Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
DFB-Taktik gegen Spanien Das kann doch nur schiefgehen
Der Bundestrainer tüftelt an Taktik und Aufstellung für das EM-Viertelfinale gegen Spanien. Er steht dabei vor einer Grundsatzfrage.
Das Aufeinandertreffen von Spanien und Deutschland am Freitag in Stuttgart (ab 18 Uhr im Liveticker von t-online) ist das Duell zweier Mannschaften, die statistisch gesehen extrem ähnlich unterwegs sind. Beide gehören zu den Teams mit den meisten Ballkontakten, dem meisten Ballbesitz, den meisten Pässen und der höchsten Passquote. Sie haben die meisten Tore aller EM-Teilnehmer erzielt – und wohl den besten Fußball gespielt.
Wie kann die deutsche Mannschaft Spanien schlagen? Das ist die Frage, mit der sich in erster Linie Bundestrainer Julian Nagelsmann und sein Team die ganze Woche beschäftigen. Lässt sich Deutschland auf einen Schlagabtausch ein oder lohnt es sich, umzustellen und defensiver zu agieren? Auf andere Art formuliert:
Muss Deutschland Spanien auskontern?
Ja, sonst ist das Turnier für Deutschland am Freitag vorbei
Die deutsche Nationalmannschaft spielt bislang ein starkes Turnier und gewinnt zunehmend an Sicherheit. Noch vor wenigen Monaten war das in keinerlei Hinsicht zu erwarten. Das ist ein Verdienst von Trainer Nagelsmann.
Vor dem Duell mit Spanien hilft allerdings eine Spur Realismus. Denn zur Wahrheit gehört: Spanien ist dominanter, besser, eingespielter als Deutschland und hat mit Italien und Kroatien bereits zwei große Fußballnationen geschlagen. Deutschland ist noch längst nicht so gefestigt und Spanien nun der erste Gegner auf allerhöchstem Niveau.
Ein offener Schlagabtausch? Das wäre fatal und kann eigentlich nur schiefgehen. Deutschland darf kein Risiko eingehen, sondern muss aus einer kontrollierten Defensive Konter setzen und die Mannschaft entsprechend aufstellen. Das bedeutet: Mit Emre Can muss ein zusätzlicher defensiver Mittelfeldmann rein, der die nötige Stabilität verspricht. Auch wenn Nagelsmann dafür ein großes Opfer bringen und mit İlkay Gündoğan seinen Kapitän zunächst auf die Bank setzen muss.
Mit Leroy Sané, Kai Havertz und Jamal Musiala hat Deutschland dann ein unfassbares Tempo, mit Toni Kroos und David Raum die perfekten Pass- und Flankengeber. Die DFB-Elf hat im Achtelfinale Dänemark in der letzten halben Stunde ausgekontert, war da am gefährlichsten.
Das muss auch der Ansatz gegen Spanien sein.
Nein, das passt nicht zum DFB-Team
Deutschland spielt bei dieser EM tollen Fußball, hat drei Partien gewonnen und gegen die starken Schweizer Remis gespielt. Die DFB-Stars sind viel zu gut, um sich gegen Spanien hinten reinzustellen und beim Turnier im eigenen Land auf Konter zu lauern. Ganz ehrlich: Das wäre doch peinlich.
Eine defensive Grundausrichtung passt auch gar nicht zur Spielidee des Bundestrainers. Julian Nagelsmann will mit seinem Team das Spiel machen. Er will den Ball haben, ihn zirkulieren lassen, bis sich vorne Räume für die deutschen Ausnahmekönner öffnen. Das will er sehen, und davon wird er auch im Viertelfinale nicht abrücken.
Deutschland hat laut Uefa-Daten im bisherigen Turnier den drittmeisten Ballbesitz (62 Prozent) aller Nationen und war damit erfolgreich. Mit Edeltechnikern wie Toni Kroos und İlkay Gündoğan im Zentrum kannst du nicht mauern, du musst den Ball haben und dem Gegner dein Spiel aufzwingen. Nur das kann zum Erfolg führen.
Das deutsche Team muss gegen Spanien darauf vertrauen, dass es gut genug ist, um dieses Topteam zu schlagen. Vielleicht hilft es, wenn sich die deutschen Trainer und Spieler in die Köpfe der Spanier hineindenken. Ihr Respekt gegenüber dem DFB-Team und Ausnahmespielern wie Kroos, Musiala und Neuer ist sicher genauso groß wie der, den die Deutschen vor den Spanier haben. Sie dürfen sich nicht kleiner machen, als sie sind.
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