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Super Bowl 2025: In der Halbzeit stiehlt Kendrick Lamar Trump die Show


Eklat beim Super Bowl
Er legt sich mit Trump an – eine kalkulierte Frechheit

MeinungVon Christoph Cöln

Aktualisiert am 10.02.2025 - 16:25 UhrLesedauer: 4 Min.
Kendrick Lamar während der Halbzeitshow des Super Bowls in New Orleans.Vergrößern des Bildes
Kendrick Lamar während der Halbzeitshow des Super Bowls in New Orleans. (Quelle: Mark J. Rebilas/Reuters)
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War Donald Trumps Besuch die Attraktion des diesjährigen Super Bowls? Höchstens für wenige Minuten. Dann kam Kendrick Lamar und stahl dem US-Präsidenten mit einer provokanten Darbietung die Show.

Da sage noch jemand, Amerikas Künstler würden sich mit Kritik an Donald Trump zurückhalten. Nicht so Kendrick Lamar. Was der Rapper am Sonntag bei der Halbzeitshow des NFL-Finales in New Orleans abgeliefert hat, darf man getrost als spektakuläre Majestätsbeleidigung bezeichnen. Auf dem Platz hieß das Duell Philadelphia Eagles gegen Kansas City Chiefs, daneben aber lautete es: Kendrick Lamar gegen Donald Trump.

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Quelle: Glomex

Gleich zu Beginn der Show machte der 37-Jährige klar, dass er seinen Auftritt nicht nur als Pausenbelustigung versteht. "The revolution is about to be televised, you picked the right time, but the wrong guy", klagte er da in Anspielung auf einen Klassiker der afroamerikanischen Musikgeschichte. "Der Umsturz wird zwar im Fernsehen übertragen, es ist auch die richtige Zeit dafür, aber ihr habt den falschen Mann gewählt." Eine erste Spitze gegen den US-Präsidenten – und nicht die einzige.

Schon zuvor hatte Hollywoodschauspieler Samuel L. Jackson den Lamar-Auftritt verkleidet als 'Uncle Sam' anmoderiert. "Ich grüße herzlich", sagte Jackson. "Willkommen zum großen amerikanischen Spiel". Damit bezog er sich aber eher nicht auf den Super Bowl. Nein, Jackson verwies vielmehr auf die aufwendige Inszenierung der Show – denn die war doppelbödig und hochpolitisch.

Es war, um das gleich mal vorneweg zu schicken, eine der besten Halbzeit-Shows der Geschichte. Von der superben Choreografie, über die Starbesetzung: Neben Jackson trat auch die Sängerin SZA, der Produzent Mustard und sogar die Tennis-Ikone Serena Williams auf, die den schwarzen Promi-Cast komplettierte.

Die Show war nicht nur ein musikalischer Halbzeit-Snack, sondern ein Gesamtkunstwerk voller kritischer Anspielungen auf das Amerika der Gegenwart. Ein Amerika, das gesellschaftlich tief gespalten ist, von Feuern verwüstet und von Hass geplagt. Kendrick Lamar lieferte den Soundtrack und die passenden Bilder dazu. Der nur 1,65 Meter große Rapper stahl damit auch dem scheinbar übermächtigen US-Präsidenten, der eigens die Regierungsgeschäfte ruhen ließ, um sich in New Orleans als Volkstribun zu inszenieren, die Aufmerksamkeit.

Kendrick Lamars Kulissenbauer hatten die Bühne als "Käsekästchen"-Spielfeld nach Art der Erfolgsserie "Squid Game" gestaltet. Darauf tanzte ein Chor an Background-Tänzern, die zwar in den Farben der amerikanischen Flagge gekleidet waren, die aber auffällig an die Kandidaten der koreanischen Netflix-Produktion erinnerten, in der Freiwillige sich in der Hoffnung auf den großen Geldgewinn einem tödlichen Spiel aussetzen.

"Schaut auf das amerikanische Spiel", hatte Jackson dazu ins Mikrofon geknarzt. Er meinte wohl das zynische Spiel, das Trump und Musk diesem Gegenwartsamerika mit ihrem radikal libertären, von jeder Moral befreiten Kapitalismus gerade aufzwingen wollen.

Was wohl Trumps Anhänger zu dem Auftritt sagen?

An einer anderen Stelle der Show – Jackson kam während der zwölfminütigen Performance mehrfach als raunende Erzählerfigur zu Wort – sagte er: "Amerika war einmal liebenswert und beschaulich". Kendrick Lamar rappte dazu Verse, in denen von einer "cultural divide", also einer kulturellen Spaltung, die Rede war. Sein Auftritt war unschwer als Kritik auf den gegenwärtigen Zustand der US-Gesellschaft zu lesen, in der Demokraten und Republikaner, Trump-Anhänger und Gegner des Präsidenten sich unversöhnlich gegenüberstehen.

Kendrick Lamar selbst war im Blau der Demokraten gekleidet, um seinen Hals baumelte eine Kette mit einem "a", für Amerika, kleingeschrieben wohlgemerkt. Seht her, sagten Kendrick Lamar und Samuel L. Jackson mit ihrem Auftritt, wir sind schwarz, wir sind die Minderheit in diesem Land, aber wir sind laut. Wir sind auch 'Uncle Sam' – jene Figur, die in der amerikanischen Folklore neben der Freiheitsstatue als das Nationalsymbol schlechthin gilt.

Die afroamerikanische Vereinnahmung von 'Uncle Sam' war eine besonders aufmüpfige Travestie. Ursprünglich ein älterer weißer Mann mit Ziegenbart, der für die US-Armee wirbt, wurde "Uncle Sam" an diesem Abend zu einem älteren schwarzen Mann mit groteskem Zylinder, von dem die Sterne der US-Flagge funkelten. Jackson verkörperte ihn mit diabolischem Grinsen und sichtlichem Spaß an der Provokation. Was mögen all die weißen Rassisten, die "Proud Boys", "Oath Keeper" und andere rechtsdrehende Trump-Verehrer wohl angesichts dieser kalkulierten Frechheit gedacht haben?

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Kendrick Lamar: "Wir sind alle überrumpelt"

Hinweise darauf fanden sich schon unmittelbar danach in den sozialen Netzwerken. Dort wüteten insbesondere jene, die ausweislich ihres Profils wohl eher dem Trump-Lager zuzurechnen sind. Sie ätzten gegen Kendrick Lamar, er habe die schlechteste Super-Bowl-Performance aller Zeiten hingelegt. Offenbar hatte er einen wunden Punkt getroffen.

Schon im Vorfeld seines Auftritts hatte der Rapper harte Kritik an Trump geübt. Zum neuen Präsidenten sagte er im Interview mit dem Musikmagazin "i-D": "Wir sind alle überrumpelt. Das ist etwas, das unseren moralischen Kompass völlig außer Acht lässt." Der Rapper beschrieb die aktuellen politischen Zustände in den USA als "kompletten Irrsinn". Er habe das Gefühl, dass er durch Trumps Einzug ins Weiße Haus plötzlich nicht mehr willkommen sei im eigenen Land. Moral, Würde und gesunder Menschenverstand würden scheinbar nichts mehr gelten. "Es schürt einfach das Feuer in mir", sagte er.

Drake vs. Kendrick: Wer wird hier wen verklagen?

Dieses Feuer war bei der diesjährigen Halbzeit-Show in jedem Moment zu spüren. Kendrick Lamar teilte aus, natürlich auch gegen seinen musikalischen Erzfeind Drake. Schließlich waren die Zoten und Provokationen stets doppelt codiert. Egal, ob Trump, Drake, oder sonstige Hater, Lamar verteilte verbale Ohrfeigen. Und so fachte er eines der größten Rap-Zerwürfnisse der vergangenen Jahre noch mehr an, als er seinen mit fünf Grammys ausgezeichneten Battle-Track "Not Like Us" anstimmte. In diesem Moment brandete ohrenbetäubender Jubel in der Arena in New Orleans auf.

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Lange war im Vorfeld gerätselt worden, ob der Rapper sich trauen würde, den Diss-Track auf dieser größtmöglichen aller Bühnen auszupacken. Er traute sich – und er sprach seinen (Rap-)Widersacher dabei nicht nur direkt an, sondern garnierte das Ganze auch noch mit der nonchalanten Zeile: "But you know, they love to sue" ("Du weißt schon, sie verklagen einen gerne"). Denn genau das – eine Klage – hatte Drake gegen den Track angestrengt.

Eines ist sicher: Kendrick Lamar geht keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Das dürfte nach Drake nun auch Donald Trump klargeworden sein.

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