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Skrupellos und knallhart! Wie Walijewas Trainerin ihre Schützlinge im Stich ließ


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Skrupellos und knallhart
Wie Walijewas Trainerin ihre Schützlinge im Stich ließ


Aktualisiert am 18.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Kamila Walijewa und ihre Trainerin Eteri Tutberidse: Die Coachin ist für ihre harten Methoden bekannt.Vergrößern des Bildes
Kamila Walijewa und ihre Trainerin Eteri Tutberidse: Die Coachin ist für ihre harten Methoden bekannt. (Quelle: ITAR-TASS/imago-images-bilder)

Sie sind jung und erfolgreich – wie Kamila Walijewa. Doch auf den Höhenflug folgt bei russischen Eiskunstlauf-Talenten oft das Karriereende. Zu viele Undurchsichtigkeiten, zu viele Schmerzen. Im Fokus: das Training.

Jewgenija Medwedewa holte bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang 2018 Silber im Einzel und mit dem Team. Sie war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Vor Kurzem hat sie ihre Karriere beendet. Der Grund: Rückenschmerzen mit nur 22 Jahren.

Julia Lipnizkaja holte 2014 den Olympiasieg mit dem Team in Sotschi. Im Alter von 15 Jahren. Nur drei Jahre später wurde Lipnizkajas Magersucht bekannt. Infolgedessen beendete die damals 18-Jährige ihre aktive sportliche Karriere.


Alina Sagitowa gewann 2018 in Pyeongchang Gold im Einzel, Silber mit dem Team – sie war 15 Jahre alt. 2019 wurde sie Weltmeisterin. Heute hört man von der russischen Athletin nichts mehr. Vor zwei Jahren gab sie als 17-Jährige eine Wettkampfpause bekannt, seitdem ist Sagitowa nicht mehr bei Wettbewerben zu sehen gewesen.

All diese Eiskunstlauf-Karrieren russischer Mädchen und Frauen haben ein Ende gefunden, bevor sie überhaupt richtig angefangen haben. Alle drei wurden von Eteri Tutberidse trainiert, so wie die aktuelle Überfliegerin Kamila Walijewa. Sie gewann Gold mit dem Team in Peking, musste mit ihren erst 15 Jahren dem ganzen Druck der Diskussionen um ihren Dopingverdacht standhalten (mehr dazu lesen Sie hier). Und zeigte am Donnerstag, dass es zu viel war. Sie strauchelte, stürzte und verlor die Führung. In der Kür wurde sie Vierte.

Inmitten der Olympischen Spiele kam heraus, dass eine Dopingprobe, die sie am 25. Dezember bei den russischen Meisterschaften abgegeben hatte, positiv ausfiel. Das Herzmedikament Trimetazidin wurde nachgewiesen, ist aber nicht erlaubt. Zudem ergaben Recherchen der "New York Times" zuletzt, dass Walijewa zusätzliche Mittel verabreicht wurden, die wohl erlaubt, aber sehr umstritten sind. Sie habe dies laut der Zeitung selbst im Formblatt für die Dopingprobe vergangenen Dezember angegeben.

Tutberidse steht für harte Trainingsmethoden

Einmal handelt es sich dabei angeblich um Hypoxen. Es soll helfen, das Gewebe besser mit dem vorhandenen Sauerstoff zu versorgen. Zum anderen soll Walijewa ein Vitaminpräparat und L-Carnitin in dem Blatt angeführt haben. Letzteres angeblich zur besseren Herzdurchblutung. Vermutlich aber mit der Idee, Energie aus der Fettverbrennung zu gewinnen.

Ziemlich viele Medikamente für eine 15-jährige Athletin. Überraschend kommt dies jedoch nicht. Denn Trainerin Tutberidse ist dafür bekannt, alles für den Erfolg zu tun. Nicht zuletzt mit ihren harten Trainingsmethoden. "Laufen, schuften – bis zum Maximum" ist das Motto der Trainerin in ihrem Eiskunstlaufzentrum "Kristall" im Süden Moskaus. Auch nach der Kür von Walijewa am Donnerstag sagte Tutberidse zu ihrem Schützling: "Warum hast du alles so aus den Händen gegeben? Warum hast du aufgehört zu kämpfen? Erklär mir das! Nach dem Axel hast du es aus den Händen gegeben." Harte Worte statt Trost.

Hart her soll es auch im Training gehen. Die "Sportschau" soll aus dem nahen Umfeld des russischen Eiskunstlaufs erfahren haben, dass bei Trainingslagern unter ihrer Leitung Pillendosen bereitstünden, angeblich mit Vitaminpräparaten. Welche Mittel das genau seien, werde den Sportlerinnen allerdings nicht gesagt. Zudem sollen die Athletinnen während eines Wettbewerbs möglichst kein Wasser trinken, um leichter zu sein.

Schabotowa sprach von Doping und startet nun für Ukraine

Die Sportlerin Anastasia Schabotowa entgegnete 2019 im Alter von 13 Jahren bei Instagram auf die Frage, wie man seine Leistung steigere: "Nimm viel Doping, dann wirst du beständig Leistung bringen. So ist das." In Bezug auf das Trainingszentrum von Tutberidse sagte sie: "Natürlich machen die das." Später zog sie ihre Aussagen zurück. Seitdem ist sie in Russland nicht mehr gern gesehen, startet inzwischen, so wie jetzt in Peking, für die Ukraine.

All die jungen Athletinnen, die ihre Sportart dominierten, wurden fallen gelassen. Die frühere deutsche Eiskunstläuferin Katarina Witt schrieb zuletzt bei Facebook: "Wenn überhaupt, gehören die verantwortlichen Erwachsenen für immer für den Sport gesperrt! Das, was sie ihr vielleicht zugemutet haben, ist an Unmenschlichkeit nicht zu überbieten und lässt mein Sportlerherz weinen." Im Gegensatz zu den russischen Talenten fuhr Witt übers Eis, bis sie 29 Jahre alt war.

Sprünge setzen geringes Körpergewicht voraus

Für Athletinnen und Athleten, die noch keine 16 Jahre alt sind, gilt das Wada-Regelwerk der sogenannten geschützten Personen. Dies bedeutet, dass bei einem Dopingverstoß mildere Strafen folgen. Im schlimmsten Fall könnte Walijewa für zwei Jahre gesperrt werden. Trainer und Betreuer hingegen für vier.

Folglich könnte Tutberidse ebenfalls aus dem Verkehr gezogen werden. Und mit ihr ihre Methoden? Die 47-jährige Trainerin lässt ihre Läuferinnen in jungen Jahren Dreifach- und Vierfachsprünge trainieren. Elemente, die dem Körper viel abverlangen. Es braucht entweder viel Kraft, um diese Sprünge zu absolvieren, oder ein geringes Körpergewicht.

Dass Tutberidse aber nicht allein davor nicht zurückschreckt, zeigen Aussagen, die sie sie laut der russischen Website "Sports.ru" im April 2019 bei einem Fernsehinterview gemacht haben soll. Demnach habe es die russische Trainerin genervt, dass sie eine Alternative für Meldonium habe finden müssen. Auch bei Meldonium handelt es sich um ein Herzmedikament. Es wurde 2016 auf die Verbotsliste der Wada gesetzt, gilt seither als Dopingmittel. Die Aussage suggeriert, dass Tutberidse das Medikament bei Schülerinnen eingesetzt haben könnte.

Arzt wurde 2008 des Dopings überführt

Zudem gibt es noch einen weiteren zweifelhaften Aspekt im Zusammenhang mit dem russischen Team bei Olympia. Es geht um Teamarzt Filipp Shvetskiy. Wie Recherchen der "ARD"-Dopingredaktion offenlegten, handelt es sich dabei um den Arzt, der bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 russischen Ruderern verbotene Infusionen verabreichte. Eine ursprüngliche Vierjahressperre wurde damals auf zwei Jahre reduziert. Shvetskiy hatte zuletzt oft das Team von Eteri Tutberidse begleitet.

Das Team besteht nicht nur aus der 15-jährigen Walijewa, sondern auch aus Anna Schtscherbakowa, die Gold in der Kür in Peking gewonnen hat, und Alexandra Trusowa, die Silber holte. Beide sind 17 Jahre alt. Ihre Auftritte bei den Spielen beeindruckten. Was abseits der Eisfläche passiert, lässt sich nur erahnen.

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