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Leichtathletik-EM 2014: Mekhissi-Benabbad verliert Gold nach Jubel


Mekhissi-Benabbad zum Trikot-Eklat
"Konnte meine Emotionen nicht zurückhalten"

Von t-online, dpa, sid
Aktualisiert am 15.08.2014Lesedauer: 3 Min.
Da dachte er noch, er sei wieder Europameister. Mahiedine Mekhissi-Benabbad überquert die Ziellinie.Vergrößern des Bildes
Da dachte er noch, er sei wieder Europameister. Mahiedine Mekhissi-Benabbad überquert die Ziellinie. (Quelle: ap-bilder)

Welcher Teufel ihn denn da wohl wieder geritten hat, fragte man sich im weiten Rund des Letzigrund. Diesen Mahiedine Mekhissi-Benabbad, als er im Siegestaumel bei der Leichtathletik-EM in Zürich Kontrolle und Anstand verlor, sich auf der Zielgeraden des 3000-Meter-Hindernis-Finales das Trikot vom Leib riss, halbnackt zum vermeintlichen Titel stürmte und deshalb disqualifiziert wurde. Die schlichte Antwort: Derselbe Teufel wie schon so oft.

Mekhissi-Benabbad hatte sich in 8:25,30 Minuten klar vor Kowal (8:26,66) und dem Polen Krystian Zalewski (8:27,11) durchgesetzt und vermeintlich seinen dritten EM-Titel in Serie geholt. Sportlich ist der 29-jährige Franzose jedenfalls ein Großer: Zweimal Hindernis-Europameister, zweimal Olympiazweiter, zweimal WM-Dritter. Doch gleichzeitig ist seine Karriere eine einzige Aneinanderreihung von Auffälligkeiten und Aussetzern.

Spanier Mullera: "Er verhält sich dumm"

Freunde hat Mekhissi-Benabbad in der Szene deshalb kaum, die Konkurrenz reagierte auf die Disqualifikation von Zürich entsprechend hämisch. "Ich verhalte mich korrekt, er verhält sich dumm. Und jetzt gibt es Gerechtigkeit für dieses Verhalten", sagte der Spanier Angel Mullera. Dessen Teamleitung hatte Einspruch gegen den Sieg des Franzosen mit algerischer Abstammung eingelegt, Mullera erhielt deshalb Bronze. Der Einspruch des französischen Verbands gegen die Entscheidung wurde derweil abgelehnt.

Laut Reglement ist das Einlaufen ins Ziel ohne Startnummer verboten, da ein Athlet seine Startnummer zu jeder Zeit sichtbar am Körper tragen muss. Das hätte Mekhissi-Benabbad also eigentlich wissen müssen. Und vermutlich gab es kaum jemanden, der Mekhissi-Benabbad den Verlust des Titels nicht gönnte.

"Das sollte nicht arrogant wirken"

Anstelle des 29-Jährigen wurde dessen Landsmann Yoann Kowal von der Jury nachträglich auf Platz eins gesetzt. "Da habe ich nicht viel nachgedacht. Ich konnte meine Emotionen nicht zurückhalten", sagte Mekhissi-Benabbad beim Sportsender Eurosport. "Als ich mein Trikot auszog auf den letzten Metern war das reine Freude", sagte der entthronte Europameister direkt nach dem Rennen. "Das sollte nicht arrogant wirken. Es war die Lust am Gewinnen. Ich war so glücklich, meinen Titel zu verteidigen."

Er habe lediglich "wie ein Fußballer" jubeln wollen. "Vor meinen Gegnern habe ich riesigen Respekt", fügte er an. Die sahen das anders. Von dem Polen Krystian Zalewski, der den Spurt um Platz zwei gegen Mekhissi-Benabbads Landsmann Kowal verloren hatte, gab es noch im Ziel warme Worte. Es blieb allerdings beim verbalen Schlagabtausch.

"Trikot ausziehen finde ich albern"

Der Deutsche Meister Steffen Uliczka und der DM-Zweite Martin Grau, die klar an den Medaillen vorbeigelaufen waren, rückten nach der Disqualifikation des 29-Jährigen ebenfalls einen Platz vor. Uliczka kam somit in 8:32,99 Minuten auf Platz sieben, Grau auf Rang 13 (8:45,70).

Auch Uliczka störte sich am unsportlichen Verhalten des Franzosen. "Dass Mekhissi-Benabbad hier vor dem Ziel sein Trikot auszieht, finde ich ein bisschen albern. Er hat sich ja schon in der Vergangenheit nach Siegen nicht glorreich verhalten. Jeder kann feiern, aber Gesten, die die Gegner verhöhnen, finde ich nicht gut", sagte er.

Auch andere deutsche Leichtathleten reagierten erbost. Die verletzte Hürdensprinterin Carolin Nytra twitterte voller Schadenfreude: "Und TSCHÜß du dämlicher Franzose!!! Wie kann man so unsportlich sein...?! Pfui! Bäh."

Franzose fiel schon öfter negativ auf

Mekhissi-Benabbad war zuvor bereits mehrmals negativ aufgefallen. 2011 beim Diamond-League-Meeting in Monaco gerieten er und sein Landsmann Mehdi Baala im Ziel des 1500-Meter-Rennens aneinander. Aus einer hitzigen Debatte wurde ein veritabler Faustkampf, der live in Dutzende Länder übertragen wurde. Für beide Streithähne gab es zehn Monate Sperre, 1500 Euro Geldstrafe und 50 Stunden Sozialarbeit.

Aggressionen gegen Maskottchen

Neben Konkurrenten bekamen vor allem Maskottchen regelmäßig seine Wut zu spüren. Zürichs Mottotier "Cooly" kam nach der Disqualifikation des Hindernis-Stars zwar ungeschoren davon, seine beiden Vorgänger hatten allerdings weniger Glück. "Appy" zum Beispiel, Maskottchen der EM 2012 in Helsinki, wollte Mekhissi-Benabbad nach dessen Sieg im Ziel eine Geschenk-Tüte überreichen.

Der Franzose schlug dem freundlichen Gratulanten den Beutel aus den Händen und stieß "Appy" mit beiden Händen um. Dass im Kostüm ein 14-jähriges Mädchen steckte, machte die Aktion nicht sympathischer - zumal der Übeltäter auf eine Entschuldigung verzichtete.

Zwei Jahre zuvor hatte es bereits "Barni", das Maskottchen der EM 2010 in Barcelona, erwischt. Als dieses Sieger Mekhissi-Benabbad zu stürmisch umarmte, befahl der Franzose "Barni" auf die Knie - schubste ihn Boden. Das spanische Publikum reagierte zumindest irritiert. Auch in Zürich hat er sich keine Freunde gemacht - am Freitag stand für ihn aber bereits wieder der Vorlauf über 1500 Meter auf dem Programm.

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