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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Traumstart in Pyeongchang Biathlon-Legende Disl: Dahlmeier kann fünfmal Gold holen
Nach zwei Siegen in den Auftaktrennen ist Laura Dahlmeier schon jetzt der Biathlon-Star der Olympischen Spiele. Die neunfache Medaillengewinnerin Uschi Disl traut ihr allerdings noch mehr zu.
Mit zwei Gold-, vier Silber- und drei Bronzemedaillen gehört Uschi Disl zu den erfolgreichsten deutschen Winterolympioniken überhaupt. Zumindest in der wichtigsten Kategorie hat Laura Dahlmeier nach ihren Siegen in Sprint und Verfolgung bereits mit der 47-Jährigen gleichgezogen. Für Disl ist das allerdings kein Problem. Im Interview erklärt sie, warum sie in Pyeongchang noch mehr von Dahlmeier erwartet, auf welche deutschen Starter noch zu achten ist und wie das Leben in ihrer neuen Heimat Schweden ist.
t-online.de: Laura Dahlmeier hat in der Verfolgung ihre zweite Goldmedaille gewonnen. Wie schätzen Sie diesen Erfolg ein?
Uschi Disl: Bei Laura ist momentan alles möglich. Das ist faszinierend. Sie ist in einer Wahnsinnsform und scheint besonders den Schießstand zu beherrschen: Sie lässt sich Zeit, konzentriert sich, ist richtig fokussiert. Und wenn‘s mal läuft, läuft’s meistens durch.
Was trauen Sie Dahlmeier jetzt noch zu? Kann sie eine Medaillenserie wie bei der WM im vergangenen Jahr mit fünfmal Gold und einmal Silber hinlegen?
Ja, natürlich. Das traue ich ihr schon zu, weil ihre Konkurrentinnen alle ein bisschen schwächeln – und Laura in absoluter Top-Form ist. Das ist eine gute Voraussetzung. Da ist alles möglich. Im Biathlon sowieso.
Wer sind Dahlmeiers ärgste Konkurrentinnen im Einzelrennen am Mittwoch?
Anastasiya Kuzmina ist sehr stark, die will natürlich – nach der Silbermedaille in der Verfolgung – auch noch Gold gewinnen. Und Kaisa Mäkäräinen ist auch einigermaßen gut drauf. Daria Domratschewa ist im Schießen momentan nicht so stabil, wie sie einmal war. Aufpassen muss man auf Denise Herrmann. Sie ist läuferisch super gut drauf und wenn sie trifft, ist alles möglich. Es gibt also auch im eigenen Lager Konkurrenz.
Dahlmeier ist erst 24 Jahre alt und hat bereits zweimal Gold. Wird sie die beste Olympia-Biathletin aller Zeiten?
Das kann sie, freilich. Vor allem, weil Laura noch sehr jung ist. Zuletzt wurde ja diskutiert, ob sie in nächster Zeit aufhören wird. Möglich ist das natürlich. Ich persönlich würde ihr allerdings empfehlen, noch ein weiteres Mal Olympia mitzumachen. Sie hat noch so viele Jahre vor sich – und ist eigentlich zu jung, um aufzuhören. Aber das muss sie natürlich selber wissen. Ehrlich gesagt denke ich aber, dass das nicht ihre letzten Olympischen Spiele sein werden – und wenn sie ihre Form in den nächsten Jahren halten kann, ist noch ganz viel möglich.
Apropos Medaillen. Bisher haben die deutschen Biathleten dreimal Gold, einmal Bronze gewonnen. Wie viele Medaillen holen sie insgesamt in Pyeongchang?
Auf eine Medaille genau ist das immer schwierig zu sagen. Ich glaube aber schon, dass Laura in jedem Wettkampf noch eine holen wird – auch wenn’s vielleicht nicht immer Gold ist. Und auch bei den Herren ist auch noch einiges möglich. Das zeigt alleine das Ergebnis bei der Verfolgung, als vier Athleten unter den ersten Elf gelandet sind.
Auf welches Rennen freuen Sie sich denn noch besonders?
Ich freue mich – ehrlich gesagt – auf jedes Rennen neu. Die Staffeln werden sicherlich sehr spannend. Aber eigentlich sitze ich hier in Schweden eh bei jedem Rennen vor dem Fernseher. (lacht) Da habe ich mich auch ein bisschen für die Schweden gefreut, als Sebastian Samuelsson eine Silbermedaille in der Verfolgung geholt hat.
Sie haben Schweden angesprochen. Mit Ihrer Familie leben Sie seit mehreren Jahren im 12.000-Einwohner-Städtchen Mora. Wie ist das Leben dort und wie unterscheidet es sich von Deutschland?
In erster Linie ist es wesentlich entspannter. Allein im Straßenverkehr ist alles viel stressfreier. Es leben einfach nicht so viele Menschen auf einem Fleck. Hier ist mehr Natur, aktuell viel Schnee und dadurch wird auch viel Wintersport gemacht. Der traditionelle Wasalauf findet in der Nähe statt. Es ist einfach schön, hier zu lieben.
Und zieht es Sie selbst noch oft in die Loipe?
Natürlich. Sogar noch heute Morgen vor den Olympia-Rennen. Ehrlich gesagt habe ich eine kleine Dummheit begangen und einer Freundin versprochen, mit ihr den Nacht-Wasalauf zu absolvieren, 90 Kilometer im Skatestil. Ich hoffe, dass ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt habe, denn so gut trainiert bin ich eigentlich leider nicht mehr. (lacht) Naja, und deshalb muss ich jetzt ein bisschen was machen.
Sie haben gemeinsam mit Ihrem Freund, dem schwedischen Skitechniker Thomas Söderberg, eine Firma. Was machen Sie genau?
Wir haben sogar mehrere Firmen. Mein Lebensgefährte betreibt eine Skischleifwerkstatt, in der er sowohl Skier für Freizeitsportler wie auch für professionelle Athleten präpariert. Damit wurde auch schon eine Olympiamedaille gewonnen. Außerdem betreiben wir die schwedische Vertretung der Firma HWK, einen bekannten österreichischen Skiwachs-Hersteller.