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Olympia 2021 – Robert Harting: Das hat mich wirklich schockiert


Meinung
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Olympische Spiele in Tokio
Das hat mich wirklich schockiert

MeinungVon Robert Harting

Aktualisiert am 25.07.2021Lesedauer: 4 Min.
Der israelische Judoka Tohar Butbul (rechts) während eines früheren Wettkampfs.Vergrößern des Bildes
Der israelische Judoka Tohar Butbul (rechts) während eines früheren Wettkampfs. (Quelle: t-online/imago-images-bilder)

Regenbogenbinden, der Kniefall und Proteste – die Olympischen Spiele werden genutzt, um politische Statements zu setzen. Einige Handlungen sind allerdings völlig fehl am Platz.

Speerwurf-Champion Johannes Vetter hatte mich als möglichen neuen DOSB-Präsidenten vorgeschlagen. Ich fühlte mich natürlich geschmeichelt. Aber gleichzeitig räumte ich direkt alle Gerüchte ab, indem ich klipp und klar sagte, dass der Job für mich nicht infrage kommt. Nur kam mir meine Erklärung dabei fast etwas zu kurz.

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Denn inhaltlich traue ich mir den Posten schon zu. Ich beschäftige mich seit Jahren ausführlich mit möglichen Verbesserungen des deutschen Sportsystems, kann gestalten, bin innovativ und kreativ. Aber aktuell ist dieser Job mit meinem Privatleben nicht zu vereinbaren. Ich möchte für meine kleinen Kinder und meine Frau da sein. Das ist mir extrem wichtig. Das allerdings schließt nicht aus, dass der Posten irgendwann mal für mich infrage kommt.

Leistungssport wird immer politischer

Kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieser dritten Olympia-Kolumne:

Der Kniefall, die Regenbogenbinde, japanische Anti-Olympia-Protestler vor dem Stadion in Tokio während der Eröffnungsfeier, der algerische Judoka, der auf seinen Wettkampf gegen einen Israeli verzichtete.


Der Leistungssport wird immer politischer – gerade jetzt, bei den Olympischen Spielen in Japan, spürt man das.

Doch bevor wir zum eigentlichen Kern der Thematik kommen, müssen wir einen speziellen Fall besprechen: Der eben bereits erwähnte algerische Judoka Fethi Nourine zog seine Teilnahme in der Klasse bis 73 Kilogramm zurück (hier erfahren Sie mehr zum Fall), um im Falle eines Auftaktsieges nicht in der zweiten Runde gegen den Israeli Tohar Butbul antreten zu müssen. Dieses Verhalten hat mich schockiert. Der Athlet gehört lebenslang von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Wer Probleme mit bestimmten Ethnien hat, ist bei den Olympischen Spielen falsch abgebogen. Das ist keine politische Haltung, das hat kriegerische Energie. Das IOC muss das möglichst schnell aufklären.

Das muss mehr als nur ein Alarmsignal sein

Dieser Vorfall muss mehr als nur ein Alarmsignal sein.

Denn Nourine hatte gesagt, er könne wegen seiner politischen Unterstützung für die Palästinenser im Nahostkonflikt nicht gegen einen Israeli antreten. Und bereits bei der WM 2019 hatte er sich geweigert, gegen Butbul zu kämpfen. Das ist peinlich und nicht akzeptabel. Denn am Verhalten der olympischen Athleten hängt so viel. Wie muss sich jetzt der israelische Judoka fühlen? Butbul wurde für eine politische Provokation geopfert. Das ist traurig und lenkt ihn zusätzlich vom sportlichen Wettbewerb ab.

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Der algerische Sportverband hätte bereits vor dem Start der Spiele klären müssen, ob es Sportler in den eigenen Reihen gibt, die aus politischen Gründen nicht bereit sind, gegen israelische Kontrahenten anzutreten. Dass es nun erst während der Spiele zum Thema wird, ist schade.

Aber ganz wichtig: Das Verhalten des Algeriers ist von den vielen anderen politischen Statements der Sportler bei den Olympischen Spiele eindeutig abzugrenzen.

Ich finde es gut, wenn Sportler eine Haltung entwickeln

Denn grundsätzlich finde ich es gut, wenn sich die Athleten politisch engagieren und auch während der großen Turniere Zeichen setzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Ich mag es, wenn Sportler eine Haltung entwickeln.

Allerdings spreche ich mich auch dafür aus, dass diese Haltung nicht nur gezeigt wird, wenn die Großevents stattfinden, sondern man diese über einen langen Zeitraum vorlebt und regelmäßig repräsentiert.

Was genau meine ich damit?

Ich finde es nicht richtig, wenn eine Fußballerin bei den Olympischen Spielen vor der Partie den Kniefall macht, sich aber vor und nach dem Turnier nicht für den Kampf gegen Rassismus einsetzt. Ich selbst war nie ein besonders politischer Mensch, und hätte deshalb auch während der Olympischen Spiele keine politischen Zeichen gesetzt. Ich wäre mir selbst dabei komisch vorgekommen. Denn wenn ich die Haltung nicht wirklich habe und trotzdem den Kniefall mache, bin ich nur ein Mitläufer. Und das brauchen wir nicht. Das ist scheinheilig.


Dann lieber nur einige wenige, die aber mit Leib und Seele hinter den Zeichen stehen, als ganz viele, die nur mitmachen, weil es eben so sein soll.

Und ohnehin finde ich es persönlich wichtiger, dass die großen Sportverbände endlich mal aufwachen und verstehen, dass sie helfen müssen, die aktuellen gesellschaftlichen Probleme mit zu bekämpfen. Aber das checken beispielsweise die Uefa und das IOC einfach nicht. Die Verbände haben Milliarden mit Konsum verdient. Man will für Gemeinsamkeit und Vielfalt stehen, aber es wird viel zu wenig dafür getan.

Es braucht viel mehr einen großen Knall

Nicht falsch verstehen: Die vielen, kleinen politischen Statements der Sportler sind gut. Aber reicht das, um wirklich etwas zu verändern? Ich glaube eher nicht. Es braucht viel mehr den einen großen Knall. Das gemeinsame Zeichen!

Und bereits in meiner letzten Kolumne (Diese lesen Sie hier) hatte ich den Wunsch geäußert, dass man die Olympischen Spiele 2036 nach Berlin holen soll. Denn das wäre so ein großer Knall. Genau 100 Jahre nach den Nazi-Spielen 1936 in Berlin das größte Sportevent der Welt noch mal in der deutschen Hauptstadt auszutragen, würde richtig viel bewegen.

Von diesen Olympischen Spielen könnte die ganze Welt profitieren, weil alle sehen würden, wie sich ein Land zum Positiven verändern kann. Ganz nach dem Motto: Seht her! Alles kann besser werden! Egal, wie schlimm es ist oder war. Aber das geht eben nur gemeinsam.

Für unser Land wird diese Transformation endlich öffentlich und diese Errungenschaft international, und Generationen übergreifend honoriert.

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