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Reaktionen zum Fall Markus Rehm: "Einfach nur enttäuschend"


"Einfach nur enttäuschend"
Die Reaktionen zur Entscheidung im Fall Rehm

Von t-online, sid, dpa
Aktualisiert am 30.07.2014Lesedauer: 3 Min.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat den unterschenkelamputierten Weitspringer Markus Rehm nicht für die EM in Zürich nominiert.Vergrößern des Bildes
Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat den unterschenkelamputierten Weitspringer Markus Rehm nicht für die EM in Zürich nominiert. (Quelle: Pressefoto Baumann/imago-images-bilder)

Herber Rückschlag für Überflieger Markus Rehm: Der Prothesen-Weitspringer . Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) verzichtete auf die Nominierung des 25-Jährigen in sein 93-köpfiges EM-Aufgebot.

Die Entscheidung sorgte für heftige Kritik. Allen voran Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, kann die Nichtnominierung Rehms nicht nachvollziehen: "Für uns ist die Entscheidung, den deutschen Meister nicht in das EM-Aufgebot zu berufen, einfach nur enttäuschend", sagte Beucher.

Die Reaktionen zur Entscheidung im Fall Rehm:

Markus Rehm (Unterschenkelamputierter Weitspringer): "Das ist sehr schade. Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht. Das muss ich erst einmal verdauen. Ich bin auf die Begründung gespannt, die kenne ich noch nicht. Es ist nicht richtig, dass alles von der Prothese abhängt. Das soll nicht in den Köpfen der Menschen hängenbleiben."

Rehm im "Tagesspiegel": "Wenn der DLV uns Prothesenträger und den ganzen paralympischen Sport so darstellt, dass wir alle nur Vorteile haben durch die Prothesen, dann ist das einfach eine Falschaussage. Das ist einfach eine Unterstellung. Wenn das aber die Aussage der Analyse ist, werde ich das sicher anfechten und nicht akzeptieren.“

Alfons Hörmann (DOSB-Präsident): "Der DLV hat sich seine Entscheidung sicher nicht leicht gemacht. Für Markus Rehm ist das persönlich eine bittere Enttäuschung, dennoch hat er am vergangenen Wochenende in Ulm mit seiner herausragenden Leistung Sportgeschichte geschrieben. Sowohl sein Fall als auch die generelle Frage von Inklusion im Spitzensport stehen mit der heutigen Entscheidung nicht am Ende, sondern am Anfang einer Entwicklung."

Clemens Prokop (DLV-Präsident): "Wir wollen auch weiterhin mit nicht-behinderten und behinderten Sportlern trainieren und Wettkämpfe bestreiten, allerdings muss für einen fairen Wettkampf sichergestellt sein, dass die Leistungen vergleichbar sind und danach gehend beurteilt werden."

Friedhelm Julius Beucher (Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes): "Für uns ist die Entscheidung, den deutschen Meister nicht in das deutsche EM-Aufgebot zu berufen, einfach nur enttäuschend. Wir empfinden die Nichtnominierung als Rückschritt in den Bemühungen, eine Gleichstellung von behinderten und nichtbehinderten Sportlern anzustreben. Die laufenden biomechanischen Analysen sind noch nicht abgeschlossen. Die Nichtnominierung daher mit bestehenden Zweifeln an der Vereinbarkeit mit der Regel 144 zu begründen, ist nicht stichhaltig."

Idriss Gonschinska (DLV-Cheftrainer): "Markus Rehm hat in Ulm einen phantastischen Wettkampf realisiert und uns begeistert. Er genießt als Sportler meinen absoluten Respekt. Die Zweifel daran, dass ein Absprung mit einer Karbon-Prothese und der Absprung mit dem menschlichen Sprunggelenk unter vergleichbaren mechanischen Bedingungen verlaufen, konnte nicht ausgeräumt werden. Wenn ein Sportler mit einer deutlich geringeren Anlaufgeschwindigkeit die gleiche Flugweite erzielt, muss er zwangsweise geringere Energieverluste am Brett haben."

Christian Reif (Weitsprung-Europameister von 2010 via Twitter): "An der Weitsprunggrube konnte Dich niemand schlagen und trotzdem wirst Du nicht für die EM nominiert; weil eilig - aber viel zu spät - ausgewertete Analysen zu dem Ergebnis kommen, dass Du einen Vorteil haben sollst. Vorteil hin oder her. Für mich bist Du dennoch ein Gewinner, denn du hast allen gezeigt, wozu Sportler mit Behinderung fähig sind."

Professor Dr. Veit Wank (Biomechaniker Universität Tübingen): "Der gesunde Fuß hat erst in der Endphase des Sprungs die Möglichkeit zum Abdruck. Das Carbon-Bein kann ein größeres Dreh-Moment leisten und passiv Energie speichern. Die Entscheidung der Nicht-Nominierung ist aus meiner Sicht richtig, weil es eine völlig andere Art ist zu springen, die nicht zu vergleichen ist."

Eckhard Meinberg (Sportethik-Experte der Deutschen Sporthochschule Köln): "Für den Sport ist die Entscheidung nur zu begrüßen, weil das Fairnessprinzip im Wettkampfsport höher zu bewerten ist als das Inklusionsprinzip. Rehm hat dank technischer Hilfsmittel sein Naturleid um ein technisches Kunstprodukt ergänzt. So besteht keine Chancengleichheit."

Gert-Peter Brüggemann (Professor vom Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln): "Mit dieser Studie kann ein Vorteil nicht seriös nachgewiesen worden sein. Ich finde es nicht gut, wenn solche Entscheidungen auf Spekulationen beruhen. Damit wird man behinderten Sportlern nicht gerecht. Wir wissen nichts über die Prothese. Wir brauchen eine verlässliche Studie, wie sich Prothesen auswirken. Ich bin bei der aktuellen Datenlage fest davon überzeugt, dass ein Protest vor dem Internationalen Sportgerichtshof gute Aussichten hätte."

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