Fußball-WM Geheimfavorit gescheitert: Leckie schießt Dänemark raus
Aus den Stadion-Lautsprechern dröhnte nach dem Schlusspfiff der 80er-Jahre-Klassiker "Down Under", auf dem Rasen lagen sich Australiens Kicker jubelnd in den Armen. Einer der größten Außenseiter hat bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar den Geheimfavoriten Dänemark aus dem Turnier geworfen. Nach einem Tor des früheren Bundesliga-Profis Mathew Leckie steht nicht der EM-Halbfinalist, sondern Australien zum zweiten Mal nach 2006 in einem WM-Achtelfinale.
"Wir haben vier Jahre dafür gearbeitet. Ich bin so stolz auf die Jungs. Ich habe heute in ihren Augen gesehen, dass sie bereit sind für so ein Spiel", sagte Australiens Trainer Graham Arnold nach dem 1:0-Erfolg, der auch in der Heimat große Euphorie auslöste.
Für den entscheidenden Treffer sorgte Leckie in der 60. Minute mit einer schönen Einzelleistung. "Wir sind einfach unheimlich stolz. Das ist eines der wichtigsten Tore, die ich je gemacht habe", sagte Leckie. "In diesen Momenten denkt man nicht viel nach. Ich habe gesehen, wie der Ball ins Tor rollt. Ich bin so glücklich."
Die Dänen dagegen boten vor 41.232 Zuschauern in Al-Wakra sogar eine noch schwächere Leistung als beim torlosen Auftakt gegen Tunesien. Abgesehen von ihrem wehrhaften aber erfolglosen Auftritt beim 1:2 gegen Frankreich ließ die Mannschaft von Trainer Kasper Hjulmand bei dieser WM alles vermissen, was sie in den vergangenen zwei Jahren so stark gemacht hatte. "Ich bin unheimlich frustriert. Das Team hat eineinhalb Jahre sehr gut gespielt, jetzt bin ich traurig und enttäuscht", sagte Hjulmand. Und Abwehrspieler Joachim Andersen räumte ein: "Das war einfach nicht gut genug. Es ist ein Fiasko."
Dänemark knüpft nicht an EM-Erfolge an
Den Dänen fehlte Tempo, Intensität und offensichtlich auch das so häufig beschworene Zusammengehörigkeitsgefühl der vergangenen Europameisterschaft. Schon nach einer halben Stunde des Australien-Spiels forderte der frühere Bayern-Profi Pierre-Emile Höjbjerg (Tottenham Hotspur) seine Teamkollegen gestenreich zu mehr Dynamik und einer anderen Körpersprache auf.
Dabei erinnerte im Al-Dschanub Stadion zumindest von der sportlichen Ausgangsposition her vieles an das letzte Gruppenspiel bei der EM - sogar Hjulmand hatte das in den vergangenen Tagen angesprochen. Im vergangenen Jahr waren die Dänen nach dem Zusammenbruch ihres besten Spielers Christian Eriksen sogar mit zwei Niederlagen in das Turnier gestartet und brauchten am Ende der Vorrunde dringend einen Sieg gegen Russland.
Damals gewannen sie mit 4:1 und marschierten danach bis ins Halbfinale durch. Aber diesmal? In der elften Minute scheiterte Mathias Jensen noch an dem für den FC Kopenhagen spielenden australischen Torwart Mathew Ryan. Danach wurde der Auftritt von Minute zu Minute schlechter. Sogar Spielmacher Eriksen passte einem Australier den Ball im Mittelfeld völlig unbedrängt in die Füße (39.).
Viel Energie und nötige Stabilität
Die Dänen nahmen auch in der zweiten Halbzeit kein Tempo mehr auf. Bezeichnend für dieses Spiel war, dass sich der Italien-Profi Joakim Maehle (Atalanta Bergamo) beim entscheidenden Tor von dem früheren Ingolstädter, Herthaner und FSV-Frankfurt-Spieler Leckie austanzen ließ.
Die Australier spielten genauso wie vorher angekündigt und auch schon gegen Tunesien (1:0) zu sehen: mit viel Energie und der nötigen Stabilität in der Abwehr. Und Dänemarks Trainer Hjulmand schaffte es nicht, seiner Mannschaft eine funktionierende Strategie gegen dieses Bollwerk zu vermitteln. Der 50-Jährige stellte im dritten Spiel des Turniers den dritten Mittelstürmer auf. Seine eigens für dieses Spiel gewählte 4-1-4-1-Taktik korrigierte er bereits zur Halbzeit.
Der sportliche Einbruch der Dänen nach dem Erreichen des EM-Halbfinals, einer souveränen WM-Qualifikation und zwei Nations-League-Siegen gegen Weltmeister Frankreich ist in diesem Ausmaß rätselhaft. Hjulmands Entscheidungen haben aber auch ihren Anteil daran. ". Das ist hundertprozentig meine Verantwortung. Wir werden uns jetzt etwas Zeit nehmen, das zu analysieren", sagte der dänische Trainer.
- Nachrichtenagentur dpa