lesser vor allem Herrmann weiter ihre anhaltend starke Form unter Beweis. Am Samstag war die Ex-Weltmeisterin über 7,5 Kilometer trotz eines Schießfehlers nicht aufzuhalten und siegte vor Tiril Eckhoff, die wiederum am Sonntag das Jagdrennen gewann. Die Norwegerin patzte nach zuvor 15 Treffern im letzten Schießen zwar gleich doppelt und eröffnete der Konkurrenz so auf den letzten Kilometern noch die kleine Chance vorbeizuziehen. Die 33 Jahre alte Herrmann konnte das aber nicht mehr nutzen. Sie lief trotzdem lächelnd mit einer Jubelgeste über die Ziellinie.
Zweitbeste Deutsche wurde Franziska Preuß, die sich nach tadellosem Schießen von Rang 32 auf Platz acht nach vorne arbeitete. Vanessa Voigt (2 Fehler) fiel von Platz sechs auf elf zurück. Franziska Hildebrand (1) verbesserte sich um elf Ränge auf Position 17, auch Vanessa Hinz (3) schaffte es als 19. noch unter die Top 20.
Großartige Hilfsaktion von Lesser
In Abwesenheit der vom Weltverband IBU ausgeschlossenen Russen und Belarussen war auch der Krieg in der Ukraine gegenwärtig - mit Lesser in einer der Hauptrollen. Der Ex-Weltmeister überließ seiner ukrainischen Kollegin Anastassija Merkuschina für 24 Stunden seinen Instagram-Kanal, um für mehr Aufklärung zu sorgen. "Ich habe 30.000 Follower aus Russland auf Instagram, und ich glaube, der russischen Bevölkerung ist nicht ganz klar, was in der Ukraine wirklich abgeht", sagte Lesser.
Und so postete Merkuschina nach der Invasion Russlands in ihr Heimatland am Samstag Fotos aus dem Kriegsgebiet. Zu sehen waren die Zerstörung und das Leid der Menschen. Er habe seine Reichweite nutzen wollen, "damit in Russland mehr Leute wirkliche Nachrichten bekommen", sagte Lesser. Er dankte den russischen Fans, die ihm dennoch weiter folgen. "Ihr seid der stille Widerstand. Versucht Euer Bestes, um gehört zu werden", schrieb er am Sonntag. Die Zahl seiner Follower erhöhte sich von rund 109.000 auf mehr als 139.000.