Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Entscheidung über Nagelsmann Das können die Bayern nicht ernsthaft machen
Zuletzt prasselte immer wieder Kritik auf Julian Nagelsmann ein. Was, wenn der Trainer mit dem FC Bayern gegen Paris aus der Champions League ausscheidet?
Wie der FC Bayern am Mittwoch das Rückspiel im Achtelfinale der Champions League gegen Paris St. Germain (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) bestreite, sei entscheidend für die Saisonbewertung, sagt Trainer Julian Nagelsmann. Er spricht von der Art und Weise, nicht vom Ausgang, weil das Endergebnis in einem Spiel zweier europäischer Spitzenmannschaften "ein bisschen tagesformabhängig" sei.
Aber kann das gut gehen? Gut spielen und trotzdem ausscheiden?
Nach dem 1:0-Erfolg im Hinspiel in Paris? Nagelsmann weiß wohl selbst, dass das nicht reichen wird, um eine Diskussion seiner Person zu ersticken. Nachdem der FC Bayern unter Nagelsmann bereits in der vergangenen Saison im Viertelfinale am spanischen Außenseiter Villareal scheiterte, würde ein Achtelfinalaus in dieser Saison den Trainer in arge Bedrängnis bringen.
Erst recht, weil der 35-Jährige in dieser Saison immer wieder in die Kritik geraten ist. So etwa wegen seiner Entgleisung gegenüber dem Schiedsrichtergespann bei der Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach (1:3). Zudem hat die Bayern-Dominanz in der Bundesliga unter Nagelsmann nachgelassen. Das führt zu der Frage:
Kann der FC Bayern bei einem Achtelfinalaus in der Champions League mit Nagelsmann weitermachen?
Ja, eine Trennung wäre fatal
Ein Aus gegen die Weltauswahl von Paris und schon soll Nagelsmann weg? Das ist absurd. Und das können die Bayern auch nicht machen.
Selbst wenn Neymar ausfällt, ist PSG außergewöhnlich gut besetzt mit den Weltmeistern Lionel Messi und Kylian Mbappé allein im Angriff. Die Franzosen geben locker doppelt so viel Geld für Personal aus wie Bayern. Sie haben einen Kader, den sich der FC Bayern niemals leisten könnte. Ein Ausscheiden wäre also keine Überraschung – sondern eigentlich der Normalfall.
Zumal Bayern wegen Verletzung, Rekonvaleszenz oder Formschwäche erneut ohne Kapitän Manuel Neuer, Lucas Hernández, Sadio Mané, Leroy Sané und Serge Gnabry starten muss. Bei Sané und Gnabry grenzt die Einstellung sogar an Arbeitsverweigerung. Leidtragender ist der Trainer.
Sollte Bayern den Vorsprung aus dem Hinspiel noch verspielen, hat Nagelsmann sicherlich Fehler gemacht. Der größte Fehler aber wäre es, wenn der FC Bayern seinen Fünfjahresvertrag vorzeitig auflösen würde. Selbst wenn Nagelsmann auch noch die Deutsche Meisterschaft verspielt.
Wenn die Münchener an Nagelsmann festhalten, könnten sie gemeinsam die nächsten 10 bis 15 Jahre bestreiten, eine wirklich außergewöhnliche Ära prägen. In diesem Zeitraum würde Nagelsmann mit Bayern ganz sicher Titel ohne Ende holen und auch die Champions League. Das Zeug dazu hat er.
Die Frage ist, ob es die Bosse ebenfalls haben, oder ob sie bei einem Aus gegen Paris kalte Füße kriegen.
Nein, ein Aus ist nicht der Anspruch des FC Bayern
Julian Nagelsmann ist ein guter Trainer, keine Frage. Aber: Bei einem Achtelfinalaus in der Königsklasse muss der deutsche Rekordmeister handeln. Das ist nicht der Anspruch des FC Bayern. Nicht umsonst sagte Klubboss Oliver Kahn zuletzt: "Wir werden daran gemessen, dass wir in der Champions League ganz vorne mitspielen."
Zusätzlich läuft es in der Liga nicht optimal. Aus Sicht der Vereinsverantwortlichen müssten die Münchner bereits enteilt sein. Doch Fehlanzeige. Der BVB hat genauso viele Zähler auf dem Konto. Leipzig und Union sind noch in Schlagweite. Nagelsmann hat es nicht geschafft, dass sein Team von Saisonbeginn an konstant Leistung abliefert. Dafür muss er dann auch zahlen – mit seinem Abgang.
Klar, der FC Bayern muss mit Hernández, Neuer und Mané seit Monaten verletzungsbedingte Ausfälle verkraften. Aber welcher Klub muss das nicht? Paris beispielsweise wird im Rückspiel auf Neymar verzichten müssen. Ein Trainer wie Nagelsmann muss mit dem hervorragenden Kader Ausfälle kompensieren können.
Und er muss seine Spieler besser machen, was allein schon bei Sané und Gnabry nicht gelungen ist. Ihre Leistungen schwanken. Bestenfalls. Sané soll zudem mehrfach zu spät gekommen sein. Trotz angeblicher Ansagen des Trainers änderte sich wenig. Und dann ist da noch der ganze Wirbel um Manuel Neuer und sein belastetes Verhältnis zu Nagelsmann.
Zwar betonte die Führungsetage der Bayern oft den Rückhalt für Nagelsmann. Doch auch der hat bei einem Aus gegen Paris seine Grenzen. So wie der Klub seine Philosophie.
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