Tennis in der Hauptstadt Show-Turniere sollen Berlin wieder Strahlkraft verleihen
Berlin (dpa) - Der satte grüne Rasen leuchtet im Sonnenschein, neue rote Sitze auf den Tribünen funkeln unter dem blauen Himmel. Das aufgefrischte und mit ungewohntem Spielbelag ausgestattete Berliner Steffi-Graf-Stadion ist nach Jahren der Tristesse ab Montag wieder bereit für Weltklasse-Tennis.
Nur die Umstände dieser Zeit lassen wohl noch keinen wirklich Rückschluss darauf zu, ob Tennis wie zur Ära von Steffi Graf ein strahlendes Sport-Event in der Hauptstadt ist. Nachdem die Corona-Krise die Premiere des neuen Damentennis-Turniers am Hundekehlesee im Grunewald verhinderte, haben die Veranstalter um den Österreicher Edwin Weindorfer zwei sportlich hochkarätig besetzte Einladungsturniere organisiert. "Was aus dem Steffi-Graf-Stadion geworden ist, da sind wir wirklich stolz drauf", sagt Weindorfer.
Nur: Im Hamburger Alexander Zverev sagte der wichtigste einheimische Zuschauermagnet ab, in Nick Kyrgios fehlt der Akteur mit dem größten Unterhaltungswert. Die Corona-Krise hält Kyrgios in Australien fest, Zverev testet in Monte Carlo seinen neuen Trainer David Ferrer und muss dort keine Fragen zu seiner Teilnahme an der umstrittenen Adria-Tour und Party-Bildern in Pandemie-Zeiten beantworten.
Der Weltranglisten-Dritte Dominic Thiem, die Top-15-Spieler Roberto Bautista Agut und Matteo Berrettini sowie die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova und die Top-10-Spielerinnen Jelina Switolina und Kiki Bertens garantieren sportliche Qualität. Für den Lokalkolorit sorgen Julia Görges, Andrea Petkovic, Jan-Lennard Struff und der 2017 zurückgetretene Altmeister Tommy Haas.
Im einst zu Graf- und D-Mark-Zeiten für einen zweistelligen Millionenbetrag auf 7000 Plätze erweiterten Stadion, das nach dem Abschied des WTA-Turniers Baustellen-Charme versprühte, dürfen bis Mittwoch täglich jeweils maximal 800 zahlende Zuschauer dabei sein. Pro Ticket werden zwischen 120 und 150 Euro fällig. Ein 59-seitiges Hygienekonzept regelt unter anderem, dass die Zuschauer einen Mund-Nase-Schutz tragen müssen, bis sie an ihrem Platz sitzen.
"Natürlich geht es dann nicht, dass ein Spieler in Interaktion mit Zuschauern tritt, auch wenn wir das alle vermissen werden", erklärte die Turnierdirektorin und langjährige Bundestrainerin Barbara Rittner. "Vor einer vollen Hütte macht es schon mehr Spaß als Spieler. Aber 800 Zuschauer ist besser als keiner", sagte Haas. Der 42 Jahre alte Hamburger mit Wohnsitz Los Angeles war als Turnierdirektor von Indian Wells schon von einer Absage betroffen, das Masters-Turnier in der kalifornischen Wüste fiel Anfang März aus.
Auch die anderen Deutschen spielen alle am Montag: Struff trifft auf den Spanier Bautista Agut, Görges auf die Lettin Anastasija Sevastova und Petkovic auf Kvitova. Switolina und Bertens sowie Thiem und Berrettini sind für das Halbfinale am Dienstag schon gesetzt.
Ab Freitag geht es dann für drei Tage in einen Hangar des ehemaligen Flughafens Tempelhof, wo auf Hartplatz gespielt wird. "Ich finde die ganze Veranstaltung richtig lässig mit den zwei Locations", sagte Thiem nach dem von ihm mitorganisierten Einladungsturnier in Kitzbühel, das auf Sand ausgetragen wurde. Nach Berlin schicken die Profi-Organisationen ATP und WTA sowie die Wimbledon-Veranstalter Beobachter oder lassen sich laut Weindorfer unterrichten. Sollte die Tour noch länger wie gewohnt pausieren, könnten die Berliner Turniere zumindest als Vorbild tatsächlich weltweit beachtet werden.