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Alle Augen auf das Team aus Katar: Die Angst vor der Blamage


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Katars Angst vor der Blamage
Eine Milliarde Euro für das große Ziel


Aktualisiert am 20.11.2022Lesedauer: 5 Min.
Katars Stürmer Almoez Ali: Die Leistungen der Nationalelf des Golfstaats stehen unter besonderer Beobachtung.Vergrößern des Bildes
Katars Stürmer Almoez Ali: Die Leistungen der Nationalelf des Golfstaats stehen unter besonderer Beobachtung.
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Um bei der WM sportlich mithalten zu können, hat Katar viel Geld investiert. Doch vor dem Auftakt des Turniers ist die Lage ungewiss.

Wer bei Google nach dem kleinsten Land der WM-Geschichte sucht, bekommt die Antwort schnell geliefert. Island hatte 2018 nur rund 350.000 Einwohner und war trotzdem für das Turnier in Russland qualifiziert. Damit löste der Inselstaat Trinidad & Tobago ab, das seit 2006 den Rekord innehatte.

Katar ist in der Aufzählung der kleinsten WM-Teilnehmer nicht dabei. Meist wird auf die Einwohnerzahl von rund drei Millionen verwiesen. Dabei hat aber nur jeder zehnte Mensch in Katar die katarische Staatsangehörigkeit. Die Einwohnerzahl wird von den vielen Gastarbeitern dominiert. Katarer gibt es lediglich 330.000 im Land. Es könnte also die Rede vom vielleicht kleinsten WM-Teilnehmer der Geschichte sein. Und rein von der Qualität auch von einem der krassesten Außenseiter. Auch beim Eröffnungsspiel gegen Ecuador am heutigen Sonntagabend (im Liveticker bei t-online).

Während Island und Trinidad & Tobago sich sportlich für die jeweilige Weltmeisterschaft qualifizierten, ist Katar 2022 als Gastgeber automatisch gesetzt. Anders wäre der Golfstaat wohl auch nicht zu einer WM-Teilnahme gekommen. Für das Turnier in Russland scheiterte Katar in der Endrunde als Gruppenletzter, vier Jahre zuvor als Vorletzter. Dabei haben "al-Anabbi", die Weinroten, damals sehr viel Geld in die Hand genommen, um konkurrenzfähig zu sein.

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Eine Akademie in Milliardenhöhe

Angefangen hat das Projekt Katar bei der WM vor rund 18 Jahren. 2004 wurde in Doha die "Aspire Academy" eröffnet. Eine hochmoderne Sport-Akademie für rund 1,3 Milliarden US-Dollar (damals umgerechnet knapp 1,05 Milliarden Euro), in der Katars Sportstars von morgen ausgebildet werden sollten. Unter anderem zwölf Fußballfelder und ein Indoor-Stadion mit 15.000 Plätzen zählen zur Ausstattung.

Katar holte Mitarbeiter von europäischen Topklubs ins Team, unter anderem kam der heutige Nationaltrainer vom FC Barcelona nach Doha. Auf der Managementebene kam Unterstützung von Real Madrid. Dazu scoutete Katar weltweit die größten Talente – vor allem auf dem afrikanischen Kontinent –, um sie in die Aspire Academy zu holen. Dabei war nicht das Ziel, die Talente einzubürgern und so die Nationalmannschaft zu verstärken. Viel mehr wollte Katar hochkarätige Trainingspartner für den eigenen Nachwuchs haben. Bessere Gegner führen zu besseren Spielern, das war der Plan.

Um einen Draht in den europäischen Fußball zu haben, kaufte sich Katar den belgischen Fußballklub KAS Eupen. Viele Talente wurden von der Aspire Academy nach Eupen gegeben, um hier den nächsten Schritt zu wagen (mehr dazu lesen Sie hier). Auch einige Spieler des heutigen WM-Kaders von Katar haben zumindest ein paar Monate in Eupen verbracht.

Aber selbst die, die nicht in Eupen waren, haben meistens Aspire durchlaufen. Als die Weinroten 2019 die Asienmeisterschaft gewannen, waren 70 Prozent der Spieler Akademie-Zöglinge. Der Milliardenbau ist bis heute die Schaltzentrale des katarischen Sports. Und auch das Aushängeschild. Topklubs wie der FC Bayern München halten hier gerne ihre Trainingslager ab.

Was ist der Ertrag?

Nach 18 Jahren mit der Aspire Academy und 10 Jahren mit KAS Eupen ist Katar nun bei einer WM dabei. Zwar nicht aus sportlicher Kraft, aber das ist dem Verband wohl auch mehr oder weniger egal. Die Hauptsache ist, dass die Nationalelf bei der WM kein blamables Bild abgibt. Katar will als würdiger WM-Teilnehmer wahrgenommen werden.

Und in den Jahren vor der WM gab es auch einige Erfolge zu feiern. 2014 gewann Katars U19-Nationalmannschaft das Asienturnier, fünf Jahre später die A-Auswahl die besagte Asienmeisterschaft. Dabei gewannen die Weinroten jedes einzelne Spiel. Der Italiener Valter di Salvo, Direktor Entwicklung des Katarischen Fußballverbands und gleichzeitig Aspire-Direktor, verglich im Mai 2021 den Erfolg mit einem EM-Titel San Marinos. Ein mutiger Vergleich, den er aber mit dem kleinen Spielerpool begründete. Lediglich 6.000 registrierte Spieler gebe es in Katar, so di Salvo. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Zahl im Millionenbereich.

Doch auf das Hoch 2019 folgten in den vergangenen Monaten einige ernüchternde Resultate: Im Juni verlor Katar gegen den nordirischen Meister Linfield FC mit 0:1. Ein blamables Ergebnis angesichts dessen, dass die nordirische Liga bestenfalls das Niveau der 3. Liga Deutschlands hat. Im August folgte ein 1:1 gegen Jamaika, Mitte September kassierte Katar eine 0:3-Niederlage gegen die U23-Auswahl Kroatiens. Anschließend verloren die Weinroten noch gegen Kanada (0:2), konnten aber gegen die nicht für die WM qualifizierten Chilenen ein 2:2 holen. Immerhin gewannen sie anschließend drei Duelle. Gegen Guatemala, Honduras und Panama.

Doch von dem, was bei der WM auf Katar wartet, sind diese Teams weit entfernt. In der Gruppe A lauern Südamerikas Überraschungsteam Ecuador, Afrikameister Senegal und die Niederlande.

Wer ist der Star des Teams?

Um sich bei der WM gegen die namhafte Konkurrenz zu behaupten, muss Katar in erster Linie als Mannschaft funktionieren. Denn die individuelle Klasse ist im Vergleich eher schwach, in der Fifa-Weltrangliste steht Katar auf Rang 50 hinter Paraguay, Irland und der Türkei – und ist damit eher wohlwollend bewertet.

Das komplette Team spielt in der heimischen Liga, mehrjährige Erfahrung im Ausland haben nur wenige. Einer von ihnen ist Akram Afif, der auch der Star ist. Der 25 Jahre alte Flügelstürmer spielte, wenig überraschend, in Eupen, stand aber auch für den spanischen Verein Sporting Gijon neunmal in der höchsten spanischen Liga auf dem Platz.

Torjäger Almoez Ali spielte in der A-Jugend für Eupen und ging dann für ein halbes Jahr nach Österreich zum Linzer ASK, ehe er die Saison in Spanien beendete und anschließend nach Katar zurückkehrte. Innenverteidiger Pedro Miguel ist gebürtiger Portugiese, spielte auch in der Jugend für portugiesische Klubs. 2011 wechselte er nach Katar und blieb seither im Golfstaat.

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Viel mehr Spieler mit internationaler Erfahrung gibt es nicht. Das liegt nicht nur an der Qualität der Profis, sondern auch daran, dass Katar die Akteure im eigenen Land behalten wollte, damit sie sich bestens kennen und – auch wenn sie meist Gegner waren – einspielen können. Das Kollektiv entscheidet über den Erfolg bei der WM.

Die Schlüsselfigur kommt aus Spanien

Die Hoffnungen auf eben jenen Erfolg liegen aber vor allem auf Nationaltrainer Félix Sánchez Bas, der den Großteil der jüngeren Fußballgeschichte Katars mitmachte. 2006 kam der Spanier in die Aspire Academy als Jugendtrainer. 2013 übernahm er die U19 und gewann die genannte Asienmeisterschaft.

Anschließend ging es zur U20 und zur U23, ehe er 2017 die A-Auswahl übernahm – und zum großen Triumph führte.

Der 46-Jährige kennt viele der Spieler des aktuellen Kaders aus der gemeinsamen Arbeit bei den U-Nationalmannschaften, hatte dabei stets das Ziel WM im Blick. Dafür nahm er mit Katar 2019 dank einer Ausnahmeregelung auch an der Südamerika-Meisterschaft Copa America teil. Das Mitmachen bei dem Turnier begründete er 2019 im Interview beim TV-Sender Al Kass Eight: "Die Teams in Asien sind stark und werden auch immer besser, aber in Südamerika spielen Mannschaften, die Weltmeisterschaften gewinnen. Sie haben das Ziel, mindestens ins Viertelfinale zu kommen. Und das ist eine wichtige Erfahrung für uns. (...) Wenn wir 2022 bei der WM unser erstes Spiel spielen, sollen die Jungs vorbereitet sein."

Spielpraxis auf hohem Niveau, um besser zu werden: Das Credo der Aspire Academy führte Sánchez Bas auch in der Nationalmannschaft fort. Alles ausgerichtet auf die Heim-WM. Auf die (mindestens) drei wichtigsten Spiele in der Fußballgeschichte Katars. Und die dürfen angesichts all dieser Investitionen nicht zur Blamage werden.

Die WM in Katar beginnt. t-online ist mit vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.

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