Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
"Schmach ist riesig" Neuer hat nur einen Ausweg
Manuel Neuer ist wieder da. Und schon diskutieren Fans und Experten, ob er er nicht eigentlich auch bei der EM im Tor stehen müsste.
Ein einziges Spiel, eine einzige Glanzparade – und schon gibt es nur noch ein Thema: Manuel Neuer und seine Zukunft in der Nationalmannschaft. Neuer selbst sagte nach seinem Comeback beim 8:0 seines FC Bayern gegen Darmstadt 98 über den Konkurrenzkampf mit Barcelonas Marc-André ter Stegen: "Ich denke, dass er aktuell die Nummer 1 ist." Aber wird ter Stegen damit auch wirklich bei der EM im kommenden Jahr im Tor stehen?
Nein, glaubt zumindest Bayern-Trainer Thomas Tuchel, der schon vor dem Spiel sagte: "Wenn Manu ab sofort verletzungsfrei bleibt bis zur Europameisterschaft und seine Erfahrung mitnimmt, dann werden wir uns diese Frage im Mai gar nicht stellen."
Das sehen nicht alle so. Der frühere Nationaltorwart Toni Schumacher geht davon aus, dass ter Stegen die Nummer eins bleibt. Er hatte Neuer zuletzt sogar zu einem Rücktritt geraten: "Für mich wäre das Thema Nationalmannschaft dann auch vorbei. Ich war ein Leben lang die Nummer eins, Manuel Neuer genauso. Und der soll jetzt zurückkommen und sich auf die Bank setzen? Ich weiß nicht, ob er sich damit einen Gefallen tut." Das führt zu der Frage:
Sollte sich Manuel Neuer den Konkurrenzkampf in der Nationalmannschaft wirklich antun?
Ja, diese Chance darf er sich nicht entgehen lassen
Natürlich muss sich Manuel Neuer dem Konkurrenzkampf stellen. Warum?
Erstens: Er ist Weltmeister, Welttorhüter, Champions-League-Sieger, zigfacher Meister und DFB-Pokalsieger. Nur der Titel des Europameisters fehlt ihm noch. Die Chance darauf darf er sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Zweitens: Die EM findet in seiner Heimat Deutschland statt, ein ganz besonderes Turnier also. Bei der WM 2006 im eigenen Land war er noch nicht dabei. Jetzt kann er es als Spieler endlich selbst miterleben.
Drittens: Als Profisportler muss es doch immer der Anspruch sein, das Maximale zu erreichen. Also im Fall von Neuer beim Turnier im kommenden Jahr im deutschen Tor zu stehen. Warum sollte er das nicht probieren? Es ist doch ganz einfach: Wenn er besser als ter Stegen spielt, steht er im Tor. Wenn nicht, dann eben nicht. Diesem Kampf muss er sich stellen. Alles andere wäre gegen sein Naturell.
Letztlich ist es doch ähnlich wie bei Kahn und Lehmann 2006. Beide kämpften um den Stammplatz bei der WM. Am Ende stand Lehmann im Tor. Kahn reiste trotzdem als Ersatzmann mit. Und auch in dieser Rolle war er enorm wichtig. Als Motivator für sein Team und speziell auch für Lehmann, wie beispielsweise vor dem Elfmeterschießen gegen Argentinien, als er ihm die Hand reichte und gut zuredete.
Auch Neuer würde der Nationalmannschaft als Nummer eins oder als Nummer zwei helfen.
Nein, die Schmach ist zu groß
Neuer war ein Held im Nationaldress. Welttorhüter. Weltmeister. Kapitän. Er ist der Torhüter mit den meisten Länderspielen (117).
In den letzten Jahren allerdings wurde er mehr und mehr zum Gesicht der Krise: als Kapitän bei den Blamagen der DFB-Elf bei der WM 2018 und 2022. Bei miesen Testspielen. Bei schwachen Auftritten in der Nations League. Mit deplatzierten Äußerungen disqualifizierte er sich als Kapitän, verschuldete einen ewig langen Verletzungsausfall selbst. Dann nahm ihm Ex-Bundestrainer Hansi Flick in seiner Abwesenheit den Stammplatz weg, anschließend die Spielführer-Binde. Der neue Bundestrainer ist mit Julian Nagelsmann der, der Neuer einst – ebenfalls in dessen Abwesenheit – bei Bayern den langjährigen Torwarttrainer nahm, indem er ihn feuerte.
Diese Schmach, diese Demütigung, ist riesig.
Will Neuer sich nicht noch weiter demontieren lassen, gibt es nur einen Ausweg: seinen Rücktritt. Wenn er offiziell verkündet, sich in seinem hohen Alter voll auf Bayern konzentrieren – und seinen Platz im Nationalteam einem jüngeren Torwart überlassen zu wollen, wird er dafür viel Anerkennung ernten. Wenn er jedoch als Herausforderer für Marc-André ter Stegen ins EM-Jahr geht, droht ihm die nächste Schmach und ein EM-Eröffnungsspiel auf der Bank. Eine bittere Vorstellung.
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