Fußball-Ligen vor Rückkehr Kritik an DFL-Plänen: "Wir sind nur Marionetten"
Die geplante Wiederaufnahme des Spielbetriebs im deutschen Fußball in der Corona-Krise sorgt nicht überall für Jubel und Vorfreude. Einige äußern deutliche Bedenken – die DFL steht nun unter Druck.
Neven Subotic kritisiert fehlenden Einfluss, Sören Bertram hat schlichtweg Angst – und auch Trainer sowie Mediziner äußern zum Teil erhebliche Bedenken. Vor dem mit Spannung erwarteten Restart der deutschen Fußball-Ligen inmitten der Corona-Pandemie gibt es auch einige kritische Stimmen.
Besonders drastisch äußerte sich Sören Bertram vom Drittligisten 1. FC Magdeburg. "Ich habe Angst davor, mich bei einem Spiel anzustecken. Die Gefahr ist bei vielen Zweikämpfen gegeben", sagte der 28-Jährige der Magdeburger Volksstimme und fügte an: "Wir sind alle im Kopf nicht frei, weil wir nach einer Infektion für den Rest unseres Lebens Lungenprobleme haben könnten." Zuletzt hatte sich schon der Kölner Birger Verstraete nach positiven Corona-Fällen beim FC Sorgen gemacht. "Zuerst Gesundheit, dann Fußball", forderte er deshalb in einer "ziemlich bizarren Situation".
"Egal, wie vorsichtig man ist, man kann sich immer noch infizieren"
Auch der positiv getestete Dresdner Simon Makienok warnte: "Ich habe alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die ich konnte. Und trotzdem ist es passiert. Das zeigt, egal wie vorsichtig man ist, man kann sich immer noch infizieren", schrieb der 29-Jährige bei Instagram. Mittlerweile hat er den Post aber wieder gelöscht.
Unterstützung erhalten die Spieler von Ingo Froböse, Sportmediziner der Deutschen Sporthochschule Köln. Er sehe "da wirklich große Gefahren auf die Spieler und die Trainer zurollen, dass mögliche Infektionen zu gravierenderen Schäden führen können", sagte er dem SWR. Mit langfristigen Folgen sei "natürlich" zu rechnen. Die Corona-Problematik wirke "bei dieser hohen Belastung sicherlich noch verschärfend". Die Spieler, so Froböse, "werden schon ein wenig missbraucht".
Trainer Keller: "Kann der Verantwortung nicht gerecht werden"
Neven Subotic von Bundesligist Union Berlin fühlt sich bei den Diskussionen um eine Fortsetzung der Saison ohnehin übergangen. "Nach meinem Wissensstand hatten die Spieler keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung", sagte der 31-Jährige dem Deutschlandfunk. Dies sei "ein bisschen enttäuschend". Auch Bertram monierte, dass die Spieler "überhaupt nicht einbezogen werden. Wir sind nur Marionetten."
Es ist aber auch die fehlende Zeit zur Vorbereitung, die die Protagonisten umtreibt. "Wir haben acht Wochen nicht richtig trainiert, sollen dann aber innerhalb von fünf Wochen elf Saisonspiele und möglicherweise zwei Landespokalspiele absolvieren. Bei einer solchen Belastung sind Verletzungen programmiert", sagte Bertram zu den angeblichen DFB-Plänen über die Fortsetzung der 3. Liga.
Schon vor der Entscheidung für die Bundesliga und 2. Liga hatte Nürnbergs Trainer Jens Keller Probleme prognostiziert. "Und jetzt sollen wir eventuell nach zehn Tagen Mannschaftstraining bereit sein? Der Verantwortung kann ich als Trainer nicht gerecht werden, auch den Spielern gegenüber", sagte Keller den Nürnberger Nachrichten. Es gebe "ein gewisses Risiko in punkto Verletzungen", führte er im kicker weiter aus. Auch für Bremens Geschäftsführer Frank Baumann wäre es "wichtig" gewesen, "dass man zumindest zwei Wochen Mannschaftstraining gehabt hätte".
Seifert: "Ängste und Sorgen muss man ernst nehmen"
Ob sich Verletzungen häufen, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Bei Borussia Dortmund sollen sich bereits Axel Witsel und Emre Can zum Start des Mannschaftstrainings Muskelverletzungen zugezogen haben und für das Revierderby am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Schalke 04 fraglich sein. Dies berichten Bild und Sport Bild. Ob es einen Zusammenhang mit der nun wieder erhöhten Belastung gibt, ist offen.
Froböse erwartet bei den Spielern jedoch gerade zwischen der 70. und 90. Minute "Ermüdungsreaktionen". Die Verletzungsgefahr werde sich in dieser Phase "sicherlich deutlich erhöhen".
Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), will die vielen Einwände nicht von der Hand weisen. "Die Ängste und Sorgen muss man absolut ernst nehmen. Das sind absolut legitime Gefühle. Ich werde nie versuchen, sie jemandem auszureden", betonte der DFL-Chef.
Entsprechend suchte auch Schalke 04 mit seinen Profis das Gespräch. Er habe allen Spielern gesagt, betonte Sportvorstand Jochen Schneider, "dass die Teilnahme am Trainings- und Spielbetrieb freiwillig ist".
- Nachrichtenagentur SID